Das Schaf ohne Kopf: Unterschied zwischen den Versionen
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Aber wenn es genügend Essen, Trinken, Musik, Mitfeiernde gibt, wer will denn genau hinschauen? Ist es da noch wichtig, dass Canoch eigentlich von einem Gehöft einige Meilen entfernt stammt, seine Kunst auf den Feldern gelernt hat und die Inspiration zu dem Lied ein Spruch eines Großonkels war? | Aber wenn es genügend Essen, Trinken, Musik, Mitfeiernde gibt, wer will denn genau hinschauen? Ist es da noch wichtig, dass Canoch eigentlich von einem Gehöft einige Meilen entfernt stammt, seine Kunst auf den Feldern gelernt hat und die Inspiration zu dem Lied ein Spruch eines Großonkels war? | ||
=== Das Schaf ohne Kopf heute: Einheimische === | === Das Schaf ohne Kopf heute: Einheimische === | ||
Die Luchner selbst haben, teils zu ihrer eigenen Überraschung, das Schauspiel von Anfang an genossen. Gastfreundschaft, wenn auch manchmal in brummiger oder schwer zu deutender Form, war in Luchnar immer wichtig und die Gesellschaft befindet seit langem, ohne es richtig zu merken, im Wandel, wird offener, ausgleichender, hat die Urenkel der ersten Vögte als andere Art von Hochländern akzeptiert und akzeptiert auch die Fremden, wenn sie selbst aufgeschlossen auftreten. Die Extrovertierten unter den MadUaine sind stolz darauf, ihre sehr alte Kultur in etwas modernerer Art unter die Leute und in die Welt zu bringen – nichts anderes hat ja Canoch gemacht. Sein | Die Luchner selbst haben, teils zu ihrer eigenen Überraschung, das Schauspiel von Anfang an genossen. Gastfreundschaft, wenn auch manchmal in brummiger oder schwer zu deutender Form, war in Luchnar immer wichtig und die Gesellschaft befindet seit langem, ohne es richtig zu merken, im Wandel, wird offener, ausgleichender, hat die Urenkel der ersten Vögte als andere Art von Hochländern akzeptiert und akzeptiert auch die Fremden, wenn sie selbst aufgeschlossen auftreten. Die Extrovertierten unter den MadUaine sind stolz darauf, ihre sehr alte Kultur in etwas modernerer Art unter die Leute und in die Welt zu bringen – nichts anderes hat ja Canoch gemacht. Sein einstiger Lehrmeister, Mick Farcaon MadUaine. singt selbst gerne im Pub und präsentiert seine besten Lieder aus fünfzig Jahren und die Nachwuchsbarden träumen davon, dass eines ihrer Stücke ein Gassenhauer wird wie das „Schaf ohne Kopf“. Eigentlich ist hier fast nichts mehr Schauspiel, außer dass darauf geachtet wird, immer ein Mindestmaß an Einheimischen im Pub zu haben und dass immer geeignete Gäste – also alle mit Ausnahme arroganter Deppen und desinteressierter Langweiler - die Auszeichnung bekommen, an den „Clanstisch“ gebeten zu werden. Der Wirtsposten wird weiterhin wechselnd von verschiedenen MadUaine ausgeübt, denn die Taverne gehört ganz Tuachallnioch – Rory hat sie dem Clan vermacht. Mittlerweile ist auch ganz Tuachallnioch stolz auf sie. | ||
=== Der alte Pub === | === Der alte Pub === |
Version vom 24. September 2024, 11:54 Uhr
Tuachallnioch, Baronie Luchnar, Drachenhain
Die Geschichte
„Das Schaf ohne Kopf“ ist die älteste Taverne Luchnars, vielleicht sogar des ganzen Hochlands. Sie liegt in Tuachallnioch auf dem Clansgebiet der MadUaine. Ein Gründungsjahr ist nicht bekannt, aber die Taverne existierte auf jeden Fall schon, bevor Hochland und Tiefland zu Drachenhain vereinigt wurden und ist seither durchgängig bewirtschaftet worden. Der Name hat folgenden Ursprung: In der Anfangszeit war die Taverne nur sehr unregelmäßig geöffnet. Sobald dies wieder einmal der Fall war, stürmte halb Tuachallnioch auf sie ein, kopflos wie eine in Panik geratene Schafherde. Lange nur von Einheimischen frequentiert, hat der Zuspruch seit dem Bau der Aximistiliusstraße deutlich zugenommen und so wurde die Schankstube mittlerweile um einen zweiten Raum erweitert und behutsam modernisiert.
Der vermutlich bekannteste Barde Luchnars, Canoch MadUaine stammt aus Tuachallnioch und ist in der Taverne praktisch aufgewachsen. Hier entstand auch sein berühmtestes Werk „Ein Pub ohne Bier“, besser bekannt als „Das Schaf ohne Kopf“. Das Lied bezieht sich natürlich nicht direkt auf die Taverne (hier gab und gibt es IMMER Bier), ist aber durch den Namen und die Wirtsstube inspiriert.
So erzählt man es in der Taverne und so tragen es die meisten Reisenden in die Welt.
Alle Luchner und einige wenige Tiefländer, vor allem solche, die schon vor dem Ausbau der A1 über die Goirid, die alte Köttelstraße gezogen sind, wissen:
Nichts davon ist wahr.
Das luchnische Tavernenwesen
Luchnar ist ein dünn besiedeltes Land mit nicht einmal 2000 Einwohnern. Es gibt fünf alte, größere Siedlungen mit 100-300 Einwohnern (die so genannten Niochs), drei weitere entwickeln sich in diese Richtung. In diesen Niochs wird natürlich seit Jahrhunderten auch gemeinsam getrunken – in Stuben, Ställen und Scheunen, an Feuern und Tränken, auf dem Anger und den Feldern. Und auch, ja auch in Tavernen.
Es gibt also wenige Luchner und viele Orte, um zu trinken und damit keine Notwendigkeit vieler Schenken, so dass sich kein mannigfaltiges Tavernenwesen entwickelt hat. Jedes Nioch hat einen oder zwei Pubs, wo seit undenklichen Zeiten die immer gleiche Art von Leuten die immer gleichen Getränke trinken, auf Luchnisch die immer gleichen Geschichten erzählen und die fast immer gleichen Lieder singen, vielleicht kommt alle zehn Jahre eines dazu. Über Jahrhunderte konnte nichts daran etwas ändern. Nicht die Entstehung Drachenhains, nicht Fährnisse mit der Anderswelt, nicht Scharmützel im Hochland.
Vor einem Jahrhundert zerstritten sich die Clans so sehr (das sogenannte Dòrchiu), dass der Fürst Tiefländer einsetzte als Baron und als Vögte, die den Niochs vorstanden. Dies löste Probleme und erschuf neue. Aber es betraf nicht die Pubs. Denn die Tiefländer tranken natürlich nicht dort, sondern auf den Vogtssitzen. Und die wenigen tiefländischen Reisenden, die begannen, sich ins Hochland zu verirren, tranken ebenfalls auf den Vogtssitzen. Was sollten sie auch an Orten, wo man ihre Sprache nicht sprach?
Vor einem halben Jahrhundert begannen die jungen Hochländer, schon als Kinder die heligonische Sprache zu erlernen und die jungen Tiefland-Hochländer spielten mit ihnen im Nioch und eigneten sich mehr als rudimentäre Kenntnisse des Luchnischen an. Aber auch das betraf nicht die Pubs. Sollte die Jugend doch ein paar Bier auf dem Anger oder den Feldern zusammen trinken, solange nicht mehr geschah (oder sie sich dabei wenigstens nicht erwischen ließen).
Vor einem Vierteljahrhundert wurde die befestigte, gut ausgebaute Helos Aximistiliusstraße durch das Hochland gebaut und eine Flut von Reisenden schwappte über Luchnar, Reisende, die früher das Hochland umgangen oder sich gar nicht auf den Weg gemacht hatten, Reisende, die kein Luchnisch sprachen und keine Ahnung vom Hochland hatten. Sie verstopften die Niochs und sie wollten essen und trinken und sie fragten nach Rasthäusern und Tavernen und die Vogtssitze wurden im Sommer überrannt. Und das – das betraf jetzt auch die Pubs, in die sich Tiefländer verirrten mit Wünschen, die man ihnen hier einfach nicht erfüllen konnte.
Die Lösung
Dann eskalierte die Situation in Tuachallnioch.
Tuachallnioch ist ein Nioch im Clansgebiet der MadUaine, Der damals außerhalb Luchnars fast unbekannte Canoch MadUaine hatte an dem berühmten Bardentreffen auf dem Drei-Ulmen-Hof in Flaitney teilgenommen, wo Arden, das Kind der Götter (auch als „Das Lied“ bekannt) in die Welt kam. Einer seiner Wettbewerbsbeiträge mit dem Titel „Ein Pub ohne Bier“ verbreitete sich als „Das Schaf ohne Kopf“ binnen kurzer Zeit über ganz Heligonia. Und die Reisenden in Tuachallnioch begannen, nach ihm zu fragen. „Wo ist Canochs Haus? Wo ist der Pub, nach dem er sein Lied benannt hat?“ Offenbar hatten sich absurde Gerüchte über Canoch verbreitet. „In dieser kleinen dunklen Taverne soll er aufgewachsen sein? Wo ist denn das Pubschild mit dem Schaf?“ Der reale Pub von Tuachall konnte den Vorstellungen der Leute in keinster Weise standhalten. „Kommt Canoch heute abend noch vorbei?“
Binnen Monaten hatten nicht nur die Stammgäste und die Wirtin des Pubs, sondern alle Tuachallniocher die Nase gestrichen voll. Ihr wollt unbedingt ein Schaf ohne Kopf? Verdammt noch mal, ihr kriegt eins!
Der alte Rory MadUaine, früh verwitwet und kinderlos, aber mit einem großen Herzen und vielen Freunden gesegnet, stiftete sein für einen einzelnen Mann ohnehin überdimensioniertes Haus. Alle trugen zusammen, was sie über die Erwartungen der Tiefländer an einen Hochlandpub wussten und halb Tuachallnioch packte mit an. In erstaunlich kurzer Zeit wurden die untere Etage mit Eingangsraum, Stube, angrenzendem Stall und Küche komplett zu einer geräumigen Taverne umgebaut. Da Rorys Haus zwar keine hundert Meter von der Aximistiliusstraße entfernt, aber von anderen Häusern verdeckt stand, bekam auch kaum einer der Durchreisenden etwas davon mit und wenn doch, wurde da eben an irgendeinem Haus gebaut.
Zu Beginn spielten der alte Rory selbst und einige seiner Freunde, die mit ihm schon seit vielen Jahren gerne in seiner Stube getrunken hatten, reihum Wirt und Schankburschen. Nach einem Jahr zog sich Rory aber an die große Tafel in der Ecke zurück, wo er mit anderen MadUaine saß, trank und nett aussehende Reisende zu sich an den „Clanstisch“ rief, um ihnen in für seinen Jahrgang erstaunlich gutem Heligonisch alte und neue luchnische Geschichten zu erzählen, Hochlandlieder zu singen, ein bisschen vor der Anderswelt zu warnen, und am Schluss eine Runde Whisky oder Or-Ban zu spendieren. Die Taverne war immer voll und brachte den MadRuadh erstaunlich viel Geld ein.
Das Schaf ohne Kopf heute: Gäste
Und wenn man heute das Schaf ohne Kopf aufsuchen will?
Dann muss man eigentlich gar nicht mehr danach fragen. Denn mitten in Tuachall steht ein riesiges Holzschild, auf dem ein Schaf abgebildet ist, natürlich ohne Kopf, mit einem entsprechenden Schriftzug und einem Pfeil. Dieser schickt die Suchenden in eine Querstraße, in der man nach einer sanften Kurve noch einmal auf das gleiche Schild stößt. Es prangt an einem schmucken großen Haus. Sich nähernd, erkennt man unter dem Schild metallische Lettern in luchnischer Keilschrift. Das muss das alte Tavernenschild sein! Schon steht man im Pub, der aus einer kleineren und einer größeren Stube besteht. In der größeren ist die lange, lange Theke, an deren Ende auf dem Tresen ein riesiges Fass steht, um das ein echtes Wolfsfell drapiert wurde. Hoch hinter der Theke steht Flasche an Flasche in einem Regal – alle unbeschriftet, keine leer. An einem großen Tisch im Eck sitzen einige Männer und Frauen in luchnischer Tracht, mit Ketten aus Metallstücken um den Hals und Kurzschwertern an der Seite und diskutieren unter dröhnendem Lachen mit einigen Tiefländern, vor jedem ein riesiger Krug. Auch an den anderen Tischen sitzen Reisende und Hochländer, letztere auch mit mehreren Hunden. Die Wände sind geschmückt mit feinen Stickereien und kostbaren Silberarbeiten. In der kleineren Stube prasselt ein Feuer im Kamin, über dem ein riesiger Zweihänder hängt. Ein Barde trägt gerade ein Stück vor, hier wird andächtig gelauscht, einige Jugendliche kuscheln miteinander. Als das Lied verklingt, brandet Applaus auf, eine Schankmaid erscheint mit einem Tablett mit lauter kleinen Metallbechern. Fast alle nehmen einen, werfen eine Münze aufs Tablett und dann hoch die Becher und runter den Whisky! So lässt es sich doch leben!
Wer genau hinschaut, könnte sehen, dass das Holz im alten und neuen Teil des Pubs erstaunlich gleich aussieht, dass die Wirte nicht auswendig wissen, was in den Flaschen ist, sondern auf kleine Schilder auf dem Regal schauen und dass außer am Clanstisch niemand ein Kurzschwert trägt.
Aber wenn es genügend Essen, Trinken, Musik, Mitfeiernde gibt, wer will denn genau hinschauen? Ist es da noch wichtig, dass Canoch eigentlich von einem Gehöft einige Meilen entfernt stammt, seine Kunst auf den Feldern gelernt hat und die Inspiration zu dem Lied ein Spruch eines Großonkels war?
Das Schaf ohne Kopf heute: Einheimische
Die Luchner selbst haben, teils zu ihrer eigenen Überraschung, das Schauspiel von Anfang an genossen. Gastfreundschaft, wenn auch manchmal in brummiger oder schwer zu deutender Form, war in Luchnar immer wichtig und die Gesellschaft befindet seit langem, ohne es richtig zu merken, im Wandel, wird offener, ausgleichender, hat die Urenkel der ersten Vögte als andere Art von Hochländern akzeptiert und akzeptiert auch die Fremden, wenn sie selbst aufgeschlossen auftreten. Die Extrovertierten unter den MadUaine sind stolz darauf, ihre sehr alte Kultur in etwas modernerer Art unter die Leute und in die Welt zu bringen – nichts anderes hat ja Canoch gemacht. Sein einstiger Lehrmeister, Mick Farcaon MadUaine. singt selbst gerne im Pub und präsentiert seine besten Lieder aus fünfzig Jahren und die Nachwuchsbarden träumen davon, dass eines ihrer Stücke ein Gassenhauer wird wie das „Schaf ohne Kopf“. Eigentlich ist hier fast nichts mehr Schauspiel, außer dass darauf geachtet wird, immer ein Mindestmaß an Einheimischen im Pub zu haben und dass immer geeignete Gäste – also alle mit Ausnahme arroganter Deppen und desinteressierter Langweiler - die Auszeichnung bekommen, an den „Clanstisch“ gebeten zu werden. Der Wirtsposten wird weiterhin wechselnd von verschiedenen MadUaine ausgeübt, denn die Taverne gehört ganz Tuachallnioch – Rory hat sie dem Clan vermacht. Mittlerweile ist auch ganz Tuachallnioch stolz auf sie.
Der alte Pub
Bleibt noch, ein paar Worte über den alten Pub zu verlieren. Den gibt es immer noch. Denn auch wenn sie „Das Schaf ohne Kopf“ gutheißen – es gibt immer noch manche, die lieber hier sitzen und ihre Ruhe haben, viele Ältere, aber auch einige Jüngere. Sie reden und singen immer noch lieber luchnisch, sie brauchen keine zwanzig Sorten Whisky, sie brauchen kein Wolfsfell an einem Riesenfass und keinen Clanstisch. Sie brauchen die große Welt nicht.
Aber wenn sich die große Welt zu ihnen hineinverirrt, sind sie auch nicht mehr verloren. Sie können zumindest einigermaßen heligonisch. Sie wissen, wie man verwirrte Schafe oder Reisende an den Tisch bittet, ihnen einen Krug hinstellt, beruhigend auf sie einredet oder sie reden lässt. Auch hier wandelt sich die Zeit, wenn auch ganz, ganz langsam. Und wenn das Schaf dann wieder den Weg zum Dorfanger findet, sei es nüchtern oder gut abgefüllt, hat es vielleicht gemerkt, dass es da an etwas älterem, ursprünglichem, echterem geschnuppert hat, dass diese Stätte Dinge bewahrt, um in hundert Jahren wieder zu prüfen, ob sie noch bewahrenswert sind.
Das nächste Mal rennt das Schaf oder der Reisende dann wieder zu seiner Herde im „Schaf ohne Kopf“.
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