Al-Safani

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Gut geschützt zwischen Jolsee und Schlangenkamm liegt eine Stadt, die besonders schlecht kontrolliert und überwacht werden kann. Aus einem Unterschlupf von gesuchten Dieben, Scharlatanen und kleineren Verbrechern entstand im Laufe der Jahre eine Hafenstadt, Anlaufstelle für allerhand Gesindel. Gekaperte Schiffe finden hier eine geeignete Anlegestelle, um gestohlene, heiße Ware loszuwerden, zu horten oder billig aufzukaufen. Beliebteste Handelsware sind hier natürlich jegliche alkoholische Getränke, die in den zahlreichen Schenken und Wirtshäusern am Hafen ausgeschenkt werden. Lautes Gegröhle und Raufereien stehen auf der Tagesordnung. Wesentlich unriskanter ist es für die Bewohner Al-Safanis jedoch die Schiffe nicht zu kapern, sondern die Schiffe durch falsche Leuchtsignale an den Klippen zerschellen zu lassen. Kurz darauf beginnt dann die Jagd nach dem Treibgut. Perfekt organisiert eilen Frauen, Männer und Kinder zum Strand und sammeln alles auf, was vom Schiff übrig ist. Eventuell Überlebende werden je nach Alter und Geschlecht verkauft oder als Minenarbeiter versklavt. So mancher reiche Händlersohn mußte sich von seiner Familie freikaufen lassen. Die Bewohner Al-Safanis sind rauhe Zeitgenossen bei denen das Gesetz des Stärkeren gilt, in Kraft, Geschick und Hinterlist.

Die jährliche Steuereintreibung durch den Grafen gleicht eher einer Plünderung. Alles, was nicht rechtzeitig versteckt werden konnte, wird von einem riesigen Aufgebot an Soldaten eingezogen. Hier zeigt sich dann auch, wer in Al-Safani in nächster Zeit das Sagen hat, nämlich der, der das Meiste vor den Steuereintreibern retten konnte. Die klügsten Recken spionieren natürlich ihre Konkurrenten aus und lassen sich von den Soldaten dafür bezahlen, diese zu verraten.

In diesem Zusammenhang sei noch die legendäre Geschichte der scharlachroten Lorna erwähnt, die vor etwa 80 Jahren die gesamte Armee der Steuereintreiber in eine Höhle lockte. Sie versprach den Schergen des Grafen sagenhafte Schätze. Kaum hatten diese die Höhle betreten, schüttete sie den Eingang zu und wartete die Flut ab. Alle Soldaten ertranken jämmerlich. Bis heute hat jedoch keiner die Leichen geplündert. Denn niemand weiß, was mit Lorna geschah, als sie am nächsten Tag ihre Beute aus der Höhle bergen wollte. Kein Mensch hat sie je wieder zu Gesicht bekommen. Noch heute behaupten Seeleute und Piraten, gurgelnde Wehklagen der ertrunkenen Soldaten zu hören, wenn sie bei Flut in der Nähe der Höhle vorbeikommen. So ruhen die scharlachroten Steuerschätze, wie sie seither genannt werden, möglicherweise noch heute in der Lornahöhle. Nördlich von Al-Safani ist der Schlangenkamm von unzähligen labyrinthartigen Gängen und Höhlen durchzogen. Das geübte Auge kann drei Baumeister unterscheiden, wenn man sich Boden und Wand der Gänge ansieht. Zur Küste hin hat das Meer viele Höhlen und Grotten ausgewaschen. Dahinter sieht man die mit groben Schlägen gehauenen Erzminen. Hier ist das eigentliche Herz von Al-Safani, das Dunkle, daß die Stadt mit neuem Handelsgut versorgt. Die Höhleneingänge sind unbewacht, doch wagt sich niemand in das Labyrinth. Entweder wird ein Eindringling von den Minenaufsehern geschnappt, oder die Piraten entdecken ihn, oder man verirrt sich in diesem Labyrinth. Ganz schlaue und findige Abenteurer nahmen einen roten Faden, den sie an einen Busch vor dem Höhleneingang festbanden, um so jeder Zeit den Ausgang wiederzufinden. Peinlich wird die Situation dann, wenn man auf dem Rückweg mitten im tiefsten, dunkelsten Stollen bereits auf das Ende des roten Fadens trifft. Wer den Faden wohl durchgeschnitten hat? So ist man in Bezug auf die Höhlen auf das Seemannsgarn der Piraten angewiesen. Die Wenigen, die es doch schafften herauszukommen, sind völlig ausgemergelt und ihres Verstandes verlustig. Immer wieder taucht in den zwielichtigen Hafenkaschemmen Al-Safanis und Darbors einer auf, der sie gesehen haben soll: ”Mon-ta-mar”, die gläserne Stadt im Berg. Hundert Fuß hohe Türme gänzlich aus Glas, schillernd in allen Farben des Regenbogens. Dazwischen die herrlichsten Bäume und Seen wie im Park des Fürsten von Thal, mit süßen und saftigen Früchten. Dies kann getrost als Sage bezeichnet werden, denn keiner konnte diese Früchte je vorzeigen. Der Weg von der gläsernen Stadt bis zum Höhlenausgang sei zu lange gewesen und der Erzähler hat die Früchte vor Hunger aufgezehrt. Damit sich die Piraten in den vielen Gängen nicht selbst verlaufen, sind alle Gänge mit Symbolen und Zeichen versehen. Über ein System kann man aus den Symbolen ersehen, in welche Richtung die Gänge führen. Ohne diesen Code zu kennen, ist man in der Götter Hände. Bekannt ist Al-Safani aber nicht nur wegen der blutrünstigen Piraten, sondern auch wegen des Rachenputzers, eines hochprozentigen Gebräus, dessen Herstellungsgeheimnis gut gehütet wird. Es wird angenommen, daß die großen Schilf ähnlichen Pflanzen, die rund um die Stadt wachsen, der Grundstoff für den Rachenputzer ist.