Das Volk der Borharconer - mehr als nur Nachbarn?
Auf besonderen Wunsch soll ich meine Erfahrungen mit dem Volk der Borharcôner schriftlich niederlegen. Nun, wohlan.
Zum ersten Mal traf ich zusammen mit den Teilnehmern der Expedition zur Burg Hadriansblick auf sie. Mein erster Eindruck war: Stolz, verschlossen, schweigsam, noch schweigsamer, mißtrauisch und stolz. Ein bißchen wie die Elfen. Aber Elfen sind wenigstens noch neugierig!
Wir kannten das Volk bisher als „Bilchländer“, aber in ihrer eigenen Sprache nennen sie sich „Borharcôn“, was übersetzt „Fliegende Falken“ heißt. Ihre Sprache ist sehr hart und erinnert etwas an die der Apulaq-Taq.
Ihr Aussehen ist das eines typischen, jagenden Nomadenvolkes: Fell, Leder, Stoffe in Natur-, Grün- und Brauntönen. Wenn ich mich recht erinnere, sah ich auch einige Kettenhemd- und Rüstungsteile, was wohl der dauernden Bedrohung durch die Stuerener geschuldet ist.
Vereinzelt tragen sie Federn, Perlen oder Knöchelchen im Haar, wohl Jagdtrophäen. Außerdem besitzen sie schön gearbeitete Schmuckstücke, die aber meist auch eine Funktion besitzen wie Gewandnadeln oder Abzeichen.
Sie leben in Stammesverbänden, deren Struktur ich jedoch nicht genau herausfinden konnte. Da uns gegenüber aber eine Schamanin als Wortführerin auftrat, scheint sie (einem Teil?) der Führungsschicht anzugehören. Später sprach dann auch der Anführer einer Sippe zu uns. Ob es regelrechte Stammeshäuptlinge mit Macht über mehrere Sippen gibt, kann ich nur vermuten. Wenn es dazu aus der Leomark schon bessere Erkenntnisse gibt, wäre das sehr interessant zu wissen! Aufgrund der Ereignisse vor Ort muss es aber einst eine Art Adelsgeschlecht (Sorebramor) gegeben haben, das von den Stuerenern grausam verfolgt und nahezu ausgerottet worden ist.
Dabei taten sich Soldaten in roten Waffenröcken besonders hervor, die man wohl am ehesten als Elitetruppen der Stuerener bezeichnen könnte, wohingegen die Blauen wahrscheinlich zu einfachen Grenzverbänden gehören. Die Schamanin führte uns zu einem ihrer Ritualplätze: Dieser lag im Wald, hatte etwa 10 Schritt im Durchmesser und war mit aufgesteckten Ästen eingezäunt. Auch innerhalb der Begrenzung befanden sich Bäume, an die allerlei Dinge befestigt waren: Menschliche Gliedmaßen, Häute, Felle, Federn, sogar einen kunstvoll mumifizierten Kopf konnte ich entdecken. Wenn die Borharcôner tatsächlich Menschen opfern, dann aber nur ihre Feinde, wenigstens das war zu erkennen.
Die Schamanin empfahl uns, zu unserer eigenen Sicherheit ein Ritual der Reinigung „gegen den Haß“ durchzuführen und sprach uns einige Formeln vor, die wir erfolgreich wiederholten. Auch auf Weissagungen ihrer Götter (Mehrzahl?) legen sie großes Vertrauen. Wir anwesenden Saarkani fanden uns in dieser Denkweise gut zurecht, es bestehen in ihrer Religion doch einige gemeinsame Ansatzpunkte. Auch ließ sich weder am Ritualplatz noch während des Rituals selbst etwas Böses oder Göttermißfälliges erkennen.
Wie schwer man das Vertrauen der Borharcôner gewinnen kann, zeigten uns zahlreiche Prüfungen, die sie uns auferlegten, um unsere „Würdigkeit“ zu beweisen: So wurden wir auf ehrenhaften Kampf, persönliche Gier oder Rechtsempfinden geprüft.
Was ich gesehen und gehört habe, führt mich zu dem Schluß, den Borharcônern vertrauen zu können – wenn sie sich einmal für jemanden entschieden haben. Die lange Zeit der brutalen Verfolgung durch die Stuerener hat sie so verschlossen und mißtrauisch gemacht, wie man es von Gejagten erwartet. Besonders zeigt sich dies durch ihre Bezeichnung des Drachenhainer Schwertes und des Schwertführers selbst, „Kardvarat“, was „Falkenschlag“ bedeutet: Wiederum ein Zeichen, mit welch Grausamkeit das Volk von den Stuerenern verfolgt wurde. Da es sich nun in Drachenhainischem Besitz befindet, macht das Verhältnis zu den Borharcônern nicht einfach, aber der gemeinsame Feind Stueren wird sicher die gegenseitige Hilfe festigen.
Skatha von Jalamanra, Saarkani