Arnfinnur und der Bocksbeinige

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Kein Mensch sollte sich ins Hochgebirge der Drachenzinnen wagen. Steinschlag und Geröll rauben tückisch den festen Tritt und Eis und Schnee stehlen die Wärme aus dem Körper. Doch der Jäger Arnfinnur wollte das nicht hören. Groß und kräftig war er und nahm es mit allen aus dem Dorf auf. Eines Tages war Arnfinnur wieder auf der Gamsjagd. Er sah einen kapitalen Bock, auf den er es abgesehen hatte. Ihm stieg er fünf Tage und Nächte in den Drachenzinnen nach. Hoch und immer höher stieg er und ließ den Bock nicht aus den Augen. Am Abend des fünften Tages, als es bereits dunkel wurde, verlor er die Spur des Bocks in einem Geröllfeld. Auf diesem lagen Felsen verstreut, die so groß wie ganze Häuser waren. Suchend ging er zwischen den großen Brocken umher. Doch war es fast unmöglich bei diesem schlechtem Licht und auf dem Geröll die Spur wieder zu finden. Sogar ein so guter Jäger wie er musste hier aufgeben. Nach fünf Tagen Jagd, war alles vergebens.

Plötzlich sah er wie in einiger Entfernung ein Schatten hinter einem der Brocken hervorschoss. Er hörte auch den typischen Schlag von Huf auf Stein. So schnell er konnte pirschte er sich an den Bock heran. Als dieser hinter einem weiteren Felsen verschwand rannte er mit gespanntem Bogen auf die andere Seite des Felsens und wie Arnfinnur es erhofft hatte sah er den Bock, schoss und traf.

Doch als er näher an seine Beute kam, traute er seinen Augen nicht. Da lag ein Mensch, groß und kräftig wie er, doch er hatte Bocksbeine. Sein Pfeil steckte im Oberschenkel des Tieres oder Mannes oder einer Mischung aus beidem? Arnfinnur hatte von dem legendären Drobvolk gehört, von dem man sich fern halten soll. Gesehen hatte es noch niemand, das Drobvolk.

Als Arnfinnur ihn erreicht hatte, drehte sich der Bockbeinige um. Sein Gesicht war verzerrt von Schmerz. Nicht nur der Pfeil hatte ihn verletzt, sondern durch den Sturz auf das kantige Geröll hatte er sich eine Reihe von Schürfwunden zugezogen, aus denen er blutete. Sein Blut war von äußerst dunkelroter Farbe.

„Ich wollte nicht, nicht euch“, stammelte Arnfinnur erstaunt.

„Sparrr dirrr deinen Atem“, kam es schnarrend von dem Drobvolk-Mann. „Ich weiß, was du wolltest. Und ich will es auch. Ich will IHN auch.“ Der Mann keuchte auf. „Willst du deinen Fehlerrr wiederrr gut machen?“


Arnfinnur nickte und verstand. Auch er war ein Jäger, wie dieser Mann. Er ging los in die Richtung in die der Mann aus dem Drobvolk ursprünglich gerannt war. Es dauerte nicht lange und er sah den Bock. Arnfinnur suchte sich auf einem der Felsenblöcke eine gute Position und erlegte das Tier. Schwer schleppte er an dem Bock als er ihn zu dem Verwundeten Drobvolk-Mann zurückbrachte.

Dieser wies ihn an, aus dem Horn und dem Fett des Bocks eine Salbe herstellen. So dann wurde aus der Haut des erlegten Gamsbocks ein Verband angefertigt und mit den gesäuberten Sehnen auf die blutenden Stellen festgeknotet. Als die Wunden des Drobvolk-Mannes versorgt waren schickte er Arnfinnur zu einer Stelle, an der er niedrige verkrüppelte Büsche für Feuerholz finden konnte. Das Holz bereitet Arnfinnur für ein Kochfeuer und das Fleisch des Gamsbocks zum Braten vor.

Nachdem Arnfinnur alle diese Vorbereitungen getroffen hatte sprach der Drobvolk-Mann zu ihm: „Geh nun. Du hast deine Schuld beglichen. Nimm Brust und Kopf des Gamsbocks als Trophäe für die erfolgreiche Jagd mit. Denn du hast ihn erlegt. Lass mir das Fleisch zur Stärkung da. Ich gebe dir einen ganzen Tag Zeit. Dann zünde ich das Holz an, so dass mein Volk mich finden kann. Sei dann hinuntergestiegen bis hinter den Gletscherbach. Falls du es bis dahin mit deinen dürren und unbehaarten Beinen nicht geschafft hast, bete um dein Leben. Geh jetzt.“ Mit diesen Worten schickte ihn der Drobvolk-Mann fort.

Arnfinnur drehte sich um und tat wie ihm geheißen. Im Dorf wurde er für die erfolgreiche Jagd gefeiert. Noch größer war das Staunen, als er von seiner Begegnung mit dem Drobvolk-Mann berichtete. Arnfinnur stieg noch viele Male ins Hochgebirge doch nie mehr überschritt er den Gletscherbach. Auch kein anderer mehr, der seine Warnung ernst nahm. Diejenigen, die seine Warnung nicht erst nahmen, kamen nie wieder zurück.