Die Geschichte des blauen Dschinnen

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Große Schönheit ist manchmal von Bösem und Häßlichem umgeben. So jedenfalls war es im Fall der lieblichen Zahra, denn ihr hatte das Schicksal die Rolle der Tochter des üblen, warzennasigen, aber als unbarmherziger Räuberkönig berüchtigten Thabit zugedacht. Der Halunke hatte eine Unzahl gleichgesinnter Rabauken in einer alten, zerfallenen Wüstenfestung um sich gesammelt. Obgleich sie alle dickledrig und raubeinig waren, wunderte sich doch ein jeder, wie ihr – mit Verlaub – häßlicher Anführer eine solch bezaubernde Tochter haben mochte. Dieser merkwürdige Umstand hatte sich schon weithin im ganzen Land herumgesprochen und so kam es, dass schließlich auch der edle Scharif, Sohn des damaligen Herzogs von Valmera, davon hörte. Er überlegte nicht lange, befragte nur kurz sein Gewissen, ob es seinem Stande angemessen wäre, einer Räuberstochter seine Aufwartung zu machen und verwarf die Bedenken sogleich wieder. Er verfasste also einen inbrünstigen Liebesbrief, reich verziert mit Ranken aus bunter Tinte und zahlreichen Worten. Diesen übergab er einem eifrigen und treuen Boten, der ihn zu jener Dame bringen sollte. Scharif hielt es für zu frech und unverfroren, sich sogleich und ohne Ankündigung selbst auf den Weg zu ihr zu machen. Außerdem hatte er wichtige Regierungsämter im Reich seines Vaters wahrzunehmen. Es vergingen drei Mal sieben Tage, doch es kam keine Antwort und nicht einmal der Bote selbst kehrte zurück. Scharif musste befürchten, dass der Bote wohl den Weg zur Wüstenfestung nicht gefunden hatte und nunmehr blindlings durch die Wüste irrte. Er verfasste daher also einen neuen Brief, den er einem zweiten Boten gab, diesmal nicht ohne ihn vor den drohenden Gefahren zu warnen. Scharifs Schilderungen konnten ihn nicht verschrecken, er antwortete nur: „Ihr braucht mir nicht solch Geschichten erzählen. Es sind allein die Götter, die mein Schicksal bestimmen und die beschließen, wann ich diese Welt verlasse. Weder Eure Geschichten, noch die Wüste, noch die Räuber können daran etwas ändern.“. So machte er sich auf den Weg. Doch auch dieser Bote war nach drei Mal sieben Tagen nicht wieder zurückgekehrt. Scharif grämte sich nun ein wenig. War der Bote vielleicht gar nicht bis zur schönen Tochter vorgedrungen? Hatten ihn die Schergen vielleicht erwischt, bevor er die Nachricht hatte überbringen können? Doch so leicht konnte man seinem Entschluss nicht beikommen! Er verfasste also einen dritten Brief, noch leuchtender in seinen Farben und feuriger in den Worten. Einen weiteren Boten zu finden war nun nicht so einfach. Wohl hatte sich das Schicksal der beiden anderen bereits herumgesprochen und so manches Gerücht war darum erwachsen. Schließlich aber fand er einen mutigen, der ebenso wie der Prinz der Überzeugung war, dass die Liebe das ist, was im Leben am meisten wiegt. Der nahm also das Schreiben und ritt los. Eine Woche verging, ohne dass der Bote mit einer Antwort zurückkehrte, eine weitere folgte ihr und am Ende der dritten erkannte Scharif, dass seine Mühen wohl wirkungslos geblieben waren. Doch war er weiter entfernt vom Aufgeben als jemals zuvor. Er nahm sich also ein Herz und ein Pferd und machte sich selbst auf die Reise.

Tatsächlich war der Weg nicht leicht zu finden. Zwar war die Festung in keinster Weise versteckt, doch die Wüste allein begegnete ihm mit mancherlei Wirrung. Schließlich aber erreichte er jene Ruinen, die das Lager des üblen Thabit beherbergten. Er schlich sich meisterlich durch die Reihen der Räuber, umging die Wachhunde und mied das Licht der loderndend Fackeln und Lagerfeuer. Schließlich gelangte er in die Festung selbst, er ging manchen verfallenen Gang entlang und eh er sich versah stand er auch schon vor Zahra. Scharif war wie geblendet von ihrer Schönheit und sein Körper wollte ihm nicht mehr gehorchen. So geschah es also, dass er unachtsam war und - zack! – hatten die Räuber ihn gefangen! Der warzige Thabit tratt nunmehr vor ihn, beäugte ihn von unten bis oben. „Du musst wohl der sein, der meiner Tochter den Hof machen will! Wisse dass du meiner armen Zahra mit deinen Honigworten arg den Kopf verdreht hast! Dass du Boten schickst, das sieht solchen wie dir gleich, dass Du nunmehr aber selbst herkommst, das zeugt von hohem Mut!“ Irgendetwas kleines im lichten Haar des Räuberkönigs lenkte ihn kurz ab. Dann aber fing er es, verschluckte es mit einem Happs und wandte sich wieder dem Herzogssohn zu. „Deine Boten habe ich schon gefangen und festgesetzt und nun also auch dich! Ich sollte euch allen gleich den Kopf abschlangen, doch weil du solchen Mut beweißt, will ich dir und den deinen eine letzte Chance geben! ... Ich habe also deine Boten als drei meiner Räuber verkleidet und ihnen unter Androhung eines schmerzhaften Todes die Anweisung gegeben, sich auch wie solche zu benehmen. Wenn du es schaffst, mir alle drei zu zeigen, ohne auf einen falschen zu deuten, soll euer Leben und das eurer Boten verschont werden. Mehr noch! Dann soll auch meine Tochter Zahra die Deine sein!“ Scharif blieb nichts anderes, als sich in sein Schicksal zu ergeben. Er wanderte also durch das Lager, immer begleitet von dem Räuberkönig. Überall waren sie, die Räuber des Thabit und er sah keinen seiner Diener, noch irgend etwas was diese hätte entlarven können. Dann aber kam ihm ein Gedanke. Er ging zum nächsten Räuber und sprach ihm: „Im Namen meines Vaters, des Herzogs von Valemera, befehle ich Dir, winde dich im Sand vor mir wie eine Wüstenviper!“ Der Räuber schaute ihn entgeistert an und lachte dann lauthals los. „Euer Vater kann das geflügelt Burai darselbst sein, das einzige was ich winden werde ist ein Strick um deinen Hals!“ Eilig ging Scharif zum nächsten und wiederholte seine Worte, dann wieder zum nächsten und durch das ganze Lager. So manches mal hätte ihn seine Tat fast ums Leben gebracht, Erfolg aber hatte sein Werk schließlich doch. Er traf auf einen Räuber, unflätig, häßlich und raubeinig wie alle anderen, der sich aber doch, ohne zu zögern sofort in den Sand warf und sich wand wie eine Sandviper. Sogleich zeigte Scharif auf ihn und sagte zu Thabit: „Dieser hier gehört zu den meinen!“ Thabit besah sich den Kerl und sprach: „Nun, recht habt Ihr, und gerettet habt Ihr euer leben zu einem dritten Teil. Aber wenn es nun weitergeht mit der Suche, laßt Euch nur eines gesagt sein: Kein Winden mehr, keine Vipern und keine Befehle!“ Scharif setzte seine Suche fort, blickte aufmerksam in jedes Gesicht. Dann bat er den warzigen Räuberkönig um zwei kleine tönerne Töpfe und suchte in den wenigen Gebüschen und unter Steinen nach etwas, was er schnell fand: einen rabenschwarzen Skorpion. Er fing ihn geschickt und warf ihn schnell in einen der Töpfe, den anderne lies er leer. Dann wirbelte er beide Behälter hin und her und herum, bis er nicht einmal mehr selbst wußte, in welchem der giftige Skorpion war. Schließlich wandte er sich wieder den Räubern zu, die ihn gespannt beobachteten. „Nun höret! Ich will Euch einen Batzen Dukaten geben, wenn ihr in einen Topf fasst und der Skorpion Euch am Leben läßt!“ Ein Raunen ging durch die Menge. Offensichtlich waren die Räuber unentschlossen oder sogar ängstlich. Scharif ging vor den Halunken auf und ab, bis er schließlich von einem aufgehalten wurde. „Laßt es mich versuchen. Die Götter werden mir schon geben, was mir zugedacht ist.“ Mit diesen Worten fasste er in einen der Töpfe, blieb mit dem Arm für einen scheinbare Ewigkeit darin und zog ihn dann wieder unversehrt heraus. Scharif zeigte auch auf diesen Gesellen und rief: „Dieser hier gehört zu den meinen!“ Thabit nickte anerkennend. „Nun auch diesmal habt ihr recht! Dann nennt mir jetzt nur keinen falschen mehr!“

Wieder ging Scharif einige Schritte. Dann trat er auf einen der Räuber zu und fragte ihn: „Sag mir, was ist das höchste Gut im Leben?“ Der Räuber grinste schief und sprach: „Das ist einfach! Dukaten sind das höchste Gut, sie sind mehr wert als Groschen oder gar Kreuzer! ... andererseits gibt es da ja auch noch Edelsteine und Perlen... hm...“ Scharif wandte sich dem nächsten zu, der ihm beteuerte, dass Macht und Einfluss wohl das wäre, worauf es ankomme. Ein weiterer sprach von Ruhm und Bekanntheit und wieder ein anderer von geheimem Wissen. „Nein!“ sprach der nächste. „Das alles mag einen weit bringen im Leben. Doch ein jedes ist wertlos gegen die Liebe. Sie ist das höchste Gut!“ Scharif deutete sogleich auf diesen und sprach: „Dieser hier gehört zu den meinen!“ Thabit war verblüfft. „Wahrlich, ja, da habt Ihr recht! Und sehet, ich beuge mich vor Eurer Weisheit, gleichsam sich der Halm im Winde neigt. Ich aber stehe zu meinem Wort, Leben, Boten und Freiheit sollen wieder die Euren sein.“ Zahra, die Tochter des ehrenwerten Halunken, hatte die ganze Zeit das Geschehen beobachtet und den Worten gelauscht. Hatte Scharif schon vor seiner eigenen Ankunft ihr den Kopf verdreht, so hatte er durch seine Taten nunmehr ihr Herz gewonnen. „Und ich! Auch ich soll nun die Eure sein!“ sprach sie zum Sohn des Herzogs.