Die Geschichte des sandelfarbenen Dschinnen

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Einst lebten im Herzogtum Valmera drei Brüder, mit Namen Ammar, Raschid und Malak. Als Söhne eines einflussreichen Schah regierte ein jeder über eine eigene kleine Provinz. Malak herrschte über einen Landstrich, in dem saftige Wiesen und ruhige Haine des Wanderers Auge erfreuten, Blumen und Gewürze gediehen überall und der Tee des Landes war weit über die Grenzen bekannt. Raschid nannte einige Siedlungen und Städte sein eigen, in denen die besten Handwerker weit und breit wohnten und die es vermochten, wundervollen Schmuck herzustellen. Ammar war der älteste der drei, doch verfügte er nur über eine einzige Stadt. In dieser aber befand sich die älteste und berühmteste Gelehrtenschule des Landes und bescherte ihm somit Reichtum ganz anderer Art. Dies war aber nicht das einzige Kleinod der Stadt, vielmehr war die Schule sogar das kleinere der beiden. Das andere aber war eine Frau, die so schön war, dass man im ganzen Reich Bilder von ihr finden konnte. Jeden yom el chamis pflegte sie durch die Gassen zu wandeln, besuchte Freunde und Bekannte und besah sich die neuen Waren. Mit der Zeit hatten sich die Händler, Handwerker, Bewohner und auch Beduinen so eingerichtet, dass sie pünktlich an jenem Tag auf der Straße, zumindest doch aber am offenen Fenster zu tun hatten, um sie – die Dame Asisa - vorbeischreiten zu sehen. Auch Ammar wußte wohl, wo er sie treffen konnte und so erfuhr er auch als einer der ersten, dass Asisas Vater nach einem Bräutigam für sie Ausschau hielt. Er wollte alsbald den Vorteil nutzen, wollte keinem, auch nicht seinen Brüdern davon berichten. Indess sandte er seinen Diener Harun zu den Gelehrten, dass diese die wunderbarsten Schriften, die wertvollsten Bücher und die seltensten Pergamente herbeibrächten, damit er sie Asisa zum Geschenk machen und so ihr Herz gewinnen konnte. Aber die Nachricht suchte sich ihren Weg über das Land wie ein Sandsturm durch die Wüste. So dauerte es also nicht lange, da hörten auch Raschid und Malak von der Kunde. Sie wunderten sich wohl, warum ihnen Ammar nicht bereits vor dem Volk des Landes berichtet hatte, was sich da in seiner Stadt offenbarte. Aus Verwunderung wurde Verdacht und daraus allzu schnell Gewissheit, dass er es ihnen aus eigenem Vorteil verschwiegen hatte. So sannen beide darauf, es ihm heimzuzahlen und gleichwohl ihren eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Einem Kalligraphen bezahlten sie eine stattliche Summe, auf dass er ebensolche Schriften verfassen möge, wie Ammar Asisa zu schenken gedachte, doch sollte er statt Weisheit, törichten Unfung und unzüchtige Beleidigung hineinflechten. Das Machwerk gaben sie sodann Ammars Diener Harun, der nicht wußte wie ihm geschah, und zwangen ihn, es gegen die wahren Werke auszutauschen. Zwar hatte Harun Mitleid mit seinem Herrn und auch mit Asisa, deren Schönheit auch er sich nicht erwehren konnte, aber was blieb dem armen Kerl schon? Nichts als zu gehorchen, stellten sie ihm doch üble Strafe in Aussicht, sollte er sich weigern! So, kam es also, wie der geneigte Leser es wohl erahnen muss. Ammar überbrachte die scheinbar kostbaren Schriften, doch was er erntete war keineswegs Dankbarkeit oder gar Liebe.

„Wie könnt ihr mir nur solches antun?“ fragte Asisa. „Statt um mein Herz zu werben wolltet ihr mir stattdessen einen üblen Streich spielen? Seht her!“ Sie zog ein Stück Pergament hervor, klein und unscheinbar war es. “Ich glaubte, dies hier ware von euch! Eine Geschichte, geschrieben nur auf altem Pergament, das seine besten Tage schon gesehen hat. Doch liebevoll und wunderbar in den Worten, die es trägt. Aber nun weiß ich, dass ihr nicht der Schreiber sein könnt! Geht mir aus den Augen!“ Ammar ahnte war verwirrt. Zwar kannte auch er den Schreiber nicht, doch wußte er, wo er suchen musste um den wahren Überltäter zu finden. Es verging keine Stunde, da wußte er von Harun, wer die Schandtat zu verantworten hatte. Ammar beschloss, zu den gleichen Waffen zu greifen, die auch seine Brüder nicht gescheut hatten. Er hörte denn mit Genugtuung, dass Raschid nun ebenso sein Glück versuchen wollte. Dieser hatte die schönsten Perlen in feinsten Aurazith fassen lassen, gesäumt von edlen Steinen, deren Schönheit kaum gekannt war. Mit diesem Geschmeide wollte er Asisas Herz gewinnen. Ammar aber schickte Harun zu ihm. Der Diener wagte zunächst sich zu weigern: „Ein solches Unglück könnt ihr jener wunderschönen Dame nicht antun! Ihr Herz wird zerspringen, wie der Schmuck, den ich auf euer Geheiß zerteilen soll!“ Ammar glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. „Du wagst solche Worte zu sprechen? Sei froh, dass ich dir das Haupt nicht von den Schultern trennen, als Strafe dass du mich verraten hast!“ Harun bereute schnell sein vorlautes Mundwerk und machte sich daran, den üblen Streich zu tun. Obwohl einst von demselben gezwungen, genoss der Diener durch seinen üblen Dienst nunmehr Ansehen bei Raschid. Und so war es ihm ein Leichtes, an den Schmuck zu gelangen und diesen mit Feile, Säge und Hammer zu bearbeiten, wie es sein Herr ihm aufgetragen hatte. Dass der Schmuck nurmehr lose an einem goldenen Faden hing, war kaum zu sehen, wurde er doch in Schatullen aus feinstem Yagiburholz verwahrt. Nun, jedenfalls bis Asisa sie öffnete. Sie nahm das Geschmeide heraus und es zerfiel ihr in den Händen, wie ein Hagelkorn, das den weiten Weg von Poenas Garten auf den Wüstenboden gefunden hatte. Asisa entfuhr ein Schluchzen: „Auch ihr? Wollt auch ihr mich demütigen?“ Sie zog eine kleine Murmel aus ihrem Gewand hervor, die an einem schäbigen Lederband hing. „Dann könnt ihr auch nicht jener sein, der mir dies Geschenk zukommen lies. Obgleich wohl nur wenige Kreuzer notwendig waren, um die Murmel zu kaufen, ist es doch kostbarer als all euer Schmuck und Geschmeide!" Ammar hatte dem Spektakel gelauscht und war zufrieden doch auch verwirrt. Wer mochte der edlen Dame noch die Aufwartung machen, als er und seine zwei Brüder?

Auch Malak wollte Ammar nun nicht ungeschoren davonkommen lassen und der Herr der Weisen und Gelehrten musste nicht lange warten, bis auch dieser Bruder Vorbereitungen seiner Aufwartung traff. Malak brachte die seltensten Kräuter und den wohlschmeckensten Tee, den man sich nur denken kann, gut gesichert und bewacht bis zu Asisas Heimstatt. Er trat vor sie und versprach ihr das fantastischte Mahl für den nächsten Tag, so grandios, wie es selbst ihre Träume nicht zu denken vermochten. Fast die ganze Nacht hindurch bereiteten seine Köche mancherlei Spezerei: Wachteln im Blätterteig, Hühner, schwimmend im Honig, der von Bienen gesammelt wurde nur auf Feldern von Lavendel, Gazellen gebraten und gebacken in einer Soße der allerfeinsten Gewürze: Kardamon, Zimt und Safran, Pfeffer und Minze, Koriander und auch Kümmel, Hechte im fruchtigen Mantel, gesäumt von Grantapfel, Ananas, Trauben und Pfirsich und dazu süßen Nektar, gesammelt nur im Morgengrauen. Ein reges Treiben herrschte in der Küche des Hauses, Körbe um Körbe, Kisten und Kästen wurden hereingetragen, die all die seltenen Zutaten enthielten. In jenes Treiben sollte sich auf Anweisung von Ammar auch Harun stürzen, bewaffnet mit saurem Essig und bitterem Öl, das er in all die Köstlichkeiten geben sollte. Und er tat, zu was er gezwungen wurde. Er war sich der Bosheit wohl bewußt, die seinem Auftrag inne lag, doch dies Mal wagte er nicht aufzubegehren. Als nun die Tat getan war, roch Malaks feinste Nase bereits das nahende Unheil, doch war es zu spät. Asisa war bereits herbeigeeilt und bestaunte das Spektakel, das vor ihr aufgebaut wurde. Als sie dann aber einen Bissen nahm, war es keine Freude, die sich in ihrem Gesicht zeigte.

„Bin ich denn so schrecklich, dass ihr mir alle solche üblen Streiche spielt? Ihr sagt, ihr wolltet mich zur Frau, wollt mir sagenhafte Geschichten erzählen, preist wundervollste Geschenke an und laßt mich in Erwartung zergehen! Wenn ihr mich nicht wollt, dann, meine Herren, sucht mich nicht auf, bleibt einfach fern und grämt mich nicht so!“ schluchzte Asisa. Dann zog sie einen kleinen Apfel hervor. „Seht, dies hat mir jener Unbekannte geschenkt. Es ist wahrlich nicht viel, verglichen mit dem was ihr mir hier auftischt. Doch zeigt mir das kleine eine Liebe, die wahr ist und rein, nicht verdorben durch Streich oder Eifersucht!“ Asisa schaute sich um und blickte jedem Anwesenden tief in die Augen, jeder Wache und jedem Diener. Auch Harun betrachtete sie, für mehr als nur einen Augenblick. Dann brach es aus ihm hervor. „Ich war es! Durch meine Hand sind euch solche Streiche beigebracht worden! Wohl haben mich andere angewiese, doch bleibt es meine Hand! Ihr habt solches nicht verdient, seid ihr doch ein Geschenk der Götter an uns Männer!“ Stille herrschte lange im Raum. „Und ihr wart es auch, der mir jene Geschenke gab: Die Geschichte, die Murmel und den Apfel. Ihr seid es, der als vierter um mein Herz buhlt.“ Harun nickte zögernd. „Und ihr werdet es sein, der mich zur Frau nimmt!“