Spezial:Badtitle/NS100:Ausgabe 28/ Herzögliche Ostarische Hofgazette

Aus HeliWiki
Version vom 5. Februar 2008, 10:57 Uhr von DerWissende (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: ==Bekanntmachung der Ostarischen Herzöglichen Handelsmarine == '''Große Jungfernfahrt der neugegründeten Brazach-Postschifflinie''' '''im 3. Xurl des Jahres 27 der...)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bekanntmachung der Ostarischen Herzöglichen Handelsmarine

Große Jungfernfahrt der neugegründeten Brazach-Postschifflinie

im 3. Xurl des Jahres 27 der allerweisesten Herrschaft unseres geliebten Königs

Helos Aximistilius des III.!

Die Ostarische Handelsmarine richtet gemeinsam mit den brassach-norrländischen Handelsschiffern und der Hafenverwaltung von Escandra eine Postschifflinie auf dem oberen Brazach ein. Das im Rahmen der Jolberger Verträge beschlossene Projekt bezweckt eine bessere Versorgungssituation der neuen Grenzlande im Norden.

Der Transport von Waren und Personen wird ebenso verbilligt angeboten wie der Transport von Nachrichten. Ein zollermäßigtes Transitverfahren in die ostarische Enklave Kendhas-Pailat ist geplant. Vorläufig sind die im folgenden genannten Städte als Anlaufstellen eingerichtet:

Ankur - Escandra - Gahrne - Brazenberg - Grauwiel - Tarnam - Den-Cadain - Legonsfall (ehem. Brazfurt)

Interessenten mögen sich in den Niederlassungen der Brazach-Postschifflinie in den oben genannten Ortschaften melden.

Wir wollen unseren Zugriff erweitern: Vorschläge zur Erschließung der nur mit Flachkähnen befahrbaren Gewässer Hochbrazach-Ostra sind willkommen!

Leserbrief

Vor nunmehr einem Jahr verlor ich einen guten Freund: Baron Sirium Silverhorn von Drackensteig. Er war mein Freund, obwohl er Ceride war und ich bekanntermaßen von wenigen Ausnahmen abgesehen, Ceriden nicht mag. Sie haben immer so ein Durcheinander! Barone verschwinden, tauchen wieder auf, drehen durch und ernennen sich zum Kaiser (typischer Fall von ceridischer Titelsucht), aber eigentlich sind sie es dann gar nicht.

Ceridische Freifrauen müssen auf ceridischen Burgen von Ogeden vor ihren ceridischen Glaubensgenossen beschützt werden, damit man sie nicht massakriert. Ceridische Söhne sind plötzlich keine mehr, weil ein zerfleddertes Dokument auftaucht (in welchem Zustand ist eigentlich die königliche Bibliothek in Escandra???), aber um diesen Ceriden ist es sowieso nicht schade.

Aber um Baron Sirium ist es schade, denn wenn alle Ceriden so wären, wäre es um diesen Glauben anders bestellt!

Nun ist aber in Friedland ein Mann aufgetaucht, der behauptet, Sirium zu sein. Ich kann das nicht nachprüfen, ich habe mir in Friedland keine Freunde gemacht und will dort auch aus bekannten Gründen keine haben. Wenn nun dieser Mann ein Betrüger ist, dann gehört er bestraft, hier wie dort, weil er das Andenken eines aufrechten Mannes in den Schmutz zieht. Wenn er es aber ist, dann ist doch Einiges zu bedenken ! Hat das eigentlich mal jemand überprüft? Es muß doch für die Gelehrten ein Leichtes sein, das herauszufinden.

Denn wenn Sirium noch lebt - oder wieder lebt, wie auch immer - wie war das? Die Wege des Einen sind unerforschlich??? - dann geschieht ihm Unrecht. Dann ist das Testament nichtig, Vasalleneid hin oder her. Will man ihn vielleicht einfach totschweigen, weil er ein Streiter für die Schwachen und Hilflosen war und vielleicht dadurch auch unbequem? Ist es dann nur ein Schachzug ceridischer Politik, für ogedische Gehirne nicht nachvollziehbar? Ist er dann nur das Opfer seines eigenen Glaubens?

Vielleicht ist er nur zurückgekommen, weil an der Seite des Einen schon alle Plätze belegt sind mit aufrechten Ceriden - die müssen ja alle schon dort sein, weil es hier kaum welche gibt!

Wie gesagt - ich mag Ceriden nicht sonderlich, und es liegt nicht in meiner Macht, den Wahrheitsgehalt dieser Sache zu prüfen. Aber Sirium war mein Freund, oder ist mein Freund, und ich werde nicht schweigen, wenn ihm Unrecht getan wird. Und ich bin sicher, andere werden sich in dieser Sache hinter mich stellen, denn Sirium hatte viele Freunde. Ich will auch niemanden angreifen. Ich will nur, daß über Recht und Unrecht nachgedacht wird. Und vielleicht ein bißchen über Freundschaft und wie wir Menschen miteinander umgehen, ganz gleich, ob wir Ogeden oder Ceriden sind.

Und Ihr, Sirium Silverhorn von Drackensteig, wenn Ihr es denn seid, so könnt Ihr meiner Freundschaft und Loyalität sicher sein. Und wenn nicht - nun ja, wir werden sehen!

Marvenna von Drachenstein, Hofbardin zu Welzen

Dieser Leserbrief erreichte die Hofgazette kurz vor Redaktionsschluß. Wir lehnen jegliche Verantwortung über seinen Inhalt ab.

Es ist an der Zeit, daß im südlichen Ostarien mal einer berichtet, was im Norden wirklich geschehen ist im letzten Saarka. Ich, Rutbrecht Linnenberger, bin vor einigen Tagen hier nach Ankur gekommen und mußte darüber staunen, wie wenig die Leute doch wissen über uns in der Vernmark und wie es uns dort ergeht mit den Gelbröcken.

Also wahrscheinlich wundern sich jetzt schon wieder alle was das ist. Die Vernmark. Das ist leicht gesagt: Es ist unser Land, das wir vor Jahresfrist erobert haben zusammen mit dem Ostarischen Generalzeugmeister Baron Jareck von Jolberg. Wir haben es den grausamen Ödländern aus ihren gierigen Klauen, ja, gar direkt aus ihren geifernden Fängen entrissen, um es für uns, für Ostarien, für Heligonia, für den Einen und von mir aus auch die Vier in Besitz zu nehmen, und wir mußten wahrlich mit unserem Schweiß und unserem Blut und oft genug auch mit unseren Tränen und mit unserem Leben bezahlen, was wir als kargen Lohn für unser mutiges Streiten erhalten sollten.

Man hat zu uns gesagt, daß wir in dem eroberten Land siedeln dürfen; daß wir uns als im Kampf bewährte Söldner jeder eine Parzelle Ackerland nehmen können, um es zu bewirtschaften und es als wehrhaftes Grenzland gegen den Feind zu verteidigen. Es ward uns das Recht zugesprochen, über unser Schicksal selbst zu bestimmen; Waffen zu tragen, verminderte Steuern zu entrichten und die Ehre und Unversehrtheit von Ostarien und Heligonia zu wahren. Doch was ist geschehen? Wir werden von einem Haufen Ogedenmönchen regiert, die faul sind und von uns Steuern verlangen! Sie wollen, daß wir uns ihren Weisungen fügen und schreiben uns vor, was uns erlaubt und verboten sei. Somit klagen wir an: Sieht so das Versprechen aus, das man uns gegeben hat?

Nach allem, was wir für Ostarien und Heligonia erlitten haben, haben wir nun selber beschlossen, was wichtig ist für uns. Und das ist einen Tag vor meiner Abreise gewesen, und deswegen hat man gesagt, daß ich Euch davon künden soll, daß wir den Pailat Pailat sein lassen und damit anfangen, unsere Entscheidungen allein und unabhängig zu treffen. Darum haben wir nun gesagt, daß Iklan Jhulym uns gerne vertreten darf, aber nur in Angelegenheiten, die uns nicht direkt betreffen oder mit seinem Kloster zu tun haben. Ansonsten soll er seine Sachen mit uns besprechen, denn wenn er uns nicht hätte, könnte er seine saubere Baronie ja sowieso gleich ganz vergessen. Dann haben wir noch beschlossen, daß wir nur noch Steuern zahlen, wenn wir einsehen, warum und wozu man die Dukaten ausgeben will. Ich meine, was sollen wir denn ogedische Heiligtümer bezahlen, wenn wir alle Ceriden sind und uns das egal ist und wir unsere Kirche sowieso selber bezahlt und gebaut haben?

Überhaupt können wir ja froh sein, daß wir in Kalveram von Norrland so einen netten und großzügigen Nachbarherrscher haben. Als in der Wolfskälte unser Priester erfroren ist, mußten wir wochenlang ausharren, bis Kalveram von Norrland uns schließlich einen Templermönch geschickt hat, damit wir endlich wieder geistlichen Beistand haben. Den Gelbröcken vom Pailat ist das ja egal, sie sind ohnehin an ihren Büchern viel mehr interessiert als an den Seelen ihrer Untertanen. Einen besseren Weg sollen wir bauen die Schlucht hinauf zu ihrem Kloster, dabei gibt es aber noch nicht einmal einen Pfad nach Brassach oder auch nur zu den vielversprechenden, kuriosen Salzquellen, die an den Gebirgshängen im Nordwesten zutage treten, und wo wir vielleicht endlich einmal etwas profitträchtiges abbauen könnten.

Stattdessen werden unsere Ziegen regelmäßig von den Wölfen, unsere Holzfäller von Bären und die Reisenden von riesigen Brazachkatzen angegriffen, schon manch ein tapferer Mann mußte sein Leben lassen deswegen. Aber das ist den Ogedenmönchen egal, sie haben es ja warm und sicher in ihrer Ordensburg und lassen sich von allen möglichen wissensdurstigen Gelehrten besuchen und bauen jetzt sogar ein herrschaftliches Gästehaus von einer Größe, von der wir uns hier in Yaldering nicht träumen lassen können - finanziert von der königlichen Reichsbibliothek zu Escandra.

Ja, ihr Leute von Ankur, so ist es bestellt um uns. Darum haben wir eines Tages nach dem Gottesdienst in der Stabkirche bei einer Versammlung auf dem Weidenhubel (selbstverständlich mußten wir die Kirche außerhalb des Orts errichten...) beschlossen, daß es genug ist und daß wir mit dem Iklan verhandeln müssen, wie das alles weitergeht. Unser Pfarrer hat acht Thesen der Freiheit an das hölzerne Portal der Stabkirche geheftet. Ich erinnere mich nicht mehr an jede einzelne, insgesamt haben sie etwa dieselben Inhalte zum Gegenstand wie mein Brief hier, möge er von vielen gelesen werden.

Der Eine halte seine Hand über Euch!

Große Trauerfeier für Herzog Uriel II.

Von nah und fern waren die edlen Heligonias in großer Zahl herbeigereist, um dem Herzog Ostariens, Uriel II., die letzte Ehre zu erweisen. Gar prächtig, wie es Ansehen und Stand des Verstorbenen gebührte, geschah der Einzug der Trauergemeinde in den Augustinusdom zu Ankur. Der Herzog war schon im 1.Poëna in der Familiengruft derer von Ostarien auf der Feste Brazenberg beigesetzt worden. Um aber möglichst vielen Gästen ein Kommen zu ermöglichen, war der Termin dieser großen Trauerfeier so spät gelegt worden.

Von der Beisetzung bis zum Tag der Messe, hatte eine Abteilung der Templer zu Ankur Rund um die Uhr die Ruhe ihres bisherigen Landmeister Ostarien an seinem Sarg bewacht. Vom heutigen Tag aber an, sollte die Gruft endgültig verschlossen werden.

Vor dem Trauerzug her schritten zehn verdiente Offiziere der Herzöglichen Garde und der Herzöglich Ostarischen Marine, welche das große ostarische Schlangenbanner zwischen sich hertrugen. Danach folgte die trauernde Gemahlin Walluma, ganz in schwarz gekleidet, mit der Herzogskrone in den Händen, der Generalzeugmeister, Jareck von Jolberg mit dem Herzogsschwert, welches der Verstorbene so oft gegen die Feinde des Reiches geschwungen hatte und der Großmeister der Templer von Ankur, Kalveram vom Norrland, mit dem Feldzeichen, welches Uriel II. als Landmeister mit sich geführt hatte.

Es folgten die weiteren Angehörigen des Verstorbenen, Prinz Aftalun, Prior von Gunara, der seinen Sohn, den jungen Herzog Angilbert auf dem Arm trug, welcher trotz seines zarten Alters bereits mit Ernst und Würde dreinblickte. Hinter ihnen schritten die Barone Ostariens und danach die weiteren Verwandten Uriels. Aber erst jetzt begann sich die erfurchtgebietende Halle so richtig zu füllen, denn nun kamen die hohen, adligen Gäste aus ganz Heligonia herbei, um einen ganzen Flügel der Kirche zu füllen. Ein Weiterer füllte sich im Nu, als eine gewaltige Abordnung der Templer zu Ankur einzog, welcher der Ordensmarschall Hadebrand von Grauburg selbst voranschritt. Unter den übrigen Gästen hervorzuheben, wären noch zahlreiche hohe Mitglieder der anderen ceridischen Orden, und einige Admiräle und Kapitäne der Ostarischen Flotte, welche in Ihren Galauniformen ein glanzvolles Bild abgaben. Um es kurz zu sagen: Alles was in Ostarien und darüber hinaus Rang und Namen hat, war hier versammelt und füllte den ehrwürdigen Dom auf gar prächtige Weise aus.

Als sich nun alle gesetzt hatten, begann Erzkaplan Falkonius von Regart damit, die Totenmesse abzuhalten. Weiterhin gedachte er der Verdienste des Verstorbenen und der Rolle, die er für Ostarien und das Reich gespielt hatte. Nach einer eindrücklichen Predigt, schwieg die gesamte Gemeinde für eine lange Zeit, und jeder gedachte im Stillen der Rolle, die der Verstorbene für ihn gespielt hatte. Nach dem Segen verließ die ganze große Gesellschaft unter feierlichem Glockengeläut den Dom, um im Herzöglichen Palast das Totenmahl einzunehmen. So mancher ließ es sich nicht nehmen, während des Essens aufzustehen und Lobreden oder Gedenkworte für den Toten vorzutragen. Lange wurde so geredet und getafelt. Erst tief in der Nacht zogen sich die Gäste in ihre Quartiere oder Stadthäuser zurück. So mancher kehrte gleich am nächsten Morgen in seine Heimat zurück, doch so bedeutendend war Herzog Uriel II. für Heligonia, daß kaum einer nicht dazu bereit gewesen war, für ein paar Tage seine Aufgaben und Pflichten zurückzustellen, und seien sie noch so wichtig gewesen, um den alten Kämpen auf dem allerletzten Stück seines Weges im Diesseits begleiten zu können.

Die Reise nach Escandra

Zu Beginn des ersten Helios im Jahre 90 n.d.E. verließ eines Morgens ein schwerer, stabiler Pferdewagen Wasserau in Emarania und schlug den Weg in Richtung Corwall ein. Eskortiert wurde das Gefährt von einer Hundertschaft Heliosgardisten, welche zügig ausschritten. Der Passagier in der Kutsche, war eine Frau die seit langer Zeit auf ihr Schicksal gewartet hatte, und nun sollte es sich entscheiden, zum Guten oder zum Schlechten. Aus Sicherheitsgründen war es der Dame untersagt worden, während der Reise ihr Gesicht offen am Fenster zu zeigen, zu sehr fürchtete man, daß irgend jemand einen Anschlag auf sie verüben könne. Hinter dem Stadttor von Wasserau trat ein Mann in einem Emaranischen Waffenrock auf den Kommandanten der Heliosgardisten zu und sprach: "Ich und meine Männer werden mit nach Escandra gehen, Ich möchte auf keinen Fall, daß der Dame Angharad Elanor auf dem Weg etwas zustößt." Nach einer kurzen Diskussion, schlossen sich der Eskorte weitere fünfzig Bewaffnete an. Es handelte sich hierbei um die selbsternannte Leibgarde der Dame, welche allerdings, da sie im Teemooranienkonflikt nicht auf Seiten Teemons gekämpft hatte und den Ruf hatte sehr diszipliniert zu sein, von Drachenhainern und Ostariern als Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in Emarania toleriert wurde. Man einigte sich darauf, während der Reise durch Ostarien keine Emaranischen Farben zu zeigen, denn so konnte verhindert werden, daß jeder Passant sofort auf die Identität des Passagiers schließen konnte. Die ehemalige Baronin von Emarania und später von Teemooranien, ließ während der Reise noch einmal ihre eigene Geschichte Revue passieren. Oft hatte sie sich gefragt was sie alles hätte anders machen können, war dann aber zu dem Schluß gekommen, daß genau das eben ihr Weg war, den der Eine ihr bestimmt hatte und jetzt würde zumindest die große Ungewißheit ein Ende haben. Und außerdem, würde sicherlich alles mit Rechten Dingen zugehen, dafür würde Oberst Valerian schon sorgen.

Die Reise dauerte eineinhalb Wochen und führte die stattliche Reisegesellschaft über Corwall und Fail Arbeil nach Wälsung, dem Stammsitz des Herrn von Buchenfels. Von dort aus ging es in die Erzmark und über Frendenburg und Markingen nach Ankur. Dort verweilte man nicht lange und bestieg sodann ein königliches Ruderschiff, welches den Radovan-Hafen gen Escandra verließ. Nur kurz konnte man dem ernsten Blick Angharads begegnen, da stieg sie auch schon unter Deck und war nicht mehr zu sehen. Ein weiteres, größeres Schiff unter Ostarischer Flagge, lief kurz danach ebenfalls mit ruhigen, kräftigen Ruderschlägen aus dem Hafen aus und legte zusammen mit dem Fährschiff im Hafen von Escandra an. Die Dame betrat die Kutsche, welche an der Mole wartete. Sobald diese losgefahren war, verließ ein Herr in ostarischer Admiralsuniform gemeinsam mit einigen Seesoldaten das Herzögliche Schiff und trat grüßend auf Oberst Valerian zu, welcher sich verbeugte und ebenfalls grüßte. Die beiden wechselten ein paar Worte. Dann eilte Oberst Valerian der Kutsche nach, während der andere auf sein Kriegsschiff zurückkehrte.

Während der nächsten Woche passierte nicht viel. Angharad Elanor verweilte in den ihr zugewiesenen Gemächern, welche luxuriös aber dennoch ein Gefängnis waren. Ein paarmal bekam sie von verschiedenen Personen Besuch, welche ihr Fragen stellten. Einige hochrangige Reisende erreichten Escandra, obwohl das in der Königsstadt nun wirklich nichts besonderes darstellt. Alles in allem deutete nicht viel darauf hin, das bald etwas recht Bedeutsames geschehen sollte.

Schließlich, am 18. Tag des ersten Helios war es soweit: Die Gerichtsverhandlung, bei der über Schuld oder Unschuld Angharad Elanors entschieden werden sollte, wurde eröffnet. Das Gremium der Richter des Königlichen Gerichtshofes bestand aus vier Helioshochgeweihten und drei hohen ceridischen Geistlichen aus den Orden der Bannkreuzler, Hilariusiten und Pretorusianer. Die Anklagepunkte wurden vom Ersten Reichsritter, Finian Sonnenklinge, im Namen des Königreiches verlesen.

Der erste Teil der Schrift, bezog sich auf die Zeit nach der Entführung Baron Teemons, in welcher chaotische Zustände in Teemooranien herrschten, da die Luchtenwalder Pustelplag ausbrach. In dieser Zeit, etwa Anfang des Jahres 88 n.d.E. wurde die letzte Saarkageweihte Teemooraniens verhaftet und ein Haufen aufgebrachter Ceriden hatte Terrek in Lodenburg überfallen und Hunderte der Ogedischen Bürger umgebracht.

Im zweiten Teil war vom Verrat Teemooraniens die Rede, wie Angharad gemeinsam mit dem vermeintlichen Teemoon auf den Balkon trat, und danach das Kaiserreich proklamiert wurde. In beiden Fällen würde zu klären sein, inwieweit Angharad Elanor Schuld an den Ereignissen traf oder inwiefern das Geschehene durch sie gebilligt wurde. Alle wußten, daß das Urteil auf Hochverrat lauten könnten und die Strafe hierfür wäre der Tod.

Die Angeklagte selbst im dunkelblauen hochgeschlossenen Kleid und ohne Schmuck wirkte während der gesamten Verhandlung gefaßt, obwohl man merkte, daß diese Fassung mit sehr viel Anstrengung verbunden war. Immer wenn ihr von den Richtern Fragen gestellt wurden stand sie auf und antwortete nach bestem Gewissen. Nur wenn die Fragen ihre Ehe zu Teemon betrafen, wirkte sie eher zurückhaltend.

Schließlich wurden viele verschiedene Zeugen gehört und einige Beweisstücke vorgelegt und es sollen hier nur die Wichtigsten vorgestellt werden, damit ein Bild von der Situation entsteht und klar wird, warum die Richter Ihre Entscheidung so und nicht anders fällten.

Ihre Erlaucht, Regentin Walluma von Ostarien, immer noch im schwarzen Trauergewand, sprach, und man merkte, daß sie immer noch Zorn wegen des Verrats Teemooraniens am Herzogshaus fühlte. So hörte man viel bitteres aus ihrem Munde und so manches, was zu Ungunsten der Angeklagten ausgelegt werden konnte, wurde von der hohen Dame, welche ihr vor langer Zeit einmal günstig gesonnen war, vorgebracht.

Graf Waldemar von Drachenhain, welcher als Hauptleumundszeuge seiner Ziehtochter vorgeladen war, ging nun in väterlicher Weise ganz auf die Rolle Angharads als Baronin von Emarania ein. Zunächst habe sie doch in äußerst fähiger Weise Emarania befreit und regiert und es ging dem Land stetig besser. Ja, Angharad habe in dieser Zeit ihr Können als Baronin bewiesen und war damals als eine der Stützen Ostarischer Ordnung bekannt. Es würde hier nichts darauf hinweisen, daß seine Tochter irgendwie zu einem Verrat in der Lage sei. Überfordert sei sie erst gewesen, als sie alleine und in Erwartung ihres Nachwuchses das große Teemooranien habe regieren müssen.

Valerian, nun endlich wieder im Blau-Silber des Emaranischen Waffenrocks, beantwortete die an ihn gerichteten Fragen mit ruhiger, manchmal etwas kühler Stimme. Seine Antworten waren nie ausufernd und beschränkten sich immer auf das Allernötigste. Auf die Frage, warum Angharad seiner Meinung nach Teemon geheiratet habe, antwortete er, soviel er wisse, sei der Teemon, den seine Herrin geheiratet habe, ein loyaler Vasall des Herzogs von Ostarien gewesen und sie habe ihn geliebt. Angharad habe von früher Jugend auf kein anderes Ziel gehabt, als nach Emarania zurückzukehren und die Herrschaft dieser Sekte zu beenden, die ihren Vater ermordet hatte, und Emarania wieder zu dem zu machen, was es vorher war. Anselm von Rabenstein, Freiherr zu Vorberg, der unter Angharad Kanzler von Emarania gewesen war, tauchte überraschender Weise während der Verhandlung, geführt von zwei Dienern, ebenfalls im Gerichtssaal auf. Von einer Vernehmung wurde allerdings abgesehen, da der schwer gezeichnete Mann wegen einer Krankheit nur mühsam sprechen konnte und außerdem kaum in der Lage war zu stehen, geschweige denn zu laufen, denn er schwankte immerzu auf beängstigende Weise.

Zuletzt soll noch von zwei überraschenden Beweisstücken die Rede sein, von denen das eine von unerwarteter Seite zu den Richtern gelangte und sehr zu Ungunsten der Angeklagten wirkte. Das andere jedoch trat wie zufällig zu Tage und war kein Gegenstand im eigentlich Sinne. Jedoch erbrachte es eine Günstige Wendung im Verfahren.

Das erste Ding war ein Brief, welcher von einem Boten während der Sitzung an den Richtertisch getragen wurde. Es handelte sich um eine Nachricht Karr des Jägers, welcher zur Zeit nach Teemons Verschwinden, Sheriff in Vliss gewesen war. Dieser sandte seine Grüße und ein Schreiben vom 10. Tage des dritten Helios 88 n.d.E. von Angharad an ihn, in welchem sie ihm ihr Einverständnis für die Verhaftung der Saarkageweihten gab und meinte "es sei zu wünschen, daß diese Brut der Hölle ausgerottet und vernichtet werde". Der Brief trug Unterschrift und Siegel von Angharad Elanor. Dies führte selbstverständlich zu einiger Empörung im Saal und auch die Richter schauten sehr ernst drein.

Das zweite Beweisstück war nun der Idee eines Mitglieds des Nexus Corenae entsprungen und es ist schwer verständlich warum vorher noch niemand darauf gekommen war. Dieser rüstige ältere Mann stand plötzlich auf lief zu den Richtern und wandte sich flüsternd an sie. Diese nickten, worauf der Gelehrte sich an die Angklagte wandte. Er wolle, so sagte er, die Dame auf arkane Einwirkungen hin überprüfen und brauche dafür ihr Einverständnis. Angharad meinte daraufhin, daß sie zwar nicht wisse, was das für einen Nutzen haben solle, da es aber wohl auch keinen Schaden bringen könne, solle er mit der Prozedur beginnen. Der Alte schloß die Augen und machte einige seltsame Handbewegungen. Schließlich verkündete er, er sehe an der Angeklagten Restspuren einer Verzauberung, wie sie zur Kontrolle des Geistes verwandt wird. Außerdem sei das Muster des Zaubers Ödländischer Natur. Dies nun führte wiederum zu lautem Gemurmel beim Publikum das anhielt, bis die Richter um Ruhe baten. Der Gelehrte erklärte auf weitere Fragen der Richter hin, daß dies möglicherweise bedeuten könne, der Ödländer, welcher sich als Teemon ausgegeben habe, habe die Angeklagte auf magische Weise kontrolliert und sie so dazu gebracht während der Kaiserproklamation gefügig mit auf den Balkon zu treten und sich im Folgenden auch nicht gegen den Verräter aufzulehnen. Eine nochmalige Befragung Angharads, bekräftigte jenen Verdacht und so sah das hohe Gericht die Zeit gekommen, sich zur Beratung zurückzuziehen.

Schließlich wurde folgendes verkündet: Die Beweislast in Bezug auf die Beteiligung der Angeklagten beim Verrat Teemooraaniens reiche nun, da die Machenschaften des verderbten Ödländers aufgedeckt wären nicht aus, um Angharad hier eine Schuld nachzuweisen. In der Zeit davor, habe sie sich zu Schulde kommen lassen, einige der Dinge, die damals geschahen befürwortet, zugelassen oder zumindest nicht verhindert zu haben, doch müsse in Betracht gezogen werden, daß es mit ihrem körperlichen und geistigen Zustand aus all den bekannten Gründen damals nicht zum Besten stand, sie also schlichtweg überfordert und nicht Herrin ihrer selbst gewesen sei. Solange sie allerdings Emarania alleine regiert habe, war nichts dergleichen geschehen. Weiterhin habe sie in jüngster Zeit ihren guten Willen bewiesen, indem sie sich in der Krankenpflege betätigt und sogar einen Befreiungsversuch durch unbkannte Eindringlinge selbst vereitelt habe. Darum habe das Gericht entschieden Angharad Elanor von der Anklage des Hochverrats freizusprechen. Wegen der anderen Punkte, würden mildernde Umstände eintreten, so daß hier von einer Bestrafung abzusehen sei. Außerdem gebe das Gericht der Regentin von Ostarien die Empfehlung, Angharad Elanor, aufgrund ihrer Beliebtheit beim Volke, die Baronie Emarania wieder zum Lehen zu geben, auf daß sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen mag. Fernerhin sei verfügt, daß es ihr nicht erlaubt sein soll, jemals wieder die Regierungsgewalt in ihrem eigenen Lehen an eine andere Person zu übertragen, sprich: Angharad Elanor soll während der Zeit ihrer Lehensnahme alleine das Baronsamt in Emarania innehaben.

Nun, so sprachen die Richter, und alle beugten sich dem Spruch, denn niemand wagte es je, die Entscheidungen dieses Gerichts in Zweifel zu ziehen. Voller Erleichterung bat die nun freie Angharad um das Wort und alle lauschten gebannt. Sie bedankte sich bei den Richtern, bei ihren Fürsprechern aber auch bei ihren Anklägern, denn Dank ihnen, habe die Sache so gründlich durchleuchtet werden können. Schließlich dankte sie auch noch allen, die ihr während der vergangenen schweren Zeiten geholfen hatten, wobei nicht zu erkennen war, ob sie dies nun ironisch meinte oder nicht. Schließlich verließ sie mit ihren Getreuen den Saal, wobei ihr so mancher herzlich gratulierte.

Was sich danach ereignete soll nun noch in Kürze berichtet werden: Sobald das Urteil vom König bestätigt worden war, reiste Angharad Elanor von Emarania nach Ankur. Regentin Walluma beugte sich dem Spruch des Gerichts und ließ die Dame erneut den Lehenseid auf Herzog Angilbert I. schwören. Dennoch war noch nichts von der alten Freundschaft zu spüren, welche vor Jahren einmal zwischen Herzogin und Baronin geherrscht hatte. Dementsprechend verordnete die Regentin auch strenge Auflagen welche vorerst für Emarania gelten sollen: Die Neueingesetzte Baronin solle nur über eine Leibwache von fünfzig Mann befehlen, alle anderen Truppen, welche in Emarania stationiert sein werden, sollen direkt herzöglicher Befehlsgewalt unterstehen, außerdem möge die Baronin über ihre Regierungsgeschäfte einem von der Regentin entsandten hohen herzöglichen Beamten Rechenschaft ablegen. Die Zeit allein wird zeigen, ob sich die Herrin von Emarania mit der Zeit das Vertrauen und die Freundschaft der Herrin von Ostarien zurückgewinnen kann. Währenddessen ist man wieder auf dem Weg zurück in die Heimat, denn mit der Amtsübernahme steht der Abzug der Drachenhainer aus Emarania bevor. Die Mannen des Oberst Valerian werden dann wieder offiziell ihren Platz als Leibgarde der Baronin und Emaranische Soldaten einnehmen. Und ab und zu können sie ihr neues Glück mit einem Schluck aus einem Faß begießen, welches ihnen nach der Gerichtsverhandlung von einem Ostarier in Admiralsuniform überreicht wurde.

Ausgrabungen auf der Dombauinsel

Möglicherweise erwarten uns bald viele neue Erkenntnisse über die Völker, welche in Frühheligonischer Zeit das Reichsgebiet besiedelten, denn nun sind einige Gelehrte des Forschungskreises zur Untersuchung Altheligonischer Völkerschaften, welcher vor knapp einem Jahr gemeinsam von den Baronien Buchenfels, Luchnar und Jolberg ins Leben gerufen wurde, und viele Arbeiter aufgebrochen, um einen Fundort aufzusuchen, welcher auch ohne seine archäologische Bedeutung von außerordentlicher Brisanz wäre. Es begann alles mit dem Gastgeschenk des Prinzen Leomar, welches er dem Baron Jareck von Jolberg auf dem Adelstag als antike Gewandspange überreichte. Mit fachkundigem Blick identifizierte Hochwohlgeboren das Fundstück als altpruzzisch und erkundigte sich nach der Herkunft der Kostbarkeit.

Es stellte sich heraus, daß Herr Leomar auf der Anreise über den Jolborn auf einer Insel Rast gemacht hatte und dort auf das Kleinod gestoßen war. Diese Insel war nun genau jene vor dem Soltraner Ufer, auf welcher der ehemalige Baron von Trisselbach damit begonnen hatte, einen ceridischen Dom zu bauen, wobei er dann aber von der Abtrennung Friedlands von Heligonia unterbrochen wurde, da seit dem die Baustelle säuberlich von der Reichsgrenze in zwei Teile geteilt wird.

Die bisherigen Bauarbeiten reichten aber aus, um so einiges ans Tageslicht zu fördern, und nun soll diese Gelegenheit genutzt werden, um auf der heligonischen Seite der Insel weiter nach interessanten Relikten unserer Vergangenheit zu forschen. Wir sind gespannt, was für Überraschungen man hier noch erleben kann.

Die Rückkehr - Teil 2 ½

Als ich bemerkte, daß sich die Sonne stetig dem Horizont näherte und die Wipfel der Bäume am nahen Waldrand zu dunklen Schatten vor dem in hellem Rosa erstrahlenden Himmel wurden, fiel mir auf, daß wir immer noch keinem Menschen begegnet waren. Wir hatten einen kleinen Bach überquert, der sich in einem schmalen, engen Tal nach Osten zum Fluß schlängelte. Staubig und völlig heruntergekommen wand sich vor uns der Weg, eine niedrige Bodenwelle erklimmend, unserem heutigen Tagesziel entgegen: Brazfurt. Seit dem frühen Nachmittag erwarteten wir, die Stadt am Horizont zu erspähen.

Doch es wurde Abend; noch immer lag das Land wie tot um uns, Nebelschwaden stiegen vom Fluß auf und die bewaldeten Bergketten jenseits der flachen, brach liegenden Talweitung färbten sich golden. Ich war mit dem alten Ian Turlachen etwas zurückgeblieben, wir unterhielten uns leise. Lustlos und etwas hölzern ritten wir hinter den Anderen her; mein Sitzfleisch schmerzte abermals, in zwei weiteren Tagen scharfen Ritts hatten wir den Damas-See und das Kernland der früheren ostarischen Baronie Brassach durchquert. Auch die Wälder und Hügel der Hohenmark hatten wir hinter uns gelassen, die Siedlungen waren zunehmend kleiner, verstreuter und seltener geworden. Immer häufiger und deutlicher tauchten am Wegesrand die Spuren des Krieges auf: Verlassene Gehöfte, zerstörte Dörfer, Brandruinen. Oft erblickten wir jene flachen, schmalen Erdhügel; jeder Einzelne das Zeugnis eines toten Soldaten, der hier seine junge, im heißen Feuersturm des Krieges schmelzende Kerze aushauchen mußte, um - meist nur notdürftig verscharrt - ein seines Schicksals unwürdiges, namenloses Grab zu finden. Mit beißendem Spott klagte der alte Ian Turlachen um ihr Leid, das sie hatten erdulden müssen in diesem Krieg. Für ihn waren alle Opfer, die er von ihnen verlangt hatte, umsonst gegeben. Unerbittlich nagten seine Worte an den prächtigen Bildern des heroischen und ehrenvollen Kampfes; sie verkehrten die kunstvollen Gemälde der großen Heerführer, so daß sie kopfunter erschienen, um in ironisch verkehrter Gestalt von der Trauer des Luchners zu künden. Er hatte einst seinen Bruder im Krieg verloren.

Mit einer beiläufigen Geste wies sein hagerer Arm auf einen der Erdhügel.

"Man wird den tausendfachen Tod der Gefallenen bald vergessen haben und mit ihm ihr Leben. Umsonst sind sie nicht gestorben, nichts ist umsonst gewesen in diesem grausamen Krieg, ha! Als man den Ödländern ihr Land abgerungen hat, ist das Blut unserer Soldaten geflossen, heligonisches Blut, Blut des Landes, allzu großzügig ist es verschüttet worden; doch nicht umsonst!

Wo waren die starken Arme im Poëna, als die Äcker gepflügt werden sollten? Wo sind die Hände, die in diesen Tagen die Aussaat zuende bringen müßten? Die Felder liegen brach und auch ihre entgangene Ernte wird einst kaum umsonst sein für die Landesherren! Nicht umsonst, vergeblich werden viele Taten sein, verstehst du?

Vergeblich werden die Mühen der Mütter sein, deren Kinder hier liegen. Vergeblich ist ihr Hoffen, steht man vor diesen Gräbern. Vergeben ist das Werben der Mädchen, Vergeben sind Lob und Tadel, Liebe und Mißgunst, nur Erinnerung und Ungewißheit bleiben den Lebenden in der Ferne. Ist es nicht so?"

Auf der Höhe der Bodenwelle, die wir nun fast erreicht hatten, warteten die anderen auf uns. Lara hatte sich in ihrem Sattel aufgerichtet und blickte angestrengt in die Senke jenseits des Hügels.

Seit unserem eiligen Aufbruch in Thalion waren nur wenige Tage vergangen. Ich hatte sie oft beobachtet in den langen Stunden unserer nicht endenwollenden Reisetage. Sie hatte uns getrieben, wie es vor den Ereignissen auf der Eichenburg Todjes Art gewesen war, vielleicht sogar noch mehr. Manchmal hatte sie mich von der Seite angesehen; mit einem Gesichtsausdruck, den ich zwar nicht deuten konnte, der mir aber mehr und mehr unheimlich wurde. Nachdenklich schien sie, vielleicht mitleidig. Ich hatte nie den Mut gefaßt, mich ernsthaft mit ihr zu unterhalten, obwohl meine Neugier von Tag zu Tag wuchs.

Die dünne, senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen hatte ihrem Gesicht stets einen Zug von gespannter Gefaßtheit und Mißtrauen, manchmal auch Unnachgiebigkeit verliehen. Jetzt war sie zu einer tiefen Furche gewachsen. Ian und ich schlossen auf, erreichten die anderen und schauten ebenfalls mit ungutem Gefühl nach vorn.

Und dann, im scheidenden Licht der untergehenden Sonne, sahen wir Brazfurt.

Oder besser, was davon übrig war. Wir sahen, was bleibt, wenn tausende Menschen und Ödländer an einem Tag zum Einen oder den Vieren fahren und nur ihre modernden Leiber zurücklassen, die erstochen, erschlagen, erwürgt, in den Flammen erstickt oder verblutet liegenbleiben, um zuerst von den Ratten und hernach von den Würmern gefressen zu werden und trotzdem auch nach einem Jahr noch unverrückt an dem Ort ihres Verderbens zu liegen; stinkende, faulende Kadaver in rostenden Blechpanzern und gebleichten Lederrüstungen. Wir sahen, was bleibt nach einer Schlacht mit den Ödländern.

Karlon vom Storcheneck