Kalverams Entdeckung

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Ein abenteuerlicher Reisebericht, vorgetragen zur Herrscherbegegnung am 26. Saarka II 45 n.A. III, niedergeschrieben ebenda von Lupert Pfannenblei, Arnacher Ingenieurscorps, veröffentlicht im Trommler, dem freien Nachrichtenblatt der Markgrafschaft Norrland-Brassach, erschienen im 81. Heligonischen Boten im Auftrag von Gilbert von Dachsrode, Anführer der Suchexpedition.


Markgraf Kalveram unversehrt in südnuremburger Kerker gefunden!

Das Absonderlichste, was wir alle jemals erlebt haben ist es sicherlich, die ganze Zeit so getan zu haben als wären wir jemand anders, mit anderem Namen und anderer Herkunft. Aber ich will nicht vorgreifen.

Wir sollten Markgraf Kalveram suchen. Er war, von höchster Stelle autorisiert als Gesandter von König und Primus, im ersten Poëna 40 n.A. III nach Südnuremburg geschickt worden, um über das verzweifelte Hilfegesuch des verbliebenen Nuremburger Adels zu unterhandeln, das König und Primus kurz zuvor erhalten hatten.

Vorbereitungen und Anreise

Man wußte nicht, was uns erwarten würde. Baron Hagen von Grauburg, der ein Jahr nach dem Markgrafen mit der Durchführung einer Suchexpedition beauftragt wurde, blieb genauso spurlos verschwunden. Weil bekannt war, dass sich im Nordwesten gelegentlich Handelsreisende auf den Weg ins südliche Nuremburg machen, veranlasste der König die Aufstellung einer kleinen, als Händlergruppe getarnten Spionagegruppe. An den Planungen und Vorbereitungen waren nur drei Personen beteiligt, Baron Gilbert von Dachsrode, Baron Jareck von Jolberg und Baron Richard von Arnach.

Im späten Saarka des Jahres 43 n.A. III, einen Monat vor unserem Aufbruch, trafen wir uns auf Burg Arnach. Gilbert von Dachsrode und ich waren schon informiert, alle anderen erfuhren erst jetzt, dass sie in nächster Zeit nach Nuremburg reisen und Händler und Handwerker für optische Instrumente sein würden. Wir wurden einander kurz vorgestellt, mussten aber schon am nächsten Morgen damit beginnen, uns mit anderem Namen anzusprechen. Insgesamt waren wir zu siebt:


Federic von Marmond aus Lamorc, Tlamana. Glashändler und Investor
(Gilbert von Dachsrode)

Ritter Tomrik vom Erlenkamm aus Wasserau, Emarania. Kaufmann für Augengläser, Lupen und Fernrohre
(Normund von Lodenburg)

Lupert Pfannenblei, Optiker aus Arnstein, Arnach
Da man annahm, dass ich außerhalb meines Berufs kein bekannter Mann bin hatte ich keinen Decknamen, allein dass ich Optiker des Arnacher Ingenieurcorps auf Burg Arnach bin und vor langer Zeit Baron Jareck von Jolbergs Ordonnanzoffizier während der Unterzeichnung der Jolberger Verträge war, sollte geheim bleiben.

Romsen Sparhafer, Arnsteiner Glasmacher
(eigentlich Weldo Bergfeuer, Escandra. Ein kampferprobter Heliosritter, der es gewohnt ist, Dinge im Sinne des Königs einzuschätzen. Weldo kennt Kalveram von Audienzen am Königshof)

Rander Türnebel, Arnsteiner Glasschleifer
(eigentlich Harkil Kahlbruch, Holzfäller aus Köhlen, Tristenberg. Harkil ist ehemaliger Seesoldat der Ostarischen Marine und ein erfahrener Frontkämpfer. Er kennt Kalveram, weil er bei einer Überfahrt zu seinem Schutz eingeteilt war)

Flissa Kohlbrenner, Handelskontoristin aus Betis
(Ephraima Schunkelbein, Ostarische berittene Eilbeamtin einer Behörde, die uns nicht einmal Jareck von Jolberg nennen wollte)

Gravel Rentano, Logistier aus Betis
(Pernillo Windigmann, ebenfalls berittener Eilbeamter der unbekannten Behörde)


Weil mir klar ist, dass die beiden Eilbeamten manchen geneigten Botenlesern nicht unbekannt sind, möchte ich an dieser Stelle übrigens eines anmerken: Während unserer fast zwei Jahre dauernden Reise haben wir nie wirklich herausbekommen ob Ephraima und Pernillo ein Paar sind oder nicht.

Nachdem wir so detailliert wie möglich eingewiesen wurden, erhielten wir eine umfassende Ausrüstung, Reisekleidung, Maulesel und zwei Karren mit einem Grundbestand an Waren, aber auch einem kompletten Arnacher Ingenieursreisewerkzeugsatz, vorgeschliffenen Linsen, Rohmaterialien, zwei Zelten, einem Ofen - es hat uns nur an einem gefehlt, nämlich an Fachwissen. In den verbleibenden drei Wochen versuchte ich, allen soviel wie nötig über die Glasherstellung, die Glasbearbeitung und die optischen Grundlagen der von uns mitgeführten Augengläser, Lupen und Fernrohre beizubrinngen.

Die Anreise ist schnell erzählt. Wir reisten über Tristenberg und Hohenforingen nach Jolberg, wo wir uns einschifften und flussaufwärts über Härtwigs Hafen nach Kratorpolis segelten. Über die Leomark und Vjoshaven näherten wir uns der Reichsgrenze. Unterwegs führte ich meinen Schnellkursus fort, und wir verkauften auch tatsächlich ein paar Augengläser.

Nuremburg liegt jenseits einer Bergkette, die aus der ohnehin schon sehr hoch gelegenen Landschaft Nordheligonias nicht übermäßig herausragt, dennoch aber schwer zu begehen ist. Jenseits der Berge geht es tagelang bergab, denn Nuremburg liegt viel tiefer als Nordheligonia, darum ist es dort im übrigen auch viel wärmer als um Vjoshaven herum, vergleichbar vielleicht mit Ostarien oder Norrland-Brassach. Über die Berge gibt es nur wenige Pässe, und nur drei davon sind mit Karren befahrbar. Markgraf Kalveram und Baron Hagen haben den mittleren Pass über den Windfall genommen, der in eine Provinz namens Bocksloch führt. Damit haben sie sich für die von Norrland-Brassach aus kürzere Wegstrecke östlich der Ödlande und durch das Ælvkildeland entschieden, wir aber wollten den westlichen Pass nehmen, um als Händler keinen Verdacht zu erwecken. Der dritte Pass befindet sich weit im Osten, er führt über die Kapuasberge in eine entlegene Provinz namens Birkenhardt. Das wäre viel zu weit und auch zu auffällig gewesen.

Brosswiks Zollstraße

Der Weg über den Pass im Westen führt in eine Provinz namens Halt. Er wird Brosswiks Zollstraße genannt, und wer sie begehen will, sollte mindestens zwei, besser drei Tage einplanen. In der Nähe der sehr felsigen Passhöhe gibt es eine sehr klug entworfene und modern gebaute Burg, die direkt über dem steilen Weg liegt. Brosswik ist der Kommandant der Burg, und ohne seine Erlaubnis ist es unmöglich, auf der anderen Seite des Berges lebendig wieder hinunterzukommen. Die Burg scheint schon lange kein Teil von Halt mehr zu sein. Glücklicherweise fand man unsere Waren sehr interessant und so konnten wir beschließen, ein paar Tage zu bleiben, um herauszufinden, was es mit der Brosswik und seiner Burg auf sich hat.

Wir halten es für möglich, dass Brosswik nicht von ehrbarem Stand oder zumindest nicht in legitimer Position ist. Es ist etwas ritterliches an ihm, doch verrät ihn nur seine Rede und sein Gebaren, aber nicht seine Ehre, denn er sieht sich als frei und will keiner Herrschaft dienen. Sein Ausspruch ist von einer Art, dass sie heligonisch sein könnte. Städtisch, vielleicht aus Escandra, Betis oder Hochanthen. Er scheint sich sehr sicher zu fühlen. Die Mächte Heligonias sind fern und aus Nuremburg hat er wenig zu befürchten. Er kontrolliert die Burg noch nicht lange, zehn oder zwölf Jahre vielleicht, aber in dieser Zeit ist es ihm gelungen, mit verschiedenen Fraktionen des zerfallenen Reichens in Kontakt zu treten und sich abzusichern. Ihn zumindest als gewogenen Freund zu wissen mag von Vorteil sein, zumal ein anderer Weg sehr teuer wäre, denn Brosswiks Burg ist im Streit kaum ohne großen Heerbann zu nehmen.

Es scheint, dass Brosswik es nicht zu verhindern beabsichtigt oder vermag, dass eine Vielzahl an Spitzeln auf der Burg zugegen sind. Sie halten ihre Herren darüber informiert, was auf der Burg geschieht, wer in den Norden reist, wer in den Süden, und welche Anlässe es dafür gibt. Manches mal wenden sie sich auch an Brosswik, wenn sie nach dem Gutdünken ihrer Dienstherren eine Durchreise gewährt oder verwehrt sehen wollen.