Leichenfund

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Dieser Artikel des Drachenhainer Herolds, erschienen im Helios-Boten 62, beschreibt die denkwürdigen Umstände, wie die Leichname Fürst Waldemars und der Saarkani Saleena geborgen wurden.


Das Totenboot Quelle: HB, 62

...Dann vernahm ich eine Stimme, die das folgende sagte: „Der neue Herr reiche dem kommenden bekränzten Sichelkrieger aus eigener Hand irden Glanz aus dem Garten. Der Sichelkrieger streue hernach den Glanz in den See, zu Füssen des neuen Herrschers Haus, wenn das Antlitz am höchsten und sage die Worte: Es steige auf das Gebein, das in dunkler Nacht versenkt und nie beweint“ Diese Worte zu ergründen wird fortan Deine Queste sein!"... HB, 60

Es betraten in der Nacht zum 1. Tag des 2. Helios im Jahre 35 n. A. III. zwei Gestalten, aufrecht und in Umhänge gehüllt, das Ufer des drachentrutzer Mondsees. In ihren Händen führten sie große Lampen, deren Licht aber kaum ein Schritt ihres Weges beleuchtete, denn dichte Nebelschwaden wallten sogleich heran und nahmen sie bereitwillig in ihre klamme, undurchdringliche Mitte auf. Das weitgeöffnete Tor der wuchtigen Burgmauer hinter ihnen, ward von einem Moment zum anderen vor ihren Augen im hellen Dunst entschwunden, ebenso wie das Mauerwerk selbst, die Feste Drachentrutz und das Land um sie. So traten sie vorsichtig weiter vorwärts, hörten sanft die Wellen an das riedbewachsene Ufer schlagen, bis ihre Stiefel etwa halbhoch im dunklen, unergründlichen Gewässer standen. „Hier, Ritter Martin!“ sagte der eine und reichte dem Nebenmann einen bestickten Beutel: „Nehmt nun die Handvoll Erde, die aus der rauen Senke der thaler Vogtei Midora stammt, und die im Volksmund „Saarkas Garten“ heißt, und streut sie in den See. Die Herrin Saarka steht nun voll in ihrem Licht, aber vergesst nicht das Verslein zu sprechen, Sichelkrieger!“ „Gewiss nicht, mein Fürst, so sollte die Sache gelingen!“ Der Ritter des Freien Ordens des Lichts zur Sichelmark und einer der Sieger im Schwertkampf am letztmaligen heligonischen Adelstag, kam sogleich der Bitte des Leomar von Drachenhain nach und streute vorsichtig diese seltsame, im Mond aufblitzende Erde in das trübe Nass. Dazu sprach er laut und deutlich die Worte: „Es steige auf das Gebein, das in dunkler Nacht versenkt und nie beweint“. Wellen kräuselten sich, wo `der Glanz´ in den Mondsee hingetaucht war, ansonsten geschah einige Atemzüge lang nichts Aufsehen erregendes. Schon beschlich die Männer banger Zweifel, ob sie in der Auflösung ihrer, von der Vogtin von Mahanel gestellten, Aufgabe vielleicht einen Fehler gemacht hatten, da schien der See vor ihnen mit einem Mal anzuschwellen, ja geradezu, sich aufzublähen. Im Lampenschein entdeckten sie plötzlich im Algengrün des Sees, etwas großes, dunkles von weit unten auf sich zuschwimmen. Die Männer wankten nicht, doch stand ihnen Schrecken und Unbehagen aufs Gesicht geschrieben. Immer näher, von einer unsichtbaren Macht nach oben getrieben, bewegte sich dies „Ding“ geradewegs auf sie zu, bis es endlich mit einem lauten Aufklatschen der Wellen an die Oberfläche gelangte und dort friedlich, wie von sanfter Hand erhoben, im seichten Wasser stand. „Ein Boot, Fürst Leomar, es ist ein altes Boot!“ meldete der verdutzte Ritter. Die beiden besahen sich das Gefährt nun vorsichtig genauer, aus dessen Innern durch große Löcher unaufhörlich Wasser und Algenpflanzen hinausflossen. Die ausgefaserten Ränder und das morsche Bootsinnere waren über und über von Wuchs und Getier des Sees bedeckt – augenscheinlich muss es sich seit langer Zeit auf dem Grund des Sees befunden haben. Endlich fiel ihr Blick auf das saarka-beschienene Innere des Bootes und ein Schreckenslaut entfuhr ihren Mündern. Denn sie gewahrten zwei eng beieinanderliegende, stark modernden Leichname. Mit einem Mal umwehte sie der süßliche Gestank des Todes und Fürst und Ritter mussten sich für einen Moment abwenden. Die Toten indes, blickten sie nur stumm aus toten Aughöhlen heraus an und ihre fleischlosen, knöchernen Münder schienen sie grotesk anzulächeln - gerade so, als dankten sie für ihre Bergung. Die Kleidung der beiden war stark verrottet, doch konnte man noch zwischen dem Wams eines stattlichen Mannes, gegürtet mit aurazithner Schnalle, und der langen Tunika eines mittelgroßen Weibes unterscheiden. Die Frau trug seltsamerweise ein mit Grünspan überzogenes Metallstück als Halsschmuck, das sich bei genauerer Betrachtung aber als ein kunstfertig geschmiedeter Kragen herausstellte. Als das Seltsamste überhaupt sollte sich aber herausstellen, dass Mann und Frau durch feste, kaum durchtrennbare Efeuranken aneinandergefesselt waren und die Toten dadurch wie in inniger Umarmung beieinander lagen. Der junge Fürst schluckte, starrte wie versteinert auf das Totenpaar im Boot. „Was wird nun,“ meldete sich da Ritter Martin vorsichtig zu Wort, ihm fröstelte: „Kennt Ihr diese zwei, mein Fürst, und was ist nun zu tun, bei den Vieren?“ Der Fürst, ruhig und unergründlich wie der See, sprach langsam und leise: „Wer diese sind und was zu tun ist, fragt Ihr. Holt den Kanzler, holt den Burgvogt, holt alle Welt! Und sagt: Blast ab die Suche nach dem alten Fürst, blast ab die Suche nach Mutter Saleena. Sie liegen tot und klamm beieinander, entrissen auf den Wunsch der Götter, aus einem nassen, dunklen Grab! Unterdessen will ich beten und trauern und die Totenwache halten bis ihr wiederkommt!“

Dem Leser ergebenster Diener, Meister Schillwunk „die Feder“ Radeweyd Drachenhainer Hofchronist