Vorstoß des Ostarischen Expeditionsheeres 26 n. A.III

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Ausführlicher Bericht über den Vorstoß des Ostarischen Expeditionsheers in die unbekannten Ödlande seit der Versammlung der Obersten im 3. Helios bis zum heutigen Tage, abgefaßt von dem herzöglichen Hofchronisten Karlon vom Storcheneck (Auszug)


Tag 14

Seit vier Tagen nun haben wir uns von den Heeresteilen unter Kalveram vom Norrland getrennt und dringen, unserem königlichen Auftrag gemäß, am Fuß des Nordmassivs westwärts immer tiefer in die Ödlande vor, ohne bisher auf Widerstand gestoßen zu sein. In jedem von uns sind die Ereignisse der letzten Wochen und Monate noch lebendig - umso gespenstischer wirkt die Szenerie jetzt auf uns. Keiner von uns hatte sich die Ödlande so still vorgestellt. Wälder, Berge, die weiten Heidegebiete und Torfmoorhügel im Norden sind gänzlich ausgefüllt, gleichwie durchdrungen von dieser beängstigenden, allumfassenden und doch nicht greifbaren Stille. Und so läßt auch der Generalzeugmeister Baron Jareck von Jolberg, ohnehin bekannt für seine Vorsicht, immer noch doppelte Nachtschichten über unseren Schlaf wachen und das Gebiet um unseren Troß im Umkreis von 20 Wegstunden durch Spähtrupps absichern.


Tag 15

Abermals hat es heute den Anschein, als würden wir in den nächsten Wochen einen unheilvollen Begleiter bekommen: Von den mit Eis und Schnee bedeckten Berggipfeln her hat der Winter begonnen, sich in die Vorberge herabzusenken. Manche denken offen über eine Umkehr nach – Baron Jareck von Jolberg will davon jedoch nichts wissen.


Tag 16

Unser Vorhaben, in den Wäldern am Fuß der Vorberge zu marschieren, kann nicht weitergeführt werden: Späher berichten, daß eine uns unüberwindliche Schlucht den Weg versperrt. Wir waren in den letzten Tagen des öfteren zu komplizierten Flußüberquerungen gezwungen, und so hat Baron Jareck von Jolberg widerstrebend beschlossen, in dem offeneren Gelände weiter nördlich zu marschieren.


Tag 17

Wieder sind zwei der Wachen im Morgengrauen erfroren aufgefunden worden.


Tag 18

Große Aufregung herrschte heute im Offizierszelt: Eine abgeschlagene Gruppe von Ödlandkriegern wurde von unseren Kundschaftern eine Tagesreise entfernt nordwestlich gesichtet. Der Baron befahl sogleich, sie zu verfolgen und zu stellen; er erwartet sich positive Auswirkungen auf die Moral seiner Armee.


Tag 19

Die Ödländer wurden gestellt: Fünfzig Gefangene konnten gemacht werden, der Rest des Trupps war zu verwundet um weiterzukommen und wurde sich selbst überlassen.

Tag 20

Die gefangenen Ödländer haben sich in einem unehrenhaften Akt der Feigheit allesamt umgebracht. Die Überreste des Gemetzels wurden nicht weiter untersucht; andere Ereignisse beschäftigten den Baron heute in viel größerem Maß: Im Westen tut sich ein weites Tal auf. Die Kartographen erwarten, in etwa zwei Wochen den Jolborn zu erreichen. Das würde uns die Rückkehr nach Ostarien noch vor dem Wintereinbruch garantieren. Wenn jedoch das Tal nicht nördlich umgangen sondern erkundet wird, würde dabei natürlich Zeit verlorengehen.


Tag 21

Die Entscheidung über die weitere Route wird heute getroffen. Eine Gruppe von sieben hochrangigen Offizieren, die sich schon seit längerem für eine Umkehr einsetzten, brachte ihr Anliegen zu dieser Gelegenheit offen vor und verlangten den Abbruch der Expedition. Baron Jareck von Jolberg, der fest entschlossen ist, die Expedition zu einem ruhmreichen Ende zu bringen, war sehr aufgebracht. Er befahl, sofort den Weg in das Tal zu nehmen und enthob außerdem zwei der Aufrührer (er bezeichnete sie als „Meuterer“!) ihres Amtes und setzte sie vorläufig fest.


Tag 22

Wir beginnen, in das zu beiden Seiten von schneebedeckten Bergen gesäumte Tal aufzusteigen.


Tag 23

Die Nacht war ausnehmend kalt. Einer unserer Kundschafter hat sie nicht lebend überstanden. Zu unserer Überraschung stoßen wir am Spätnachmittag auf einen völlig überwucherten Weg. Wir folgen ihm westwärts.

Tag 24

Es hat geschneit in der Nacht. Sogar der Baron denkt über eine Umkehr nach, doch nicht für lange: Die Kundschafter berichten abends über eine Ruinenstadt talaufwärts. Wir werden sie morgen nachmittag erreichen.


Tag 25

Um die Mittagszeit erreichen wir die Ruinenstadt bei strömendem Regen. Sofort befiehlt der Baron, das Gelände zu sichern und außerhalb der Stadt ein Lager zu errichten. Gegen Abend geht der Regen in Schnee über.


Tag 26

Das Wetter ist etwas besser. Heute hatten wir endlich Gelegenheit, die Ruinenstadt zu erkunden. Sie ist zu zwei Seiten von einem Fluß, zu einer Seite von einem See und zu einer Seite von einer Landzunge begrenzt. Von den meisten Häusern sind nur noch die Grundmauern erhalten. Wir vermuten, daß einstmals über 1000 Bewohner hier gelebt haben mögen. Die Stadt muß über aufwendige Verteidigungsanlagen verfügt haben, wohl um die vielen Herrschaftshäuser zu schützen, die offensichtlich in der Stadtmitte gestanden haben müssen. Um die Mittagszeit befiehlt der Baron, die Überreste der Stadtmauer zu sichern, um eventuelle Angriffe von dort zurückzuschlagen. In einigen wenigen erhaltenen Kellerausschachtungen wird nach Hinterlassenschaften der Bewohner gesucht, außerdem wurden Spähtrupps ausgeschickt, um die Region in einem Umkreis von fünf Tagesreisen zu erforschen und zu sichern.


Tag 27

Wir haben einige hochinteressante Entdeckungen gemacht: Einer der noch erhaltenen Keller enthält unter anderem Schriftrollenfragmente, die in uns verständlicher Sprache abgefaßt sind.

1. Rollenfragment:

„... Seht die Bäume,

wie große Kraft in ihnen wohnt!
Sie binden die Mächtigen:
Poena, die in der Erde wohnt
Dort ihre Wurzeln ruhen
Helios, der in der Sonne wohnt
Dort ihr Blattwerk sich reckt
Xurl, der in den Wassern wohnt
Dort ihre Gestalt sich füllt
Saarka, die in den Winden wohnt
Dort ihre Zweige sich wiegen
Seht die Bäume, wie sie erstarken!

...“

2. Rollenfragment:

„... damit sie ein Haus haben in dem wohl gesorgt werden soll für ihre angenommenen Gefährten des neuen Bundes und auch die viel mangen Schriften, deren Hut und Hege ihnen gegeben wird ... aufdaß sie alsbald genennet sey Galtur Stadt unter der Hand des Königs von der Sommersonnwent an ... in der gewiesen sein soll der Stätte Geschick, ob Wohl oder Wehe, in allen Tagen bis zum tausendsten Jahr.“

3. Rollenfragment:

„... auf daß der tapfre Utzgalf sie auslöse aus der Gefangenschaft, denn ein Pfeiler ist er, auf dem sie sich bald stützen mögen in ihrer Not. In seiner Hand liegt ihr Leben wohl behütet wie uns selbst ein steinern Haus bewahret vor der Nacht...“

Beeindruckt von den Funden befiehlt der Baron unseren Pioniertruppen, im Wald Holz für Lagerbaracken zu schlagen. Er ist von dem Gedanken eingenommen, das Kulturerbe der Stadt im Namen unseres Königs Helos Aximistilius des III. für Ostarien in Besitz zu nehmen.


Tag 28

Schneesturm! Wir alle mußten den ganzen Tag in den Zelten ausharren.


Tag 29

Die Pioniere, Kundschafter, Wachen und Suchtrupps gehen ihrer Arbeit nach - es gibt nichts zu berichten.


Tag 30

Das Wetter bleibt ungewöhnlich kalt aber stabil. Der Winter hat sich in die Vorgebirge zurückgezogen. Die ersten Kundschafter kommen zurück: Östlich der Stadt führt ein völlig überwucherter Pfad durch die Wälder an einen noch unbekannten Ort. Südlich gibt es nur eine Lücke in den unüberwindlichen Felswänden: Eine Schlucht, die in die Berge hinaufführt. In ihr ein Pfad, der in deutlich besserem Zustand ist wie der östlich verlaufende. Im Westen steigt das Tal steil an, im Norden senkt sich der Gebirgszug langsam nach Nordosten hin ab. Auf der gegenüberliegenden Seite treten kuriose Salzquellen zutage.


Tag 31

Aufgrund der Erkenntnis, daß der von uns bezogene Landstrich offensichtlich zwar durchaus an die Ödlande grenzt, ihnen jedoch nicht direkt zugerechnet werden kann, weil er allem Anschein nach Reste heligonischer Besiedlung aufweist, hat der Baron im Einvernehmen mit seinen Offizieren den Entschluß gefaßt, die Ruinenstadt für die Vier, den Einen, Heligonia, Ostarien, usw. als nördlichsten ostarischen Außenposten einzunehmen. Sie soll vorläufig - entsprechend dem gefundenen Rollenfragment - Galtur genannt sein. Das von Ostarien beauftragte Söldnerheer hat die Stadt den Winter über zu halten, worauf sie im Frühling zur Besiedlung durch ostarische Bürger freigegeben wird. Zur Belohnung für den ausgezeichneten Dienst der Söldner werden diese bei der Freigabe der Ländereien bevorzugt behandelt; sie sollen eine einmalige Beihilfe in Form von Werkzeugen und Geld bekommen. Die Hilfsgüter werden zusammen mit ihren Angehörigen im Frühling mit einem bewaffneten Versorgungstroß überführt. Das ostarische Heer wird in zwölf Tagen den Rückweg antreten, da das Tal im Westen Galturs in einem für berittene Truppen unpassierbaren Geröllfeld zu einem bereits schneebedecktem Paß ansteigt und der Rückweg daher über Brassach genommen werden muß. Bis zur Abreise wird der Großteil der Streitmacht zu Pionierarbeit herangezogen, um den Söldnern das Überwintern zu ermöglichen. Da der Rückweg über die weiten Ebenen im Norden genommen werden soll (Jareck von Jolberg möchte den vollständigen Rückzug der Ödlandstreitkräfte sicherstellen), rechnen die Geographen damit, bis zum 3. Xurl wieder in heimischen Gefilden einzutreffen.


Tag 32

Das etwa 8 Wegstunden messende Tal hallt wider von den Axthieben der Holzfäller und dem Hämmern der Pioniere. Da das Wetter stabil bleibt, wird überall versucht, die Lagerbauten so schnell wie möglich voranzutreiben. Ausnahmslos alle Männer und Frauen der Armee - sogar der Generalzeugmeister Baron Jareck von Jolberg und seine Offiziere - sinken am Abend des arbeitsreichen Tages erschöpft in ihre Nachtlager.


Tag 33

Aufgrund der hohen Belastung sehen unsere Soldaten offenbar schon Trugbilder: Zwei gelbgekleidete Männer sollen heute im Morgengrauen auf der gegenüberliegenden Seeseite gesichtet worden sein. Ein Suchtrupp, obgleich schnell zur Stelle, fand jedoch keine Spuren. Der Baron hat in seiner vorsichtigen Art sogleich für den morgigen Tag die Erforschung der Schlucht auf der gegenüberliegenden Talseite angeordnet. Die Lagerbauten verlaufen nach Plan.


Tag 34

Baron Jareck von Jolberg selbst ist heute morgen mit einem 100 Mann starken Stoßtrupp in die unbekannte Schlucht eingestiegen. Er will den Pfad erkunden, der sich am Grund der engen Schlucht in die Berge windet und nach möglichen Spuren der beiden Gelbgekleideten vom Vortag suchen. Die Offiziere des Barons versuchten, ihn bei seinem Aufbruch davon abzubringen, die Leitung der Expedition selbst zu übernehmen und schlugen vor, das Kommando wegen der möglichen Gefahren besser an einem anderen Führer zu übertragen, doch der normalerweise für seine Umsichtigkeit bekannte Baron wollte davon nichts wissen.


Tag 35

In leichtem Nieselregen arbeiten wir den ganzen Tag weiter. Um die Mittagszeit können die ersten Winterbaracken bezogen werden, was abends mit einer kleinen Zusammenkunft gefeiert wird.


Tag 36

Ein nebliger, wolkenverhangener Tag ohne besondere Vorkommnisse.


Tag 37

Als sich die Morgennebel lichten, dringen hell und warm die Sonnenstrahlen in unser Tal. Der Offiziersrat beschließt, die Arbeit für einen halben Tag ruhen zu lassen.


Tag 38

Das gute Wetter hält an. Der Tag bringt ein erfreuliches Ereignis: Richtfest in der Ceridischen Kirche. In Ermangelung eines Kirchenbaumeisters und anderen Baumaterialien als Holz wurde der Hauptraum völlig neuartig einem umgekehrten Schiff gleich an acht Pfählen aufgerichtet. Die Kirche soll mit Schindeln verkleidet und mit Teer abgedichtet werden. Diese sogenannte Stabkirche wird in Zukunft nicht nur als Andachts- und Gebetsraum, sondern auch als Versammlungs- und Gemeindezentrum der Ceriden dienen.


Tag 39

Eilends tritt nach Sonnenuntergang der Offiziersrat zusammen: Ein Teil des vor fünf Tagen aufgebrochenen Stoßtrupps kommt ohne den Baron zurück! Vor zwei Tagen, so berichten die verzweifelten Kundschafter, sei eine Kleingruppe, zu der auch der Baron gehörte, im dichten Schneetreiben der Berge verlorengegangen. Zwar wurde eine Gruppe zurückgeschickt, die den Zurückgebliebenen zu Hilfe kommen sollte, doch fehlt von den zwölf Männern und Frauen jede Spur. Sofort wird ein Suchtrupp gebildet, der die Vermißten finden und zurückbringen soll. Um dem weiteren Verlauf dieser bedenklichen Entwicklung besser folgen zu können, beschließe ich, an der Suchexpedition teilzunehmen.


Tag 40

Noch in der Nacht brechen wir auf. Das Tal verengt sich schnell zu einer Schlucht, die nach einigen Wegstunden als Klamm steil ansteigt. Der schmale, aber erstaunlich gut erhaltene Pfad teilt sich den oft nur wenige Fuß breiten Grund der Schlucht mit einem wilden Bergbach, der uns mit viel Getöse entgegenkommt. Im Morgengrauen steigt der Weg noch steiler an und führt schließlich aus der Schlucht heraus, die talaufwärts nach links abbiegt und sich soweit verengt, daß dort wohl kein Pfad mehr durchführen kann. Zu unserer Rechten liegt auf einer Felsnase eine kleine Burgruine - wie geschaffen, das Tal von oben her vor Angreifern zu schützen. Wir machen uns Sorgen... Vormittags setzt leichter Schneefall ein. Der Weg führt jetzt in östlicher Richtung talaufwärts, das Gelände wird langsam offener, der Schneefall nimmt zu. Spätnachmittags treffen wir bei dichtem Schneetreiben den von der Expedition zurückgeschickten Suchtrupp in einem niedrigen, windigen Birkenwäldchen an. Drei Tage lang sind die zwölf Männer und Frauen erfolglos durch den Schnee gestapft. Erschöpft und niedergeschlagen errichten wir in dem Wäldchen unser Lager.


Tag 41

Lange vor Sonnenaufgang bauen wir das Lager ab, um im Morgengrauen schon aufbrechen zu können. Bald kommen wir entsprechend den Schilderungen der Expeditionsteilnehmer in ein weites, baumloses Hochtal, wo wir uns aufteilen und mit der Suche beginnen. Schon am Mittag finden wir drei Zelte mit zwei toten und sieben halb erfrorenen Soldaten, die zu den Versprengten gehören, die mit Jareck von Jolberg vor nunmehr vier Tagen getrennt wurden. Die teils im Fieberwahn irre Redenden berichteten, daß der Baron in seiner unvergleichlich tatkräftigen Art Feuerholz gesammelt haben und vor vielen Stunden aufgebrochen sein soll, um nach jagbarem Wild Ausschau zu halten. Sofort wird das ganze Gelände weiträumig durchsucht, doch von dem Generalzeugmeister fehlt noch immer jede Spur. Enttäuscht und besorgt schlagen wir am späten Abend unser Lager auf. Nachts setzt bei großer Kälte ein Schneesturm ein.


Tag 42

Morgens ist einer der gestern wieder aufgefundenen Expeditionsteilnehmer gestorben. Nachdem der Schneesturm bis Mittags nicht nachläßt, beschließen wir schweren Herzens, die Suche nach dem Baron abzubrechen, da auch uns sonst der Erfrierungstod droht. Erschöpft beginnen wir den langen Rückweg durch die Schlucht. Wir sind verärgert, nach dem langen und höchst erfolgreichen Ödlandfeldzug mit all seinen Wagnissen, Gefahren und Abenteuern nun unseren obersten Kommandanten an einen Schneesturm zu verlieren. Es soll uns nun also nicht einmal gestattet sein, um seinen heldenhaften Untergang zu wissen oder seine sterbliche Hülle in Poënas Garten zu geleiten! Abends kommen wir in der Ruinenstadt an, wo unsere Berichte mit großer Bestürzung aufgenommen werden. Morgen wird der Offiziersrat zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Ein Teil der Offiziere sieht in dem ganzen Vorfall ein Zeichen Saarkas und spricht sich dafür aus, das Unternehmen ganz abzubrechen und mit der ganzen Streitmacht ins heimatliche Ostarien zurückzuziehen. In jedem Fall wird im Morgengrauen nochmals eine Expedition in die Berge starten, um weiter nach unserem Baron zu suchen.


Tag 42, Spätabend/Nacht

Kurz vor Mitternacht schlagen die Wachen Alarm. Am gegenüberliegenden Seeufer werden zwei Laternen gesichtet. Sofort sind die Barrikaden besetzt, doch einer der Laternenträger entpuppt sich als oberster Kommandant unserer Armee, Baron Jareck von Jolberg! In seiner Begleitung befand sich ein wunderlicher, gelbgekleideter Mann jüngeren Alters. Offensichtlich wurden unsere Wachen an jenem Morgen doch nicht durch Trugbilder getäuscht... Große Aufregung und Erleichterung herrschte im Lager, als der Generalzeugmeister unverzüglich anordnete, alle Männer und Frauen hätten sich umgehend bei der Kirche zu versammeln. Was er uns zu sagen hatte, erstaunte ausnahmslos alle.

Nachdem er die neun Versprengten mit Brennholz versorgt hatte, verließ er die Zelte erneut, um nach jagbarem Wild Ausschau zu halten. Nach kurzer Zeit jedoch hatte er wegen des dichten Schneetreibens den Rückweg aus den Augen verloren. Sogleich begann er, nach einem Unterschlupf für sich selbst zu suchen, doch fand er in dem leicht welligen Grund des Hochtals nicht einmal einen Baum. Erst Stunden später konnte er im nachlassenden Schneetreiben die Umrisse einiger verstreut liegender Ruinen ausmachen, die jedoch als Unterschlupf nicht genügt hätten. Bald jedoch machte er in einiger Entfernung einen schemenhaften, einzeln stehenden Berg aus. Er ging auf ihn zu. Umso näher er dem Felsrücken kam, ließ der Schneefall zusehends nach, bis er schließlich ganz aufhörte. Um den rötlichen Fels herum schien das Wetter ruhiger zu sein. Als er einige Zeit auf den Fels zugewandert war, erkannte der Baron ein riesenhaftes Bauwerk auf seinem Rücken. Es glich einer Festung, war jedoch anders gebaut als die ihm vertrauten Befestigungsanlagen in anderen Teilen Heligonias. Er musterte gerade die breite Treppe, die steil zum Haupttor hinaufführte, als er drei gelbgekleidete Männer mit wunderlichen Mützen entdeckte, die ihm winkend entgegenkamen. Der Baron, für seinen gesunden Menschenverstand bekannt, glaubte zwar erst an eine Vision oder ein Trugbild, überzeugte sich dann aber doch von der Echtheit der drei Fremden, als diese näherkamen und ihn mit sonderbarer Sprache willkommen hießen und in ihr Haus einluden. Innerhalb der Festung tauchten noch mehr der sonderbaren Gelbgekleideten auf, die ihm einen seltsamen Tee aus Gewürzen, Milch, Butter und Honig anboten. Sie gaben sich als Mönche eines in Vergessenheit geratenen Ogedenordens zu erkennen und klärten ihn über die Existenz ihrer Klosterfestung auf, die einst mit den anderen Ruinen in der Umgebung in Verbindung gestanden hatte und erklärten ihm außerdem, daß die Schneestürme der vergangenen Tage auf einen Saarkafluch zurückzuführen sind, der sie und den Süden Heligonias vor den Ödlandbarbaren (wie sie die Ödländer nannten) schützen sollte. Danach führten sie ihn kurz durch die Klosterfestung und wiesen dem hungrigen und todmüden Baron nach einem kurzen Mahl eine Schlafkammer mit warmen Decken zu. Nachdem Jareck von Jolberg, ansonsten für seine unermüdliche Art bekannt, am folgenden Morgen zum ersten Mal seit langem den Sonnenaufgang verschlafen hatte, frühstückten er und ein Ordensmann namens Iklan Iondral zusammen. Iondral erzählte von der Geschichte des Ordens und führte den Baron durch den Pailat, wie die Ordensburg von den Mönchen genannt wird. Danach konferierte der Baron lange mit Avtladar Oremon, dem Abt der Gemeinschaft. Abends inspizierte er die umfassende Klosterbibliothek, von der er übrigens mit großer Begeisterung erzählt, daß sie für Heligonia von außerordentlichem geschichtlichem Interesse sei. Hier macht der Baron eine Anmerkung: Galtur, so sagte er, sei der Name einer alten, untergegangenen Stadt am Fuß des Klosterberges. Die von uns wiedergegründete Siedlung hingegen sei als Yaldering bekannt gewesen. Heute morgen schließlich machte er sich zusammen mit Iklan Jhulim auf den langen Rückweg in unser Lager. Da sich die Schneestürme mit unserem Abstieg vollends verzogen hatten, konnten sie die Strecke in einem Tag schaffen. Für den nächsten Tag ordnete er den ohnehin vor zwölf Tagen von ihm befohlenen, unverzüglichen Aufbruch derjenigen Truppenteile an, die mit ihm zurück nach Ostarien sollen.


Tag 43

Frühmorgens sind die Vorbereitungen zum Aufbruch beendet. Der ostarische Generalzeugmeister Baron Jareck von Jolberg, für seine rastlose Art bekannt, macht sich mit dem Gesandten des Klosters und den zur Rückreise bereitstehenden Truppenteilen alsbald auf den langen Weg ins heimatliche Jolberg.


Tag 44

Ein ganz gewöhnlicher Reisetag auf einer uns bekannten Route.


Tag 45


Wir biegen von der alten Route ab: Entsprechend dem Beschluß des Barons werden wir auf unserem Rückweg einige Tagesreisen nördlich der Wälder in den weiten, offenen Grasflächen der Ebenen unterwegs sein, um diese zu erkunden und zu sichern.


Tag 47

Die Berge sind in einige Entfernung gerückt. Es ist sehr still hier, oft neblig, aber nicht mehr regnerisch wie in Yaldering. Das Licht ist sehr diffus, wir wissen nicht genau, wo die Sonne steht. Einzig die Berge sind immer wieder zu sehen und bieten uns Orientierungspunkte.


Tag 48

Der ganze Tag gleicht dem vorhergehenden genau. Wir haben nicht das Gefühl, voranzukommen, sind jedoch, das bestätigen uns die Geographen anhand der sichtbaren Bergumrisse im Süden, gut vorangekommen.


Tag 49

Keine besonderen Ereignisse. Ich beschließe, ab sofort nur noch besondere Vorkommnisse in den Reisebericht einzutragen, da wir ohnehin in einer guten Woche wieder besiedelte Gebiete erreichen.