Der Heilige der ekligen Dinge: Unterschied zwischen den Versionen

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Luchtenwald, Baronie Lodenburg, Ostarien
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„Die kalte Küche ab früh am Morgen besteht heute aus Grütze auf Basis von Wasserlinsen oder Schleimpilzen mit getrockneten Ameisen oder Libellenlarven. Dazu wird Bucheckerbrot gereicht mit einer Marmelade aus Seerosenblüten oder einem herzhaften Wurmaufstrich mit Wolfsfurz.
„Die kalte Küche ab früh am Morgen besteht heute aus Grütze auf Basis von Wasserlinsen oder Schleimpilzen mit getrockneten Ameisen oder Libellenlarven. Dazu wird Bucheckerbrot gereicht mit einer Marmelade aus Seerosenblüten oder einem herzhaften Wurmaufstrich mit Wolfsfurz.
An warmer Speise gibt es ab dem Mittag Maulwurfsgehacktes mit gerollten Hanfblättern oder Knollen vom Igelkolben in blauer Molchsuppe  Als Salat wird grüner Sternstängel mit karamellisierten Sternblumenzwiebeln und herzblättrigem Hechtkraut aufgetragen. Nachtisch sind frittierte Blüten der Saison mit einem Sirup aus Löwenzahn-Blütenkörbchen.
An warmer Speise gibt es ab dem Mittag Maulwurfsgehacktes mit gerollten Hanfblättern oder Knollen vom Igelkolben in blauer Molchsuppe. Als Salat wird grüner Sternstängel mit karamellisierten Sternblumenzwiebeln und herzblättrigem Hechtkraut aufgetragen. Nachtisch sind frittierte Blüten der Saison mit einem Sirup aus Löwenzahn-Blütenkörbchen.
Wie stets kann aber auch Dinkelbrot mit Butter oder eine Buchweizen-Gemüsesuppe bestellt werden.
Wie stets kann aber auch Dinkelbrot mit Butter oder eine Buchweizen-Gemüsesuppe bestellt werden.
Als Getränk empfehlen wir heute Wasser mit Bacharomen, Flechtentee, für den Genießer
Als Getränk empfehlen wir heute Wasser mit Bacharomen, Flechtentee, für den Genießer

Aktuelle Version vom 23. Oktober 2024, 17:08 Uhr

Luchtenwald, Baronie Lodenburg, Ostarien

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Die Vorgeschichte: Der Heilige Furlan

„Alles, was der Eine erschaffen hat, hat er mit Bedacht erschaffen.“

Diesen allgemein gehaltenen Ausspruch des heiligen Hilarius sehen manche Hilariusiten als Ansporn, sich vor allen mit den kleinen, ärmlich wirkenden, als belanglos geltenden oder leicht zu übersehenden Dingen im Leben zu beschäftigen.

Ein Jünger des Hilarius, Furlan mit Namen ging noch weiter und widmete sein Leben der Aufgabe, des Einen Sinn im allem zu entdecken, was gemeinhin für sonderbar, widerlich oder abstoßend gilt. Fäulnis, Schleim und Ausdünstungen aller Art entwickelten sich zu seinem Spezialgebiet und er wurde nicht müde zu betonen, dass die richtige Zusammensetzung des Körperschleims der menschlichen Gesundheit dient und das Leben vieler Tiere erst möglich macht und dass die Fäulnis nur ein Werkzeug des Einen im Kreislauf des Vergehens und Entstehens ist. Er erforschte darüber hinaus auch wenig beliebten Lebewesen wie Insekten, Spinnen und niederes Gewürm, wie Schleimpilze, Flechten und Algen. Darüber hinaus interessierten ihn sonderbare Riten und Neigungen seiner Mitmenschen, solange sie nicht mir Gewalt zu tun hatten, die er ablehnte.

Von Bannkreuzern wurde Furlan deshalb mit dem Spottnamen „Heiliger der ekligen Dinge“ belehnt. Er selbst wies diesen Namen immer zurück, allerdings ausschließlich wegen der Bezeichnung „Heiliger“. Furlan sah sich sein Leben lang als einfacher Diener des Einen. Tatsächlich erlangte er den Rang eines Priors, denn er war in vieler Hinsicht zu begabt für die niederen Ränge. Weitere Beförderungen aber, die durchaus möglich gewesen wären, lehnte er jeweils mit dem Hinweis auf die gute Eignung anderer Kandidaten ab.

Ohne dass es ihm voll bewusst war, galt Furlan unter den Hilariusiten als leuchtendes Vorbild und das wurde hinter den Türen auch von maßgeblichen Vertreten der anderen Orden auf ihre Weise anerkannt. Schon wenige Jahre nach seinem Tode und sicher gegen seine Intentionen wurde er deshalb tatsächlich heiliggesprochen. Die Bezeichnung „Heiliger der ekligen Dinge“ gilt unter Hilariusiten und auch manchen Pretoriusanern seither als Auszeichnung.

Der Wirt: Bruder Libertin

Auch wenn die meisten Hilariusiten die Lehre des heiligen Furlan gutheißen und für sehr hilariusgefällig halten, kümmern sich doch die wenigsten um ihre praktischen Aspekte. Einer dieser wenigen ist Seyfried Hosengasser aus Bray in Emarania, der schon in jungen Jahren unter dem Ordensnamen Libertin ins nahegelegene hilariusitische Kloster Torfstein, ebenfalls in Emarania eintrat – zum Leidwesen seiner Eltern, die ehrbare Betreiber eines kleinen Landgasthofs waren und ihn als Nachfolger ausersehen hatten.

Bruder Libertins Hauptinteressen im Orden wurden zum ersten der Dienst für den Einen an sich, zum zweiten die Lehren des heiligen Furlan und zum dritten die dem Kloster Torfstein angegliederte Landwirtschaft, die die Mönche versorgte. Dabei konzentrierte er sich zunehmend auf dem Pflanzenbau und wurde nach einem Dutzend Jahren zum Leiter des Klostergartens bestallt.

In dieser Eigenschaft begann er auf Basis von Furlans Lehren mit ungewöhnlichen oder als Nahrungsmittel kaum bekannten Kräutern und Pflanzen wie Wolfsfurz und Wasserlinsen zu experimentieren und obwohl nicht alle seine Versuche von Erfolg gekrönt waren, konnte man doch zweifellos behaupten, dass in keinem anderen Kloster in Emarania eine derart exzentrische, aber auch reichhaltige Kost geboten wurde

Seine Vorgesetzten waren sich nie wirklich sicher, ob Libertin für seinen Posten nun besonders geeignet oder nicht ganz geeignet war. Als sich die Frage erhob, wer Vorsteher einer neu zu gründenden ceridischen Rast- und Gaststätte an der Straße von Ankur in den Westen Ostariens werden sollte, fiel die Wahl auch deshalb einstimmig auf ihn. Libertin, der seine Herkunft aus der Gastwirtschaft nie ganz vergessen hatte, nahm diese Aufgabe, die ihm der Eine nun stellte, mit Demut und Freude an und hat nicht mehr zurückgeschaut.

Libertins Arbeitstag ist seither noch voller gepackt als früher und wohl nur deshalb durchzuhalten, weil es sich wirklich um eine Berufung handelt. Er überwacht früh am Morgen die Ansätze der kalten Küche und organisiert später die Zubereitung der warmen Speisen. Nachmittags forscht er in Garten, Wald, Feld und Bach und entwickelt immer neue Speisen und Getränke, außerdem kümmert er sich um den Ansatz komplexerer Alkoholika. Abends steht er in der Wirtsstube und leitet schließlich die Komplet. Wie er auf genügend Schlaf kommt, weiß nur der Eine.

Der Gasthof: Der Heilige der ekligen Dinge

Der Gasthof wurde im Jahr 93 nach der Erleuchtung (30 nach Helos Aximistilius III) bei Luchtenwald in Lodenburg an der Straße von Lodenstadt über Oraneck nach Ankur gebaut. Er liegt in Sichtweite des Ortsausgangs Richtung Oraneck am Rande eines kleinen Wäldchens und gehört letztlich nach Überzeugung sowohl der Hilariusiten als auch der Ortseinwohner zu Luchtenwald dazu.

Die geräumige Gaststube ist annähernd quadratisch. Drei der vier Ecken werden von mächtigen Bäumen gebildet, die vierte Ecke, schräg zur Straße gelegen, bildet den Eingang, mit einem davor liegenden Windfang. Zwischen den Bäumen und zum Ausgang befinden sich sorgfältig gezimmerte Holzwände. Zu Beginn war die Abdichtung zu den Bäumen schwierig, diese stemmen sich aber mit den Jahren zunehmend in die Wände und die sonstigen Dämmmaßnahmen wurden optimiert. Im Bereich des hinteren Ecke befindet sich der Ausschank. Von hier führen auf beiden Seiten Türen zu den Küchen: straßenseitig zur geschlossen gebauten Winterküche, gegenüber zur offenen Sommerküche.

Für Bau, Einrichtung und Unterhalt wurde dem Orden ein beschränktes Recht auf Nutzung des anliegenden Waldes eingeräumt und so ist die Einrichtung ganz aus massivem Holz. Natürliche Unregelmäßigkeiten wurden dabei geglättet, aber nicht entfernt und so gleichen kein Tisch und keine Sitzgelegenheit der anderen. Straßenabseits stehen vor dem Gasthof weitere Tische und Bänke für die warme Jahreszeit.

An den Wänden finden sich neben einen großen Kreuz jeweils eine Statue und eine Abbildung des Heiligen Hilarius und des Heiligen Furlan sowie Kopien von Zeichnungen und Schriftstücken, die auf die beiden zurückgehen.

Die obere Etage ist recht verwinkelt gebaut, weil sie sich an die zunehmenden Verästelungen der drei Bäume anpasst. Sie bietet einfache Übernachtungsmöglichkeiten. Es gibt einen größeren Gemeinschaftssaal für männliche und einen kleineren für weibliche Gäste sowie einige Zimmer für Ehepaare oder höher gestellte Besucher.

Die Sommerküche geht über in das eigentliche Reich von Libertin: Kräutergarten und Erdbeete, Nutzteich und Bachbeete, Insektenhaus und Gewürmerei. Jenseits des Baches liegen zum Wald hin die Schwamm- und Flechtenbänke, zum Dorf hin Felder mit eher klassischem Anbau von Gemüse und Korn.

Die Speisekarte: Wagnis und Aushängeschild

An der Speisekarte erkennt man am besten, dass die Taverne ihren Namen zu Recht trägt. Wenige der Gerichte wird der Gast aus anderen Wirtschaften kennen und wenige wird er beim nächsten Besuch in gleicher Form wiederfinden. Zubereitet wird immer das, was Garten, Feld, Wald, Teich und Bach frisch hergeben; im Winter ergänzt durch haltbare Kost aus dem Speicher. Insgesamt ist das Angebot äußerst vielseitig und so können hier nur Beispiele gegeben werden.

Kalte Küche gibt es bereits mit Öffnung der Bewirtschaftung eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang, spätestens nach der Prim.

Stets wird eine Grütze geboten, die auf Basis von Wasserlinsen (die beliebte Entengrütze), Schleimpilzen oder Froschlaich hergestellt werden, aber auch einfach aus vergorener Milch bestehen kann. Die Einlage besteht aus getrockneten Ameisen oder anderen Insekten, gerne aber auch aus Fadenalgen oder Libellenlarven.

Dazu wird Brot gereicht, gebacken aus Hanf-, Buchecker- oder Haselnussmehl, dazu eine Marmelade aus Seerosenblüten, eingelegte grüne Walnüsse oder ein herzhafter Wurmaufstrich mit einer Prise Wolfsfurz.

Wer die Speise des jeweiligen Tages nicht schätzt, bekommt auch Brot aus verschiedenen, aber einigermaßen gängigen Getreiden mit simpler Butter - aus Kuhmilch.

Nach der Sext, also ab Mittag, gibt es auch warme Speisen. Diese haben meist einen Fleischanteil wie Maulwurfsgehacktes, blaue Molchsuppe oder, wenn die Schlangenfalle zuschnappt, Natter pochiert oder vom Grill. Als Beilagen dienen etwa Knollen vom Igelkolben, geröstete Grillen oder gerollte Hanfblätter. Auch Salate gibt es, so besteht der beliebte Sternensalat aus grünem Sternstängel mit karamellisierten Sternblumenzwiebeln, gewürzt mit herzblättrigem Hechtkraut.

Manchmal werden auch in anderen Regionen traditionelle, aber in Ostarien kaum bekannte Gerichte zubereitet wie gefüllte Krähe Darianer Art, Hochlandgras im Schaf oder luchnische Feldhamsterstew mit ganzen Hamstern. Der Bruder Cellerarius aus dem Kloster Torfstein ist ein alter Freund von Libertin und beschafft, falls Platz bei Transporten ist, gerne haltbare Zutaten aus entfernteren Teilen Heligonias.

Auch die verwendeten Gewürze sind oft in anderen Landesteilen durchaus gängig, wie das bereits erwähnte Wolfsfurz aus dem Drachenhainer Hochland oder rotes Görenkraut aus dem Ödland.

An süßen Nachtischen gibt es zum Beispiel überzuckerte Malve oder frittierte Blüten der Saison mit einem Sirup aus Löwenzahn-Blütenkörbchen.

Auch zur angebotenen warmen Küche gibt es immer eine gewöhnlichere Alternative, meist eine Suppe mit Buchweizen oder Dinkel und Gemüse der Saison.

An Getränken wird stets Wasser gestellt, pur oder mit verschiedenen Bach-, Wald- und Feldblütenaromen und Tees auf Schwamm- oder Flechten-, aber auch Blüten- und Beerenbasis.

Alkoholika gibt es fast jeden Geschmacks und jeder Stärke, von Hanfblütenbier und Morchel-Ale über Dattelwein (wenn eine Lieferung eintraf) und Gurkenlikör bis zu Dill-Rosmarin-Geist mit eingelegten Hirschkäfern. Favorit der Einheimischen ist aber ein Schnaps aus Wasserlinsen, die Scharfgrüne Ente.

Der Heilige Furlan hat auch auf dem Gebiet der Heilkunde geforscht. Dies ist nicht Libertins Hauptinteresse. Insbesondere drei Kuren hält er aber regelhaft vor, für kranke Reisende, aber auch für das Personal und für Einheimische. Durchfall und Magen-Darm-Erkrankungen kuriert Libertin mit Heilschleim auf Pilzbasis, nach einem Geheimrezept Furlans selbst, das in der Taverne nur zwei weitere Mönche kennen. Bei Erkältungen werden innerlich und inhalativ klassische Thymian- Holunderbeer- und Beifuß-Sude angewendet, angereichert mit einigen Zutaten aus Insekten- und Gewürmhaus. Gegen Verletzungen und Schmerzen hilft warmes Hanfbier mit Hummelhonig, Mauerpfeffer und gemahlenem Mohn.

Die Gäste: Reisende, Experimentierfreudige und Einheimische

Das Publikum ist deutlich vielfältiger als Unkundige denken und als die Hilariusiten bei der Gründung erwartet haben.

Zielgruppe waren ursprünglich ceridische Reisende, denen eine religiös geprägte, aber doch flexible und an verschiedene Bedürfnisse angepasste Heimstatt auf ihrem Weg geboten werden sollte. Diese Gruppe war und blieb auch wichtig, stellt aber nicht einmal die Hälfte der Gäste.

Eine Untergruppe dieser Reisenden besteht aus Pilgern und Büßern. Der Weg von Lodenstadt, aber auch von Emarania oder Hohenforingen über Oraneck in die Erzmark führt durch Luchtenwald. Nach Ankur zu pilgern, gilt in Ostarien als dem Einen wohlgefällig. Die Erzmark und Ankur sind aber stark durch Templer und Bannkreuzer geprägt, so dass Pilger, die sich eher an Hilarius oder Pretorius orientieren, über eine entspannende, ihnen nähere stehende Zwischenstation froh sind. Büßer stellen den Aspekt der niedrigen, armselig erscheinenden „Furlanskost“ in den Vordergrund, schätzen aber insgeheim, dass diese im wesentlichen von Bruder Libertin entwickelte Kost deutlich angenehmer und gehaltvoller ist als die üblichen kargen Büßermahle.

Die zweite, vor allem in der wärmeren Jahreszeit relevante Gruppe besteht aus experimentierfreudigen, eher weltlich orientierten Ceriden, aber auch Ogeden und Andersgläubigen, die einmal etwas völlig Unbekanntes ausprobieren wollen. Zwei Sommer lang war es eine Art Mode, sich im „Heiligen der ekligen Dinge“ in Gruppen mehrere Tage in Folge durchzufuttern. Es begann mit einer Reisegesellschaft aus Jolbruck, von dort schwappte der Trend weiter nach Herzogenbruck und Lindfurt bis nach Betis. Der Tavernenmannschaft wurde es zum Teil zu viel, Libertin sah es aber auch als Segen des Einen. Mittlerweile hat sich dieser Besuch wieder auf ein annehmbares Maß reduziert.

An dritter Stelle ist die sehr heterogene Gruppe derer zu nennen, die keine Ahnung haben, auf was sie sich einlassen. Vor allem Reisende, deren Weg länger dauerte als gedacht oder die noch spät unterwegs sind, erreichen aus Richtung Ankur als erstes die vor Luchtenwald selbst gelegene Raststätte und kehren zügig ein. Einige wenige Besucher werden auch durch den ungewöhnlichen Namen verlockt.

Zur vierten Gruppe zählen preisbewusste Gäste, vor allem Stammgäste, die den „Heiligen“ als günstigste Gaststätte, Taverne oder Übernachtungsmöglichkeit am Ort schätzen. Hierzu zählen einerseits sparsame oder schlechter situierte Ceriden wie Ogeden, die die Route durch Luchtenwald regelmäßig zurücklegen und andererseits Ortsansässige mit knappem Geldbeutel, überlappend zu einer weiteren Gruppe.

Diese fünfte und letzte Gruppe besteht aus Einheimischen, die nach der Arbeit gerne in eine Taverne einkehren, aber maßvolle Geselligkeit wilden Gelagen und Raufereien vorziehen. In der Regel sind sie nicht oder nur gelegentlich an Experimentalkost interessiert, wissen aber, welche Getränke ihnen munden und bestellen eigentlich immer dasselbe.

Der Tagesablauf: Orientierung an den Stundengebeten

Die ceridisch-klösterliche Prägung des „Heiligen der ekligen Dinge“ zeigt sich vor allem im Tagesrhythmus, der sich an den ceridischen Stundengebeten orientiert und an der ausschließlich aus Mönchen und Nonnen bestehenden Belegschaft.

Die Bewirtschaftung beginnt mit kalten Speisen und Getränken in den Sommermonaten eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang, in der kälteren Jahreszeit nach der um sechs Uhr stattfindenden Prim. Die warme Küche öffnet nach der Sext um die Mittagszeit.

Abends können warme Speisen bis zur zehnten, kalte bis zur elften Stunde bestellt werden, Getränke bis Viertel nach elf. Die letzte Runde wird jeweils durch einen Gong angekündigt.

Eine Viertelstunde vor Mitternacht erfolgt eine Ansage: „Der Heilige der ekligen Dinge schließt in zehn Minuten. Bitte beendet Euer Mahl.“ Zehn Minuten vor Mitternacht spricht Libertin selbst folgende mittlerweile traditionelle Formel: „Der Heilige der ekligen Dinge schließt in fünf Minuten. Wer jetzt sein Mahl nicht gegessen hat, möge es stehen lassen. Wer jetzt nicht ausgetrunken hat, möge dies in einem Zug tun. Bitte verlasst anschließend die Gaststube, damit sie abgeschlossen und hernach um Mitternacht die Komplet gefeiert werden kann. Wer sich hierzu anschließen will, ist willkommen. Die Gaststube wird morgen eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang wieder für Euch geöffnet.“ Der Schlusssatz lautet im Winter: „Die Gaststube ist morgen nach der Sext wieder für Euch geöffnet. Ihr seid auch schon zur Teilnahme an der Sext willkommen.“

Die Stundengebete sind für die Belegschaft Pflicht und finden bei jedem Wetter draußen statt, im oder vor dem Kreuzgang zwischen Kräutergarten und Außenbetischung. Gestaltung und Zeiten sind an die Bewirtschaftung angepasst, hierfür gibt es genehmigte Abweichungen zum üblichen Ritus. Die Laudes findet statt, bevor die kalte Küche vorbereitet wird, das ist eineinhalb bis spätestens eine Stunde vor Öffnung des Betriebs, also zu wechselnden Zeiten. Durch die vielfältigen Rhythmen ist nicht sie das frühe Hauptgebet sondern die Terz um 9 Uhr. Prim, Sext und Non sind zu den üblichen Zeiten (6, 12 und 15 Uhr), aber auf sechs Minuten verkürzt. Die Vesper ist relativ früh um 18 Uhr. Nach Ladenschluss beendet die Komplet um Mitternacht den Tag, allerdings wird danach noch aufgeräumt.

Da praktisch rund um die Uhr in relativ flexiblen Schichten gearbeitet wird, erhalten die früh Tätigen Dispens für die Komplet, die spät Tätigen für Laudes und Prim. Die einzige zusätzliche Ausnahme gilt für Küchenverantwortliche, während die warme Küche vorbereitet und gestellt wird (Dispens für je eine Person für Sext, Non, Vesper).

Zu den Stundengebeten wird der Gastbetrieb jeweils unterbrochen (Prim, Sext und Non zehn bis fünfzehn Minuten, Terz und Vesper dreißig Minuten). Belegschaft und Gäste, die teilnehmen wollen, sammeln sich im Kreuzgang. In dieser Zeit werden kein Bestellungen aufgenommen oder aufgetragen. Zwischen Ende der Vesper gegen halb sieben Uhr abends und dem Bewirtungsende kurz vor Mitternacht entstehen durch die geänderten Zeiten keine Pausen.

Betrieb, Belegschaft, Erfolg: Ein ungewöhnliches Gesamtkonzept

Das ursprüngliche, sehr einfach gehaltene Konzept des Gasthofs war, eine Ruhestätte zu bieten für Pilger aus dem Westen Ostariens nach Ankur. Es geht noch auf die Zeit zurück, als die Baronien Lodenburg, Emarania und Hohenforingen zu Teemoranien vereinigt waren. Bereits damals wurde als Standort Luchtenwald nahe der Grenze zu Oraneck ausgewählt.

Die Umsetzung erfolgte erst Jahre später, als Lodenburg längst wieder selbstständig war und der Ansatz war deutlich vielseitiger im Sinne einer klösterlich geprägten Gast- und Raststätte für ceridische Reisende. Im weiteren Verlauf entwickelte sich auch ein Tavernenbetrieb für Reisende und Einheimische, die gesittete Geselligkeit bevorzugen.

Eine an den Lehren des Heiligen Furlan orientierte Kost war nie Teil des Konzepts, wurde von Bruder Libertin aber von Anfang an geplant und umgesetzt. Auch der für viele kaum einladende Name „Der Heilige der ekligen Dinge“ geht auf Libertins Initiative zurück. Dass er ihn durchsetzen konnte, zeugt von größerer Macht im Orden als ihm nach seinem Posten eigentlich zusteht– oder aber von einflussreichen Gönnern.

In der Anfangszeit gab es einige Male Ärger mit nicht ceridischen Gästen, die den klösterlich geprägten Tagesablauf und das ungewöhnliche Essen nicht akzeptieren wollten oder sich daran stießen, dass ein Gast bei den leisesten Anzeichen von Trunkenheit keine weiteren alkoholischen Getränke mehr erhält. Inzwischen achten selbst die wenigen ogedischen Stammgäste auf Einhaltung der weitgehend ungeschriebenen Regeln.

Die Belegschaft ist gut besetzt und rekrutiert sich aus dem Kloster Torfstein in Emarania und anderen ostarischen Klöstern mit pragmatischen Vorstehern. Diese wissen, dass manche Novizen, wiewohl gläubig und arbeitsam, nicht dauerhaft für das strenge, abgeschiedene Klosterleben geschaffen sind. Wirtschaft, Gästehaus, die angrenzenden Felder und auch Libertins theoretische und praktische Forschungsarbeit zur Lehre des heiligen Furlan bieten hingegen vielfältige Aufgaben und den Kontakt mit buntem Publikum. Durch diese Alternative bleibt mancher, der das Gelübde sonst nicht abgelegt hätte, dem Orden erhalten. Es heißt, das entsprechende Kandidaten bereits früh behutsam in diese Richtung geleitet werden. Ob das zutrifft, ist nicht bekannt.

Das von vielen anfangs kritisch gesehene Modell hat sich seit langem durchgesetzt. Der „Heilige der ekligen Dinge“ ist nicht nur von den Besucherzahlen, sondern auch wirtschaftlich ein Erfolg.

Erster Grund hierfür sind die günstigen Bedingungen, die bei der Gründung ausgehandelt wurden, Nach den Wirren um die Herrschaft von Teemon von Hohenforingen und die Pustelplag waren die Ortsansässigen froh über einen Anker der Stabilität und gaben Grundstück und Felder umsonst sowie ein begrenztes, aber dauerhaftes Nutzungsrecht des angrenzenden Waldes.

Zweitens war der Bauplatz an der Straße nach Ankur, kurz vor Luchtenwald auch im Nachhinein klug gewählt. Die Straße ist seit vielen Jahren wieder stark frequentiert und die geringe, aber vorhandene Entfernung zum Ort bietet dem Betrieb viele Freiheiten.

Drittens ist die komplette Belegschaft aus dem Orden und erhält keinen Lohn. Nur selten, insbesondere zur Erntezeit werden zusätzliche helfende Hände aus Luchtenwald benötigt, die aber in Naturalien bezahlt werden.

Schließlich ist Bruder Libertin eine Persönlichkeit mit großer und gewinnender Ausstrahlung; er weiß sowohl gut zu erzählen als auch zuzuhören. Jeden Abend pendelt er zwischen Küche und Gaststube, sorgt dafür, das alles läuft und plaudert mit den Gästen. Er ist sich aber auch nicht zu schade, hinter den Kulissen mit anzupacken und sich um Fragen und Nöte der Brüder und Schwestern zu kümmern und hält so seine Mannschaft bei der Stange.

In der Zusammenschau ist „Der Heilige der ekligen Dinge“ sicher eine der ungewöhnlichsten Tavernen-, Gast- und Raststätten in Ostarien und ganz Heligonia und zumindest einen Besuch wert.

Das gestrichene Kapitel

wurde zum Glück noch rechtzeitig entfernt und hängt jetzt in der Taverne „Zu den nicht ganz so Heiligen“ an der Wand.

Die Kurzversion

„Der Heilige der ekligen Dinge“ ist ein ceridischer Rast- und Gasthof mit Tavernenbetrieb bei Luchtenwald in der Baronie Lodenburg.

Der Name geht zurück auf den Heiligen Furlan, einen Hilariusiten, der die Betitelung zunächst im Spott erhielt; seit langem wird sie aber durchaus anerkennend verstanden. Furlan widmete sein Leben der Aufgabe, des Einen Sinn im allem zu entdecken, was gemeinhin für sonderbar, widerlich oder abstoßend gilt: Fäulnis, Schleim und Ausdünstungen aller Art, Insekten, Spinnen und niederes Gewürm, Schleimpilze, Flechten und Algen.

Der Wirt des „Heiligen der ekligen Dinge“, Bruder Libertin, ist in einem Landgasthof aufgewachsen, wurde dann Hilariusit und Anhänger der Lehre des Heiligen Furlan und im Kloster Torfstein schließlich Leiter des Klostergartens. Dort begann er mit ungewöhnlichen Kräutern und Pflanzen zu experimentieren und eine vielseitige, exzentrische, aber auch reichhaltige Kost zu entwickeln. Als Vorsteher einer ceridischen Rast- und Gaststätte war er eine logische Wahl.

Erbaut wurde der Gasthof im Jahr 93 nach der Erleuchtung (30 nach Helos Aximistilius III). Die geräumige Gaststube ist ganz aus Holz errichtet, an drei der Ecken sind mächtige Bäume in die Wände integriert. Auch die Einrichtung ist aus massivem Holz, das wie gewachsen verbaut wurde, alle Möbelstücke sind somit unterschiedlich. Vor dem Gasthof stehen weitere Tische und Bänke für die warme Jahreszeit. An den Wänden finden sich Memoralien, die auf die Heiligen Hilarius und Furlan verweisen.

Die obere Etage bietet einfache Übernachtungsmöglichkeiten, je einen Gemeinschaftssaal für männliche und weibliche Gäste sowie einige kleinere Zimmer. Hinter dem Gasthof befinden sich Winter- und Sommerküche sowie das eigentliche Reich von Libertin: Kräutergarten und Erdbeete, Nutzteich und Bachbeete, Insektenhaus und Gewürmerei. Schwamm- und Flechtenbänke, Wald und Felder.

Die Speisekarte bietet ein täglich wechselndes, vielseitiges und – sich auf Furlan berufend – exzentrisches Angebot an frischer Kost, von der hier nur ein Beispiel geboten werden kann.

„Die kalte Küche ab früh am Morgen besteht heute aus Grütze auf Basis von Wasserlinsen oder Schleimpilzen mit getrockneten Ameisen oder Libellenlarven. Dazu wird Bucheckerbrot gereicht mit einer Marmelade aus Seerosenblüten oder einem herzhaften Wurmaufstrich mit Wolfsfurz. An warmer Speise gibt es ab dem Mittag Maulwurfsgehacktes mit gerollten Hanfblättern oder Knollen vom Igelkolben in blauer Molchsuppe. Als Salat wird grüner Sternstängel mit karamellisierten Sternblumenzwiebeln und herzblättrigem Hechtkraut aufgetragen. Nachtisch sind frittierte Blüten der Saison mit einem Sirup aus Löwenzahn-Blütenkörbchen. Wie stets kann aber auch Dinkelbrot mit Butter oder eine Buchweizen-Gemüsesuppe bestellt werden. Als Getränk empfehlen wir heute Wasser mit Bacharomen, Flechtentee, für den Genießer Hanfblütenbier, Gurkenlikör oder Scharfgrüne Ente. Morgen könnt Ihr Euch auf ein traditionelles Drachenhainer Gericht freuen: Hochlandgras im Schaf.“

Das Publikum ist überraschend vielfältig. Ein Gutteil besteht natürlich aus Reisenden, die eine betont ceridische Heimstatt schätzen, darunter Pilger und Büßer. Vor allem im Sommer kommen aber auch experimentierfreudige, eher weltlich orientierte Ceriden, Ogeden und Andersgläubige, die einmal etwas völlig Unbekanntes ausprobieren wollen. Manche Gäste kehren auch hier ein, weil sie wenig Geld haben (der „Heilige“ ist der günstigste Gasthof der Gegend) oder weil dies die erste Raststätte in Lodenburg an der Straße von Ankur ist. Letztlich wird der Tavernenbetrieb gerne von denjenigen Einheimischen genutzt, die sich an maßvoller Geselligkeit erfreuen.

Der Tagesablauf orientiert sich an den ceridischen Stundengebeten. Vor Sonnenaufgang, aber spätestens nach der Prim wird die Bewirtschaftung mit der kalten Küche geöffnet, mittags nach der Sext gibt es warme Küche. Abends schließt die Gaststube kurz vor der Komplet um Mitternacht. Die Stundengebete sind für die Belegschaft Pflicht und finden im oder vor dem Kreuzgang statt. Gäste, die teilnehmen wollen, sind willkommen. Zeiten und Dauern sind an die Bewirtschaftung etwas angepasst. Der Gastbetrieb wird für Sext, Terz, Non und Vesper unterbrochen, in dieser Zeit werden kein Bestellungen aufgenommen oder aufgetragen.

Aus der ursprüngliche geplanten Ruhestätte für Pilger ist letztlich ein vielseitiger Betrieb geworden: eine klösterlich geprägte Gast- und Raststätte für (nicht nur) ceridische Reisende, ein Tavernenbetrieb für Reisende und Einheimische und ein nicht mehr geheimer Tipp für Liebhaber ungewöhnlicher Kost. Insbesondere Letzteres wie auch den Namen hat der Wirt Bruder Libertin um- bzw durchgesetzt.

Die Belegschaft rekrutiert sich aus dem Kloster Torfstein in Emarania und anderen ostarischen Klöstern mit pragmatischen Vorstehern, die hier gläubige und arbeitsame, aber nicht dauerhaft für das abgeschiedene Klosterleben geschaffene Brüder und Schwestern unterbringen.

Der von Zustrom wie Wirtschaftlichkeit unerwartete Erfolg hat mehre Gründe: Gute Startbedingungen (Grundstück und Felder erhielt das Kloster gratis), die günstige Lage, eine Belegschaft, die nicht bezahlt werden muss und den Wirt Bruder Libertin mit seiner großen und gewinnenden Ausstrahlung.

In der Zusammenschau ist „Der Heilige der ekligen Dinge“ sicher eine der ungewöhnlichsten Tavernen-, Gast- und Raststätten in Ostarien und ganz Heligonia und zumindest einen Besuch wert.


Kritiken

  • „Die pochierte Natter ist ein kulinarischer Leckerbissen - sehr zart und schmeckt nach Hühnchen.“

Hilaria, Ordensschwester im Kloster Gregorsruh

  • „Die merken immer erst nach der achten Ente, dass ich echt genug habe. Vielleicht drückt Bruder Libertin auch ein Auge zu, weil ich seit 20 Jahren herkomme und nie Ärger gemacht habe.“

Rambert, Knecht aus Luchtenwald

  • „Habe ich noch nicht erlebt. Komm ich rein, sage ich: Bin Vegetarierin, esse nichts, wofür jemand sterben musste. Sagt Schwester Anamaria hinter der Theke: Trifft sich gut. Heute gibt es Kuhplazenta, da muss sogar jemand geboren werden.“

Berenike am Anda, Betis



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