Im Kohleschuppen
Es ist kein Geheimnis, dass ein Aufenthalt im Guten Arzt unweit von Fürstenbrück, Südescandra kein Zuckerschlecken ist. Zucker ist dort nämlich verboten. Ebenso wie das köstliche heligonische Bier, beschwingender Wein, belebender Kaffee, Rauchwerk oder was an Speisen und Getränken Vergnügen bereiten und die Sinne erfreuen mag. Man kann aus dem "Guten Arzt" hinausgeworfen werden für den Besitz eines einfachen Rauchschinkens!
Doch es gibt eine Zuflucht. Sie ist streng geheim, und der geneigte Leser sei ermahnt, äußerstes Stillschweigen zu bewahren. Wer zur rechten Gelegenheit Murbel Zwergbräter, das Faktotum der Anlage, auf den Kohleschuppen anspricht, wird auf eine Uhrzeit und einen Schuppen hingewiesen werden. Man merke sich beides genau, denn es gibt in der nach außen abgeschlossenen Anlage des "Guten Arztes" sieben Schuppen, allesamt an der Außenpalisade gelegen. An vier Abenden in der Woche wird in einem der Schuppen eine Taverne zu finden sein, in der es ein außerhalb der Palisade unbedeutendes, innerhalb aber unübertreffliches Angebot gibt: Rebenhainer Traubenblut, süßen Honigmeth aus Tatzelfels, dunkles Bier aus Dunkelstein, Rauchschinken aus der Erzmark, Salzfisch aus Vjoshaven, Honigdatteln aus Sedomee, feinstes Rauchkraut aus Darian. Die Taverne hat bis zur elften Stunde geöffnet (das ist sehr lang in der Umgebung des "Guten Arztes"!), und sie ist den Umständen entsprechend spärlich ausgestattet. Es gibt Klappbänke und Klapptische, eine Kerze pro Tisch und zwei Kerzen am Klapptresen. Es darf nicht gesungen oder laut gesprochen werden. Kommen und Gehen ist nur einzeln erlaubt. Die Preise sind unerhört, aber zahlbar für die Kundschaft, denn der "Gute Arzt" ist bekanntermaßen eine Heilanstalt für bessergestellte Heligonier, die für ihre Gesundheit weder die erforderlichen mentalen und körperlichen Anstrengungen noch den finanziellen und zeitlichen Aufwand eines Aufenthalts scheuen.
Wirt des Kohleschuppens wäre offiziell Stratus van Rodevergk, der Verwalter der Meierei des "Guten Arztes" - allein die Existenz wird natürlich von allen wohlwollend abgestritten, offiziell auch von der Wirtszunft. Am Klapptresen hat man meist mit van Rodevergks Handlanger Murbel Zwergbräter zu tun. Er ist freundlich zu allen, die Stillschweigen bewahren, in Dukaten bezahlen und ein angemessenes Trinkgeld abschätzen können.
Es gibt einen besonderen Service für alle, die sich mit Stratus van Rodevergk besonders gut verstehen. Jeder der Schuppen hat eine geheime, einfallsreich verborgene Verbindung nach außerhalb. Wer also möchte und zu zahlen gewillt ist, kann Besuch empfangen. Ob Ehemann oder -weib, Kurtisane oder Lustknabe - es zählt nur Verschwiegenheit und Diskretion, und in einem der anderen Schuppen werden ein Klappbett, eine brennende Kerze und zwei Becher Schaumwein warten.
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