Die Geschichte von Steina und Jôrund

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Vor langer Zeit lebte ein Fallensteller namens Jôrund mit seiner Frau Steina am Rande der Drachenzinnen. Jeden Tag ging Jôrund fröhlich pfeifend oder ein Liedlein singend in den Wald, um seine Fallen zu überprüfen oder neue Fallen auszulegen. Eines Tages, die Ausbeute an Fellen war schon besonders groß, da meinte er einen Geißbock in einer seiner Fallen zu sehen. Als der junge Mann näher kam, um das Tier zu befreien, drehte der Bock seinen Kopf zu ihm um.

Der Fallensteller erschrak, denn was dort in seiner Falle steckte, war kein gewöhnlicher Geißbock. Der Oberkörper war der eines Mannes und wohl hätte er auch aufrecht gehen können, wäre er nicht gefangen gewesen. Jôrund wollte davonlaufen, als der Bocksmann ihn bat, ihn doch zu befreien. Der Fallensteller kam vorsichtig näher und machte sich daran, die Falle zu öffnen. Als das seltsame Wesen frei war, fragte es, was das denn für Felle an seinem Gürtel seien. Jôrund, nun wieder etwas mutiger, prahlte mit seinem guten Fang. Der Bocksmann blickte auf die Falle und dann wieder auf den jungen Fallensteller.

„Dann hast Du diese Fallen ausgelegt?“ fragte der muskulöse Halbmensch mit eiskaltem Blick aus seinen ziegenhaften Augen. Jôrund fuhr ein Schauer über den Rücken. Er nickte, seine Kehle fühlte sich plötzlich sehr trocken an. Der Bock nahm etwas, das wie ein flaches Stück Holz mit fünf Löchern aussah, vom Boden auf und setzte es an die Lippen. Jôrund, der sich an eine Geschichte aus seiner Kindheit mit einer Zauberflöte erinnerte, tastete rasch nach seinem Hirschfänger am Gürtel. Er wankte nach vorn und stieß mit seinem Hirschfänger auf den Halbmenschen ein. Dabei streifte er eine Hand des Geißmannes, der daraufhin seine Holzflöte fallen ließ. Jôrund schwankte und fiel vornüber auf das Instrument. Der Bock sprang zurück und zischte: „Verflucht seiest Du mitsamt Deinen Nachkommen.“ Damit verschwand das Wesen hinkend im Wald. Bis der Fallensteller sich aufgerafft hatte, war der Bock nicht mehr zu sehen. Jôrund steckte die seltsame flache Flöte in seine Tasche und machte sich auf den Weg nach Hause.

Als der junge Fallensteller schließlich Stunden später nach Hause kam, war seine Frau verschwunden. Tagelang irrte er im hügeligen Vorgebirge der Drachenzinnen umher und suchte nach Steina. Eines Tages setzte er sich verzweifelt auf einen Stein. Während er nachdachte, was er noch tun könnte, ertastete er in seiner Tasche die flache Bocks-Flöte. Er nahm sie und begann darauf zu spielen. Plötzlich war er umringt von kleinwüchsigen menschenhaften Wesen, die ihm wie in Trance zuhörten. Er nahm die Flöte von der Lippe und sah sich um. Da die Wesen nicht davonliefen und auch nicht bedrohlich wirkten, fragte er, ob jemand seine Frau Steina gesehen habe. Die Kleinwüchsigen nickten und zeigten zu den Berggipfeln: „Der Bocksmann hat sie mitgenommen. Du wirst sie nie wieder sehen.“

Entsetzt schrie Jôrund: „Nein! Das darf nicht sein!“ Er steckte die Flöte ein, rannte die Berge hinauf und ward nie mehr gesehen.