Die Mär vom Fisch und vom Bär

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Früher, als die Götter noch näher bei uns waren, als reichhaltig Speis und Trank ohne eigene Kraft uns einfach in den Schoß fiel, lebte Mensch, Elf, Zwerg, die Feen, Kobolde, Drunt- und Drobvolk und wie sie alle heißen, in völligem Einklang und Harmonie miteinander. Keiner krümmte dem anderen ein Haar, sondern sorgte dafür, dass auch der andere Fremde ein Obdach über dem Kopf hatte, genügend Platz für seine einzigartigen Wesenszüge und so entstanden die Dörfer der Menschen, die Baumpaläste der Elfen und die Bingen der Zwerge.

Sogar die Tiere hielten untereinander eine Art Frieden und so ward es dort ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Pflanzenwelt reichhaltig Nahrung genommen wurde und bei den Tieren, die damals noch eine Seele, also den Funken der Götter in sich trugen, so wie Mensch und Menschenähnliche es genauso üblich war, sich gegenseitig nichts antun durften und sich sogar vor den Jagden der Menschen und der andern gegenseitig schützten und sich in Obhut von Verstecken brachten.

Doch die Vielfalt der Götter brachte auch Tiere hervor, die neben dem Hunger auf Gras und Früchten auch grimmigen Hunger auf das Fleisch der anderen hatten, erst erschienen Wolf und Fuchs, dann noch viele weitere und schließlich der Bär. Doch weiterhin war es das Gesetz, dass diese sich bedienen durften, von den Früchten der Natur und sogar, der Kompromiss wurde geschlossen, an dem Fleisch der toten andern Tiere, denn sie brauchten diese Stärkung, um sich und ihre Brut zu versorgen.

Und so streiften die fleischfressenden Tiere weit umher, immer auf der Suche nach toten Gesellen der anderen Arten, aber auch wenn ein Haufen von Bucheckern zwar schwer und mühsam einzeln zu knacken war, er wurde nicht gemieden.

Den Bären, geruhsam und ruhig, sah man indessen an den Ufern der Bäche und Flüsse, stetig wartend darauf, dass sich die Lachse und Forellen auf ihren Wegen zu ihren Plätzen im Oberlauf, in denen sie ihre Nachkommen aus dem Bauch entließen, entkräftet am Rand der Bachschleifen niederließen und starben, wie auch jene im Oberlauf, die nach getaner Geburt ihr Lebensziel erreicht hatten und dortens verendeten und ein Festmahl für eine riesige Bärengruppe hinterließen, auf dass sie genügend Fett für den Winter ansammeln vermochten.

Einer von ihnen, Broarrr wurde er genannt, hatte schon von Geburt an seinen eigen Willen, lehnte sich gegen die Altvorderen der Bärenbande auf und wurde so immer und immer mehr zu einem kauzigen, grimmigen Einzelgänger, der die Wälder und Auen durchstreifte, doch sogar er hielt sich eisern an das Gesetz, kein lebend Tier zu reißen und es zu essen, so gut, es jung und frisch auch roch...

Doch eines Morgens, als er aufwachte, mit einem argen Brummschädel, weil er einmal wieder von den vergorenen Trauben des Herbstes an den Hängen der Schluchten gegessen hatte, sah er neben den Wanderungen der Lachse den Bach hinauf ein seltsames Flirren im Wasser, weit farbiger als jenes der Wasser der Stromschnellen, welches von der Sonne beschienen wurde und in vielen Farben funkelte. Und als er seine müden Augen zusammendrückte, um genauer sehen zu können, erschaute er eine Forelle, die er bis jetzt noch nie gesehen hatte, ein mächtiges starkes Tier, vielleicht einen Meter lang, muskulös, aber dennoch so geschickt und beweglich, dass es mühelos über die Schwellen nach oben hüpfte. Und als es sprang, begleitete es ein Glitzern und Funkeln aller Farben des Regenbogens, das aufgepeitschte Wasser und das Funkeln der Sonnenstrahlen verstärkte den Effekt bis aufs Äußerste.

Wie vom Donnerschlag gerührt sprang Broarrr der Bär auf, hetzte der mächtigen Forelle hinterher, wohl wissend, dass er ans Gesetz des Lebens gebunden war und diesen König der Forellen auf keinen Fall in irgendeiner Weise habhaft werden konnte, doch begleiten auf dem Weg nach oben konnte man ihn ja schließlich dennoch... und vielleicht könnt man ihm auch helfen, über die einzelnen Schwellen zu kommen, mit einem Tatzenschubs oder mehreren, ooooh, wie das funkelte, und oooohhhh, gutgemeint war es, aber was war das, einige der zahllosen Schuppen wurde von einem unachtsamen Tatzenhieb vom Leib getrennt... und wie schön schillerten die Farben, die seine Höhle schmücken wurden.... und wie süß und köstlich duftete das Blut! Man muss dem Fisch noch mehr helfen, jetzt wo er verletzt ist! Er wird es nicht nach oben schaffen und so setzte es Tatzenhieb auf Tatzenhieb, die Schuppen der Forelle stieben in die Luft, begleitet von einer funkelnden Ekstase und einem Rausch von Jagd- und purer Lust nach Farben und Blut. Vereinzelt waren natürlich andere Bären am Fluss versammelt, denen dieses üble Schauspiel an Gewalt und Blutlust nicht verborgen blieb, sie hetzten den beiden nach, um das Schlimmste zu verhindern, doch der Geschmeidigkeit und Kraft der beiden Wesen hatten sie nichts gleichzusetzen. Und so kam es wie es kommen musste: Benebelt von dem Rausch der puren Kraft, der Farben und des Blutes, war es doch nur folgerichtig, dass der König der Forellen, so blutend wie er war, mit seinem Kopf im Maul des Bären nach oben zu seiner Laichstatt getragen werden, doch daaaaaa, das Blut im Maul die Kehle herunterrinnend, ward es geschehn, ein kräftiger Biss trennte den Kopf vom schuppigen Körper und was folgte war eine Abfolge von Bissen, Tatzenhiebe, um die funkelnden Schuppen vom Leib zu trennen und schlimmer noch, die nachjagende Meute von Bären stürzte sich auf Broarrr, um ihn abzuhalten, wurde ebenso gebissen und im Kampfesrausch kämpfte bald jeder gegen jeden. Lang hätte dies noch angehalten, doch plötzlich entstieg der Orgie von blutenden Körpern, schweißigem Geruch und rotgetränktem Bach, ein flirrender Nebel, ein dämonisches Lachen, pfeifend-fröhliche Melodei und ein schemenhaftes Gesicht, dass alle Wesenszüge von Tier und Mensch in sich gemeinsam hatte und hinterließ an der Stelle der reichhaltigsten sprießenden Natur eine karge Wüste von Ödnis, Staub und Leere, die Äonen anhalten sollte... und ab dieser Zeit kämpften nun auch die ehemals friedfertigen Tiere gegeneinander, weil eines von ihnen der Versuchung nicht standhalten konnte.