Heiliger Eustasius
Eustasius wurde als Kind einfacher Bauersleute im Erzmärkischen geboren. In jungen Jahren zog es ihn nach Ankur, wo er ein leichtsinniges, sittenloses Leben als Dieb und Betrüger führte. Spiel, Tanz und Unterhaltung waren seine allabendlichen Beschäftigungen. Müßiggang erfüllte seine Tage. Wie auch jener, an dem ihn seine Geschäfte zum HerzogRaimund-Platz führten. Der Eine selbst muss ihn geleitet haben, denn just zu dieser Stund hielt ein ärmlich gewandeter Mann eine ergreifende Rede. Er verkündete die Lehre des Einen und zog mit seinen Worten Eustasius in seinen Bann. Der Name des Mannes war Hilarius. Er war von solcher Heiligkeit und Erhabenheit, wie sie Eustasius bis dahin nicht gekannt hatte. So ging er in sich, gelobte aufrichtig, sein Leben zu wandeln und Buße für seine Verfehlungen zu tun. Der reuige Sünder begab sich mit unbeschuhten Füßen und einfachem Gewande bekleidet in die unwirtliche Gegend des Schlangenkammes. Dort bezog er eine Höhle, die ihm als einfache Behausung diente. Fortan führte er ein Leben in Demut, Läuterung und voller Entsagungen. Nur eine weiße Apulaqkuh, die ihm Milch zur Nahrung schenkte, belebte seine Einsamkeit. Dieses Tier, einst von Jägern verfolgt, suchte bei Eustasius Schutz, den er ihr gerne gewährte. Eines Abends während der SaarkaMonde kehrte das Apulaq erst spät zur Höhle zurück, betrat diese nicht, sondern ging davor aufgeregt hin und her. Getrieben von einer inneren Unruhe und der Gewissheit, dass ein Unheil geschehen war, folgte Eustasius dem Tier. Schon bald war er dem Unglücke ansichtig, denn drei Jäger saßen völlig verängstigt auf einem kleinen Felsvorsprung. Vor ihnen ein Rudel starker, furchterregender Wölfe, die ihre vermeintliche Beute immer weiter in die Enge trieben. Die Armen hatten wohl schon ihren letzten Pfeil verschossen und erwarteten ihren schrecklichen Tod, der ihnen schon sicher schien. Da sank Eustasius in den Schnee und begann, seine Stimme zu einem Gebet zur erheben. Laut lobpries er den Einen und rief ihn um Hilfe an. Die Wölfe waren unterdes auf ihn aufmerksam geworden und wandten ihre Aufmerksamkeit von den Jägern ab. Je näher die Bestien auf Eustasius zuschritten, desto inbrünstiger wurden seine Verse. Da geschah etwas Unfassbares: die Wölfe legten sich um ihn herum, heulten leise und ließen sich von ihm wie zahme Hunde streicheln. Die Jäger betrachteten das sonderbare Ereignis mit Staunen und eilten in ihr Dorf zurück, um dort jedem von der Begebenheit zu berichten. Fortan wurde Eustasius vor jeder Jagd aufgesucht, um seinen Segen zu spenden. Die Menschen brachten ihm und seinem Gotte höchste Verehrung entgegen, so dass sich bald die erste ceridische Gemeinde in Carajon bildete. Noch viele Jahre verkündete er die Worte des Hilarius, so wie er sie dereinst in Ankur selbst vernommen hatte, bis ihn der Eine zu sich rief. Auf seinen besonderen Wunsch hin wurde er neben der weißen Apulaqkuh in seiner Höhle bestattet. Die sterblichen Überreste des Heiligen wurden später nach Gwolona übertragen, wo er als Schutzpatron der Jäger sehr verehrt wird. "Auszug aus dem Werk seiner Heiligkeit Vastus II. „Lebensbilder der großen Heiligen“