Ordensregeln der Ceriden
Cruelius trug nach dem Tod des Hilarius seine Niederschriften zusammen und verfasste die noch heute gültigen Regeln. Die einzelnen Orden haben zwar diese im Laufe der Zeit noch erweitert oder konkreter ausgeführt, jedoch basieren sie immer auf diesen Grundregeln. Selbstverständlich wurden bei den später gegründeten Frauenklöstern die entsprechenden Anpassungen vorgenommen.
Einmal pro Woche sollen diese Regeln vorgelesen werden. Sie sind wie ein Spiegel: Ihr könnt darin sehen, ob ihr etwas vernachlässigt oder vergesst. Euch, die ihr eine ceridische Klostergemeinschaft bildet, tragen wir auf, folgendes in eurem Leben zu verwirklichen:
Die klösterliche Gemeinschaft
Zufürderst sollt ihr einmütig zusammenwohnend, wie ein Herz und eine Seele auf dem Weg zum Einen sein.
Bei euch darf von persönlichem Eigentum keine Rede sein. Sorgt im Gegenteil dafür, dass euch alles gemeinsam gehört. Euer Oberer soll jeden mit Nahrung und Kleidung versorgen. Nicht, dass er jedem Einzelnen gleich viel geben müsste, denn im Hinblick auf die Gesundheit seid ihr nicht alle gleich, vielmehr soll jedem Bruder gegeben werden, was er persönlich nötig hat. So lest ihr ja im Hilarium: Sie hatten alles gemeinsam, und jedem wurde so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.
Die in der Welt etwas besaßen, als sie ins Kloster eingetreten sind, sollen Wert darauf legen, dass dies der Gemeinschaft übertragen wird. Die aber nichts besaßen, sollen im Kloster nicht das suchen, was sie sich draußen auch nicht leisten konnten. Dennoch soll man ihrer Mittellosigkeit entgegenkommen und ihnen alles geben, was sie nötig haben. Sie dürfen sich aber nicht schon deshalb glücklich schätzen, weil sie jetzt Nahrung und Kleidung bekommen, und das in einem Maß, wie sie es draußen nicht hätten erreichen können.
Andererseits dürfen jene, die in der Welt etwas zu sein schienen, nicht verächtlich auf ihre Brüder herabsehen, die aus ärmlichen Verhältnissen in diese heilige Gemeinschaft eingetreten sind. Denn während jede andere Fehlhaltung ihren Ausdruck nur in bösen Taten findet, trachtet der Hochmut darüber hinaus auch nach den guten Werken, um sie zunichte zu machen.
Lebt also alle wie ein Herz und eine Seele zusammen und ehrt gegenseitig in euch den Einen; denn jeder von euch ist sein Haus geworden.
Das gemeinsame Gebet
Lasst nicht nach im Beten zu den festgesetzten Stunden und Zeiten.
Der Gebetsraum darf zu nichts anderem gebraucht werden als wozu er bestimmt ist; denn er trägt seinen Namen nicht ohne Grund.
Die Kanonischen Stunden nach Ordensregeln des heiligen Hilarius
Mette (der Nachtgottesdienst) findet einmal wöchentlich am Hilariustag zwischen Mitternacht und 1.00 Uhr statt.
Laudes (das Morgenlob) findet je nach Jahreszeit zwischen 4.30 Uhr und 7.00 Uhr statt, so dass der Gottesdienst in der Morgendämmerung beginnt und bei Sonnenaufgang endet.
Meridia (Mittagsgebet) ist um 12.00 Uhr mittags, im Anschluss daran wird das Mittagsmahl eingenommen.
Die Vesper (der Abendgottesdienst) beginnt bei Einbruch der Dämmerung, danach wird das Abendmahl eingenommen.
Komplet (das Nachtgebet) wird entweder gemeinsam oder von jedem Gläubigen für sich vor dem Schlafengehen gesprochen.
Das leibliche Wohl
Bezwingt euren Leib durch Fasten und Enthaltung von Speise und Trank, soweit es eure Gesundheit zulässt. Wer es nicht ohne Nahrung bis zur Hauptmahlzeit, die gegen Abend eingenommen wird, aushalten kann, darf vorher etwas essen und trinken, jedoch nur zur Stunde der sonst üblichen Mittagsmahlzeit. Wer aber krank ist, darf jederzeit etwas zu sich nehmen.
Hört vom Beginn bis zum Ende der Mahlzeit aufmerksam der üblichen Lesung zu, ohne euch dabei lauthals zu äußern oder gegen die Worte zu protestieren. Denn ihr sollt nicht nur mit dem Mund euren Hunger stillen, sondern auch eure Ohren sollen hungern nach dem Wort des Einen.
Die gemeinsame Verantwortung füreinander
Seid nicht aufwändig gekleidet. Sucht nicht, durch eure Kleidung Gefallen zu erwecken, sondern durch eure Lebensführung.
Wenn ihr ausgeht, dann macht euch gemeinsam auf den Weg, und wenn ihr an den Ort gekommen seid, wo ihr hingehen wolltet, dann bleibt zusammen.
Euer Gehen und Stehen, euer ganzes Verhalten darf bei niemandem Anstoß erregen, sondern muss mit eurem heiligen Lebensstand in Einklang stehen.
Wenn ihr eine Frau seht, lasst euren Blick nicht lüstern auf ihr ruhen. Wenn ihr ausgeht, kann euch natürlich niemand verwehren, Frauen zu sehen, wohl aber ist es schuldhaft, eine Frau zu begehren oder von ihr begehrt werden zu wollen. Denn nicht nur die Gebärden der Zuneigung, sondern auch die Augen erregen in Mann und Frau die Begierde zueinander. Behauptet also nicht, euer Herz sei rein, wenn eure Augen unrein sind, denn das Auge ist der Bote des Herzens. Und wenn man sich gegenseitig seine unkeuschen Absichten zu erkennen gibt, auch ohne Worte, nur indem man nach der anderen Ausschau hält, und wenn man an der zueinander entbrannten Leidenschaft Gefallen findet, dann ist – selbst wenn man sich nicht in den Armen liegt – von der echten Reinheit, nämlich der Reinheit des Herzens, schon keine Rede mehr. Wenn ihr also in der Kirche zusammen seid oder überall sonst, wo ihr auch mit Frauen zusammenkommt, dann fühlt euch gegenseitig für eure Reinheit verantwortlich.
Wenn ihr nun diesen lüsternen Blick, von dem ich spreche, bei einem Mitbruder bemerkt, dann ermahnt ihn sogleich, damit er sein Verhalten so schnell wie möglich bessert und das schon begonnene Unheil nicht noch schlimmer wird.
Sieht man aber nach einer solchen Ermahnung oder auch sonst, dass dieser Bruder doch wieder dasselbe tut, dann soll jeder, der das merkt, dessen Herz als verwundet betrachten und um Heilung bemüht sein.
Will er nicht auf deine Ermahnung hören, dann soll man zunächst den Oberen zu einem Gespräch unter vier Augen hinzurufen, um dadurch die anderen noch herauszuhalten. Bessert er sich daraufhin noch nicht, dann soll er nach dem Urteil des Oberen zu seiner Besserung hart bestraft werden.
Die Beilegung von Konflikten
Seid nie untereinander zerstritten. Sollte es doch einmal zum Streit kommen dann macht so schnell wie möglich Schluss damit. Sonst wächst der Zorn zum Hass.
Wenn du einen Bruder verletzt hast, indem du ihn ausgeschimpft, verwünscht oder zu Unrecht schwer beschuldigt hast, dann denk daran, das Unheil, das du angerichtet hast, so schnell wie möglich durch deine Entschuldigung wiedergutzumachen; und der Bruder, der verletzt wurde, soll dir seinerseits ohne große Umstände verzeihen.
Eure Liebe zueinander darf nicht in der Selbstsucht stecken bleiben; sie muss sich vielmehr vom Geist des Einen leiten lassen.
Führen und Dienen
Gehorcht eurem Oberen so wie einem Vater, aber auch mit dem gebührenden Respekt, der ihm aufgrund seines Amtes zusteht; andernfalls verfehlt ihr euch gegen den Einen in ihm.
Es ist in erster Linie Aufgabe des Oberen, dafür zu sorgen, dass man alles, was hier gesagt ist, auch verwirklicht und dass man Übertretungen nicht achtlos übergeht. Es ist seine Aufgabe, auf fehlerhaftes Verhalten hinzuweisen und für Besserung zu sorgen.
Euer Oberer soll sich nicht deshalb glücklich schätzen, weil er kraft seines Amtes gebieten, sondern weil er dem Einen dienen kann. Aufgrund eurer Hochachtung soll er unter euch herausgehoben sein, doch aufgrund seiner Verantwortlichkeit vor dem Einen soll er sich als der Geringste von euch einschätzen. Allen soll er durch gute Werke ein Beispiel geben. Er soll diejenigen, die ihre Arbeit vernachlässigen, zurechtweisen, den Ängstlichen Mut machen, sich der Schwachen annehmen, mit allen Geduld haben. Er selber soll die Richtlinien der Gemeinschaft in Ehren halten und auch bei den anderen auf Beachtung drängen. Wiewohl beides in gleicher Weise nötig ist, soll er mehr darauf bedacht sein, von euch geliebt als gefürchtet zu werden.