Utzgolf und der Riese Jol
Vor langer Zeit lebte einmal ein überaus starker Riese mit Namen Jol, der sich brüstete, mächtiger und stärker als der unsterbliche Utzgolf zu sein. Ja, er war so sehr von seiner Überlegenheit überzeugt, dass er den Helden zum Wettkampf herausforderte.
Utzgolf nahm selbstverständlich die Herausforderung an und überließ Jol die Auswahl der Disziplinen.
"Als erstes", sprach Jol, "werden wir um die Wette springen!". "So soll es sein!", rief Utzgolf, nahm Anlauf und sprang einen gewaltigen Satz, den nur ein Unsterblicher zu tun imstande ist. Nun hatte Jol ein riesenhaftes Weib, das der Zauberei kundig war und das ihn jetzt unsichtbar bei seinem Sprung unterstützte. So ließ sich der Riese einfach von seiner Frau tragen und für Utzgolf sah das ganze wie ein Sprung aus, der etwa doppelt so weit wie der seine war.
"Nun gut", grummelte Utzgolf, "diesmal hast du gewonnen! Lass uns schnell zur nächsten Sache kommen."
"Als zweites", meinte Jol, "werden wir Felsen werfen!" "So soll es sein!", rief Utzgolf, nahm einen riesenhaften Klotz, so groß wie ein Berg, und schleuderte ihn meilenweit. Jol nahm einen noch viel größeren Felsen und ließ ihn von seinem unsichtbaren Weib ins Ziel tragen, ein Stückchen weiter als Utzgolf geworfen hatte. Aus reinem Übermut und um den Helden zu beschämen, nahm Jol noch zwei weitere Brocken und warf sie auch noch auf jene betrügerische Weise, jeden noch ein Stückchen weiter als den ersten.
Allmählich begann Utzgolf die Sache merkwürdig vorzukommen, denn er hatte nun genug Zeit gehabt, mehrere Würfe des Riesen zu beobachten und irgend etwas schien nicht zu stimmen. So ging er zum Schein auch noch auf den dritten Wettbewerb ein.
"Als drittes", sprach Jol triumphierend, "werden wir Speerwerfen. Eigentlich ändert dies auch nichts mehr am Ausgang, aber ich möchte dir die Gelegenheit geben, doch noch einen Wettbewerb zu gewinnen.". "So soll es sein!", rief Utzgolf und ging zu einer sehr sandigen Stelle, nahm einen Speer und warf ihn so weit, dass er nicht mehr zu sehen war. Als nun Jol ebenfalls werfen wollte, konnte Utzgolf im Sand die Fußstapfen der unsichtbaren Riesin erkennen. Als er also den Beweis für Jols Betrug hatte, nahm Utzgolf Jols Speer mitsamt dem Riesen und seiner Frau und schleuderte alle zusammen weit fort, so dass der Speer mit aller Gewalt und der zusätzlichen Wucht durch das Gewicht der Riesen gegen ein hohes Gebirge donnerte und tief in den Felsen eindrang. So tief bohrte sich der Speer, dass alsbald ein Quell hervorzusprudeln begann und sich ein gewaltiger Fluss bildete. Jol und seine Frau, die bei dem Aufprall sichtbar geworden war, mussten ihre Betrügerei zugeben und gingen niedergeschlagen und besiegt von dannen. Utzgolf lachte nur, zog einen Trinkschlauch unter seinem Brustpanzer hervor und nahm einen gewaltigen Schluck Gerstenbrannt. Dann zog er weiter, neuen Heldentaten entgegen.
Falls ihr nicht glaubt, was ich Euch erzählt habe, so müsst ihr wissen, dass dieser Wettkampf seine Spuren hinterlassen hat. Der letzte Felsklotz, der von Jol geschleudert wurde, heißt heute Jols Berg oder Jolberg, die anderen Felsen bilden die Hügelkette südlich davon. Der Fluss, der durch Jols Speer entstand, heißt heute Jols Born oder eben Jolborn. Wie ihr also sehen könnt, entspricht dies alles der Wahrheit.
Jolberger Volksgut