Wie Utzgolf ein Held wurde

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Utzgolf war vier und seine Eltern grade nicht im Haus, was ihm gefiel; seine Schwester war aber da und das gefiel ihm gar nicht. Dumm daran war, dass seine Schwester immer im Haus war, sie war nämlich erst wenig über ein Jahr alt und schaukelte in einer Wiege am Fenster und noch dümmer war, dass er auch nicht rauskonnte. Dieses "Utzgolf, du bist doch schon so groß” ging ihm allmählich auf die Nerven, vor allem, wenn es weiterging "pass doch kurz auf dein liebes kleines Schwesterlein auf”. Utzgolf fand lieb nicht das richtige Wort, "an meiner Gefangenschaft schuld” stimmte viel mehr und er fand weiter, dass sie ihm dafür was schuldig war. Nämlich Spaß.

Utzgolf zog also an dem Strick, der von der Wiege runterhing. Das tat seine Mutter auch immer, um die Schwester zu beruhigen. Das war nicht ganz Utzgolfs Ziel, er wollte vielmehr rauskriegen, ob die Wiege einen vernünftigen Überschlag machen konnte und ob das liebe kleine Schwesterlein dabei drin bleiben würde oder nicht. Er zog also immer stärker an dem Strick und die Wiege begann immer weiter zu schwingen und immer lauter zu schreien. Das war Utzgolf nicht so recht, denn er mochte kein unnützes Geschrei, jedenfalls, wenn es nicht von ihm selber war und außerdem wollte die Wiege den Überschlag nicht machen. Er hörte also auf zu ziehen, um nachzudenken.

Seine Schwester schrie weiter und das störte sehr beim Nachdenken und Utzgolf fand das unlogisch und gemein, denn sie hatte angefangen, als er angefangen hatte, am Strick zu ziehen, also konnte sie jetzt eben so gut wieder aufhören. Utzgolf, der ja schon vorher nicht gut gelaunt war, wurde jetzt richtig sauer. Er beschloss, das nutzlose Schwesterlein endgültig zu beseitigen. Er stand auf, schlang sich den Strick ums Handgelenk und zog noch mal, aber so richtig und das war der richtige Einfall, denn wupp, schwang die Wiege aus und zurück und das Schwesterlein aus dem Fenster und war so überrascht, dass es vergaß zu schreien. Leider hatte Utzgolf keine Zeit, sich darüber zu freuen, denn er hatte etwas falsch berechnet, nämlich gar nicht und hatte immer noch den Strick um den Arm, kam aus dem Gleichgewicht und flog hinterher, nahm die Wiege gleich mit. Schwesterlein war inzwischen auf einer Schlange gelandet, was gar nicht mal so ungünstig war, denn Utzgolf fiel auf einen Igel. Die beiden Tierlein hatten sich mal wieder einer Privatfehde gewidmet, zum letzten Mal, denn Utzgolf machte aus dem Igel Matsch mit Stacheln und der aus Utzgolfs Hintern ein Sieb mit Paprikamus von unten. Es ist nicht verwunderlich, dass Utzgolf dabei ein bisschen die Beherrschung über seinen rechten Arm verlor, der einen Spaten streifte, den irgendwer an die Wand gehängt hatte, der runterfiel und der Schlange sauber die Kiefer abtrennte, gleich hinter den Giftzähnen, die sie gerade in Schwesterleins damals noch nicht pralle Brust schlagen wollte. Utzgolf handelte eben schon als Kind manchmal etwas voreilig. Die Schlange setzte sich daraufhin ab, weil sie sich ohne Maul lächerlich fand, wo sie recht hatte.

Als Utzgolfs Eltern vor diesem Getöse nach Hause eilten, fanden sie einen Spaten, einen Matschigel, ein Schlangengebiss, Töchterlein schreiend und Utzgolf noch lauter schreiend und aus irgendeinem Grund hatte er den Spaten in der Hand, wohl zum Festhalten, so wie er späterhin gern ein Glas in der Hand hielt.

Es war ja klar, was geschehen war und der tolle, mutige Utzgolf wurde mit Naschereien überhäuft, die extra gebacken wurden und Süßholz und Utzgolfs Lieblingsessen, nämlich rote Regenwürmer und sämtliche Salbenvorräte des Heilers auf den Hintern und Schwesterlein wurde nie mehr ans Fenster gehängt, was Utzgolf schade fand. Er schlief aber ein mit einem Rest Süßholz in der Backentasche und drei Regenwürmern in der Hand und bei den Eltern im Bett, wenn auch mit Schwesterlein dazu. Der Tag hatte sich doch noch gelohnt. Und Utzgolf beschloss, ein Held zu werden.

Eine Geschichte aus Brazfurt i.d.N. von Halfnet