Utzgolf in der zerbrochenen Stadt

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In alter Zeit, als die Götter noch regelmäßig durch die Welt wanderten, gab es eine Stadt in Heligonia, die war so reich, dass ihre Straßen, wie auch die Mauern der gewaltigen Bauwerke, aus Silber waren. So gigantisch waren ihre Ausmaße, dass man länger als einen Tag benötigte, um sie einmal zu durchqueren, dazu waren die Wege und Straßen so verwirrend, dass man lange Jahre des Studiums brauchte, um sicher an ein weit entferntes Ziel innerhalb der Stadt zu gelangen. In der Mitte befand sich ein riesiges Kuppelgebäude mit hohen Bogenfenstern, durch die man auf die ganze Stadt und auf ganz Heligonia hinabsehen konnte, so hoch war es über alles andere erhoben. Man sagt nun, dass es wohl dieser Ausblick auf ihr herrliches Werk und auf den hohen Himmel war, der sie schließlich zu Fall brachte. Geblendet von ihrem eigenen Licht schmähten sie die Götter und wollten so die Heliosscheibe ersetzen. Voller Zorn trug Helios Saarka auf, Stürme zu entfachen, welche die Stadt zerstören und ihr arrogantes Volk auslöschen sollten. Und so geschah es, dass die Stadt zerbrach und Trümmer bis weit ins Umland geschleudert wurden. Durch die Ruinen aber streiften nunmehr die Rächer der Saarka, um selbst die Steine an das Vergangene zu erinnern. Es dauerte Ewigkeiten, bis endlich die Kinder der Poëna, die Bäume und die Gräser, ihre Hand des Vergessens über die einst so herrliche Stadt legten und sie so vor den Blicken der Menschen verbargen.

Eines Tages nun, Helios stand hell am Firmament, Saarka hatte sich schon in ihre unterirdischen Höhlen zurückgezogen, zog Utzgolf durch die tiefen Wälder Heligonias. Er pfiff eine fröhliche Weise vor sich hin, die Waroniel ihm vor nicht allzu langer Zeit auf der Harfe gespielt hatte. Die Melodie war nicht nur ein einfaches Liedchen, sie barg einen Zauber in sich, der die Sinne des Vortragenden schärft. Utzgolf hatte nämlich seit geraumer Zeit das seltsame Gefühl, er werde beobachtet. Und tatsächlich, schon fünf Schritte später erspähte er seinen Verfolger aus den Augenwinkeln im Gestrüpp. Noch ließ er sich nichts von seiner Entdeckung anmerken, sondern lief gemächlich, sein Lied beendend, weiter, bis er an einen Baum kam, dessen Stamm breit genug schien, um ihn zu verbergen. Dort kauerte er nun, bis sein heimlicher Gefährte ihn überholt hatte. So leise es Rüstung, Waffen und der Waldboden zuließen, schlich sich Utzgolf an den nunmehr selbst Verfolgten heran. Als er gerade seine Hände nach der verhüllten Gestalt ausstreckte, trat er unglücklich auf einen Ast, der laut knacksend in zwei Hälften zerbrach. Der Unbekannte drehte hastig seinen Kopf. Die Zeit schien für einen Augenblick stillzustehen. Utzgolf blickte in das Antlitz einer hübschen, jungen Frau. Ihr vom Schreck erstarrtes Gesicht begann langsam wieder aufzutauen, die Gesichtszüge veränderten sich, so dass sie leicht verärgert dreinblickte.

Es mussten noch einige Augenblicke verstrichen sein, bis sie schließlich lieblich aber bestimmt sprach: "Könntet Ihr mich bitte loslassen? Ihr brecht mir noch meinen Arm, wenn Ihr weiter so zudrückt!" Verdutzt bemerkte Utzgolf erst jetzt, dass er ihren Oberarm in seiner kräftigen Rechten festhielt. Er lockerte seinen Griff und entschuldigte sich für seine Rohheit.

"Verzeiht, ich war zu überrascht, dass eine Frau ... in diesen Wäldern ..."

"Ich beobachte Euch schon mehrere Tage. Mein Name ist Eoreina und ich versuche, meinen Vater aus den Fängen der seltsamen Feenwesen zu befreien, die diesen Wald bewohnen. Doch ist es mir allein nicht gelungen und so wollte ich sehen, ob Ihr nicht ein rechtschaffener Mensch seid, der mir dabei helfen könnte. Leider hatte ich bisher nicht die Möglichkeit, Eure Fähigkeiten zu beobachten, daher bin ich Euch immer noch heimlich gefolgt."

"Eoreina, Ihr habt den richtigen Helfer gefunden. Mein Name ist Utzgolf und ich werde Euch Euren Vater retten, wenn Ihr dies wünscht, denn dem Wunsch einer hübschen Frau vermag ich mich nicht zu widersetzen."

Bei diesem Kompliment errötete Eoreina, dann sagte sie: "So folgt mir, ich werde Euch zu den Toren der zerbrochenen Stadt führen."

Eine halbe Ewigkeit, so kam es Utzgolf vor, schritten die beiden durch den tiefen Wald. Manchesmal schienen die Bäume sich auf seltsame Weise zu biegen, manchesmal verschwommen ihre Umrisse für einen kurzen Moment, manchesmal wurde es Utzgolf leicht schwummerig, doch er folgte der schönen Maid ohne Murren.

Endlich kamen sie an einen Torbogen, dessen Pracht unter den Ranken Poënas kaum noch zu erkennen war. Utzgolf schritt sogleich darauf zu, dicht gefolgt von seiner Begleiterin. Als er das Tor erreicht hatte, erschienen plötzlich wie aus dem Nichts zwei Gestalten in schwarzen Umhängen, deren Gesichter von weißen, mit fremden Zeichen geschmückten Masken verdeckt waren.

Die linke Gestalt begann mit hoher Stimme zu sprechen: "Wohin des Weges?"

"Wir wünschen, die zerbrochene Stadt zu betreten", erwiderte Utzgolf.

"Wir wünschen uns auch vieles, wenn das Licht leuchtet", spottete die rechte Gestalt.

Und wie aus einem Munde sprachen beide: "Wollt Ihr ein Spiel mit uns spielen? Der Sieger hat einen Wunsch beim Verlierer frei."

Utzgolf ging auf den Handel ein, obgleich er von der List der Phiarae, der Feenwesen, wusste, welche schon viele Menschen einen hohen Preis gekostet hatte. Fröhlich klatschten die Phiarae in die Hände und waren verschwunden. Dies verwunderte Utzgolf, denn er hatte erwartet, dass die Feen sofort beginnen wollten. Er wartete noch einige Minuten, in denen er sich mit Eoreina unterhielt. Als seine Ungeduld zu groß wurde, beschloss er, die Suche nach dem verlorenen Vater fortzusetzen und die beiden schritten durch das Tor. Nun erkannte Utzgolf, warum die Stadt weithin als die zerbrochene Stadt bekannt war. Die Mauern, Häuser und Straßen waren tatsächlich zerbrochen wie ein Spiegel von einem Hammerschlag. Und doch zeigte sich in jedem Bruchstück die ehemalige Pracht des Ganzen, gleich wie jedes Spiegelteil noch immer einen Teil des Antlitzes dessen zeigt, der hineinblickt. Als die beiden sich von ihrem Staunen ob der Schönheit dieser Ruinen erholt hatten, erkundeten sie die Straßen der Stadt. Doch schon nach kurzer Zeit hatten sich die beiden verirrt. Als ihnen das klar wurde, erschienen wie auf ein Zeichen die beiden Phiarae wieder.

"Das Spiel hat begonnen", sagte die Rechte zur Linken, worauf diese antwortete: "... und wir sind schon am Gewinnen."

Utzgolf rief barsch: "Nur die Spielregeln sind noch nicht geklärt worden. Darum seid Ihr auf unredliche Weise im Vorteil!"

Eoreina erkannte Utzgolfs Weisheit und sprach: "Außerdem habt Ihr einen weiteren Vorteil, denn wir sind hier fremd!"

Die beiden Phiarae sahen sich an und begannen zu kichern. Endlich sprach die rechte: "Nun gut, da Ihr uns so viel Spaß und Freude bereitet, hört dies:"

Und die Phiarae begannen zu singen. Utzgolf versuchte, sich das ganze Lied einzuprägen, und als es zu Ende war, bat er um eine Wiederholung. Wortlos stimmten die Phiarae das Lied erneut an, und als sie es ein zweites Mal endeten, verschwanden sie wieder.

Das Rätsellied lautete:

Hauch wird Atem wird Wind Bunte Webmuster im Wandel Aus dem Greis wird ein Kind Für uns ein leichter Handel

Hauch wird Kristall wird Eis Graue Webmuster verharren Aus dem Kind wird rasch ein Greis Für Euch kein Zurück, Ihr Narren

"Waroniel sei Dank, ich hab’s!", schrie Utzgolf aus und nahm Eoreina bei den Händen, um mit ihr im Kreise zu tanzen. "Die Zeit ist es, die Zeit, die uns Menschen oft fehlt, von der die Phiarae aber haben, soviel sie brauchen." Just in diesem Augenblick waren Utzgolf und Eoreina nicht mehr allein am Tanzen. Die Phiarae hatten sich in den Reigen eingefügt und hüpften und kicherten mit. Als die Freude sich wieder etwas dämpfte, zeigten die Phiarae ihren Respekt vor der Klugheit Utzgolfs und überreichten den beiden eine brotfladengroße Steinplatte und verschwanden abermals.

Auf der Steinplatte war ein Muster aufgemalt und Utzgolf brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass dies eine Karte der zerbrochenen Stadt sein musste. Jetzt brauchten die Gefährten nurmehr einen Orientierungspunkt finden, um herauszubekommen, wo sie gerade waren. Alsbald kamen sie auf einen etwas größeren Platz, den sie auch auf der Karte entdeckten. In der Mitte des Platzes stand ein Brunnen. Als Eoreina sich dem Brunnen näherte, schoss eine Wasserfontäne empor. Utzgolf konnte das Mädchen gerade noch zur Seite ziehen, bevor der Wasserschwall sie traf. Dieser schlug mit solcher Gewalt auf den Boden, dass ein großes Loch aufbrach und die Erde erbebte. Eoreina und ihr Beschützer robbten an eine geschützte Stelle. Aus dem Loch im Boden stieg Rauch auf, der sich zu einer Faust verdichtete. Utzgolf erkannte die auf sie zukommende Gefahr noch rechtzeitig und so konnten er und Eoreina sich in Sicherheit bringen, ehe die Rauchfaust die Mauer, hinter der sie gekauert hatten, zerbröckelte. Mit Hilfe des Stadtplans eilten die Gefährten weit weg von dem seltsamen Platz. Nach einer kleinen Verschnaufpause schrie Utzgolf nach den Phiarae. Als diese erschienen, fluchte er über deren unlautere Mittel. Die Feenwesen jedoch waren nicht die Auslöser dieser Phänomene, auch wenn sie sehr amüsiert waren, wie Utzgolf mit hochrotem Kopf schimpfte, die Arme in der Luft fuchtelnd, soweit sein Brustpanzer das zuließ. Als er sie auch einmal zu Wort kommen ließ, erklärten diese ihm die Umstände. Die Götter waren die Ursache für die kleinen Probleme, die die beiden hatten. Denn kein Mensch dürfe mehr in der zerbrochenen Stadt ungestraft wandeln.

Da wusste Utzgolf, was zu tun war. Er nahm ein kleines Ledersäckchen aus seiner Tasche, aus diesem wiederum zog er zwei Amulette hervor. Diese enthielten geheimnisvolle Runen. Die einzigen Zeichen, die Eoreina erkennen konnte, waren die Symbole der vier Götter. Stolz erklärte Utzgolf ihr: "Diese Talismane werden uns vor dem Zorn der Götter schützen." Und mit diesen Worten legte er ihr sanft eines davon um den Hals. Eoreinas Wangen röteten sich und sie brachte nur ein leises "Dankeschön" über die Lippen. Die Zeit verstrich, während sich beide in die Augen sahen und sich langsam ihre Gesichter näherten. Doch das plötzliche Gekicher der immer noch anwesenden Phiarae ließ die Gefährten zurückschrecken. Als Utzgolf sich ärgerlich nach ihnen umdrehte, waren sie jedoch verschwunden.

Der Held nahm den Stadtplan hervor und die beiden machten sich wieder auf die Suche. Stundenlang irrten sie in den Straßen und Gassen umher, ohne jedoch auf irgendeinen Hinweis über den Verbleib des verschollenen Vaters zu stoßen. Die Nacht brach schon herein.

"Wenn wir nicht bald etwas finden, sollten wir uns einen Unterschlupf suchen, um dort zu rasten und etwas zu essen. Ich glaube nicht, dass wir in Saarkas Dunkel viel sehen werden. Auch mit einer Fackel werden wir vielleicht an wichtigen Hinweisen vorbeilaufen", meinte Utzgolf und Eoreina nickte zustimmend. Und bald schon saßen die beiden in einem noch recht gut erhaltenen Gemäuer und aßen bei Fackelschein eine Notration aus Utzgolfs Gepäck. Da sie einen langen Weg hinter sich und noch eine mühsame Suche in der großen, überwachsenen Stadt vor sich hatten, legte sich Eoreina schon bald zum Schlafen nieder. Tür und Fenster hatte Utzgolf notdürftig verriegelt, dennoch hielt er Wache. Sehnsüchtig betrachtete er die Schatten und Lichter, die die Fackelflammen auf dem Gesicht der Schlafenden malten. Wie oft hatte er sich schon verliebt und musste seine Liebe dann zurücklassen, wenn er weiterzog. Aber wie schön war dennoch die Zeit mit den Frauen gewesen, trotz all der Unberechenbarkeit und der Fremdheit des anderen Geschlechts ... oder vielleicht gerade deswegen? In süße Gedanken versunken, sank Utzgolf schließlich am Boden sitzend in den Schlaf.

Ein knallendes Geräusch riss den Helden aus wundervollen Träumen. Hellwach blickte er um sich. Das war nicht der Raum, in dem er eingeschlafen war. In der Kammer standen zwei Betten. Sie war von einem seltsamen, unnatürlichen Licht erhellt. Es roch leicht verbrannt. Utzgolf stieg aus dem einen Bett und sah, dass Eoreina im anderen lag. Die Tür ließ sich öffnen, doch er schloss sie gleich wieder, denn es quoll dicker Rauch von außerhalb in das Zimmer. Sein Husten weckte nun auch seine Begleiterin, die sich ebenfalls verwundert umsah.

"Wo sind wir?", fragte sie. Utzgolf antwortete: "Ich weiß es nicht, aber ich denke, wir werden es sogleich erfahren."

Er hatte recht, denn vor der Tür waren Schritte zu hören. Rasch hastete Utzgolf nach seinem Schwert, das neben seinem Bett lag. Als er es ziehen wollte, schoss ihm durch den Kopf, dass ein Feind nicht so dumm wäre, ihm seine Waffen zu lassen. Also legte er es wieder beiseite und wartete, bis sich die Tür einen Spalt weit öffnete. Ein Mann in greisem Alter, mit weißem Haar, steckte den Kopf durch den Spalt. Noch immer quoll Rauch herein. Eoreina rannte auf den Mann zu und die beiden fielen sich in die Arme. Freudig stellte sie Utzgolf und ihren Vater Sandorn einander vor. Sowohl Utzgolf als auch Sandorn hatten viele Fragen, die sie nun in den Raum warfen: "Wo sind wir und wie sind wir hergekommen?" "Wie seid Ihr in die Stadt gekommen?" "Seid Ihr nicht von den Feenwesen gefangengenommen worden?" "Wie habt Ihr den Zorn der Götter überlebt?" Eoreina unterbrach die beiden, denen sicher noch einige Fragen mehr eingefallen wären. "Wollen wir diese Fragen nicht bei einem Frühstück klären?" Dem stimmten die beiden Männer zu. Sandorn führte sie durch den verrauchten Gang in einen Raum, in dem schon ein gedeckter Tisch stand.

Beim Essen erklärte Sandorn ihnen, wie er und ein paar andere aus seiner Magiergemeinschaft sie in dem Ruinenhaus aufgefunden hatten. Utzgolf hätten sie mit einem ätherischen Öl zum Schlafen gebracht, so dass sie sie dann in die sicheren Gefilde der Stadt bringen konnten, die die Magier bewohnten. Nach den sehr knappen Ausführungen des alten Mannes waren nun Utzgolf und Eoreina an der Reihe, ihre abenteuerliche Suche zu berichten. Utzgolf zeigte sodann auch die Stadtkarte, die sie von den Phiarae erhalten hatten. Der Gelehrte sah sich die Karte lange an, entschuldigte sich dann und verschwand mit der Karte aus dem Raum. Utzgolf wollte ihm schon nacheilen, doch Eoreina hielt ihn auf. "Es ist zwar ein seltsames Verhalten, aber mein Vater weiß schon, was er tut. Sicher wird er bald wieder hier sein." Utzgolf nickte, setzte sich wieder und wandte sich der hübschen Frau zu. "Ich denke, Du hast mir auch einiges zu erklären ... Dein Vater ist nicht von den Feenwesen gefangengenommen worden, nicht wahr?"

"Nun ja", begann Eoreina mit verschämtem Blick, "ich habe etwas geschummelt. Mein Vater lebt schon immer hier in der Stadt, er besucht mich und meine Mutter jedes Jahr einmal in unserem Haus am Rande des Waldes. Doch ich durfte ihn niemals tief in den Wald hinein begleiten, er fürchtete, ich könnte mich verlaufen oder den Phiarae zum Opfer fallen. Schon als Kind habe ich versucht, ihm heimlich zu folgen. Doch ich war nicht achtsam genug. Denn irgendwo muss ich immer die falsche Abzweigung genommen haben. Erst vor zwei Monden habe ich es geschafft, ihn bis zu den Toren der Stadt zu beschatten. Aber die Stadt selbst konnte ich nicht betreten. Ich weiß nicht, warum es mir nicht gelungen ist. Betrübt ging ich zurück nach Hause. Als ich jedoch von Gerüchten hörte, dass ein heldenhafter Mann unsere Wälder bereist, habe ich mich sogleich auf die Suche nach Euch gemacht. Ich wusste, Ihr würdet mich in die Stadt bringen. So, jetzt kennst Du die Wahrheit. Bitte entschuldige mein Vorgehen, aber ich hatte das Bedürfnis, endlich die geheimnisvolle Stadt zu betreten, die mein Vater nur in der längsten und dunkelsten Nacht des Jahres verlassen darf."

Vorsichtig blickte sie ihren Zuhörer an und stellte fest, dass dieser sie mit verträumten Augen anstarrte. Als er bemerkte, dass sie gar nicht mehr redete, war er es, der errötete. "Ja, äh, eine interessante Geschichte. Und nun sind wir also hier ... ähm ..."

Eoreina stand auf und zog Utzgolf aus seinem Stuhl. Endlich umarmten sie sich und Utzgolf gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss, als auch schon die Tür aufging und Sandorn hereintrat. "Warum wird man immer in den schönsten Augenblicken des Lebens gestört?", dachte sich Utzgolf. Sandorn trat mit für den alten Mann schnellem Schritt auf die beiden zu und reichte Utzgolf die Steinplatte mit der Karte mit den Worten: "Ihr könnt nicht hierbleiben. Das Unsichtbare ist wieder auf uns aufmerksam geworden. Bitte nehmt die Platte und bringt sie zu Xaroch, einem guten Freund, der in den Höhlen tief unter dem Schlangenkamm lebt. Nur er kann die Steinplatte zerstören. Es ist überaus wichtig für das Weiterleben unserer Gemeinschaft hier, dass diese Karte nicht in falsche Hände gerät. Und bitte, beeilt Euch."

Schon schob der Zauberkundige das Paar aus dem Raum. Während Utzgolf seine Sachen packte, erklärte Sandorn, dass er ihnen nicht mehr verraten dürfe, damit sie nicht weiter gefährdet seien. Eoreina beschloß, Utzgolf zu begleiten und er willigte freudig ein. Rasch brachten die Magier Proviant für mehrere Tage. Der Abschied war kurz und schmerzlos, denn Eoreina ging gerne mit ihrem Liebsten auf Reisen ins Ungewisse.

Schon bald hatten sie Ruinenstadt und Wald hinter sich gelassen, nur an den Toren der Stadt wurden sie noch einmal von den Phiarae aufgehalten, die ihnen nur Passage gewährten, wenn sie den Feen die Götter-Talismane überließen. Eine lange Reise lag vor ihnen. Arm in Arm drehte sich das Paar noch einmal um zu den hohen Eichen, die den Wald säumten. Utzgolf gab Eoreina einen Kuss auf die Stirn und sie wanderten weiter. "Habe ich Dir eigentlich schon erzählt, wie ich damals den dreiköpfigen Drachen besiegte ... ?" Die Worte verhallten im Wind, als die beiden sich langsam immer weiter entfernten.

Hier endet die Geschichte von Utzgolf in der zerbrochenen Stadt. Ob und wie Utzgolf die Steinplatte zu Xaroch gebracht hat, und wie es ihm und Eoreina weiterhin erging, sind andere Geschichten, die ein andermal erzählt werden sollen.

Geschichte aus Carajon, bewahrt in den Archiven Gwolona