Härtwigs Hafen

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Härtwigs Hafen ist ein Lehen im Baronat Nordmark im Nordwesten des Herzogtums Ostarien. Das Lehen wird verwaltet von einem gewissen Härtwig, über den weder Herkunft noch Familienname bekannt sind. Zur Zeit des Königlich-Heligonischen Census im Jahre 38 n. A. III lebten in Härtwigs Hafen 357 Nordmarker Bürger. 48 n. A. III wurde die Bevölkerung auf etwa 900 Bürger geschätzt.

Mit Aufflammen des Styrenkonflikts sind Hafen und Stadt in den Jahren 37-43 n.A.III befestigt worden. Härtwigs Hafen beherbergt einen Marinestützpunkt, der strategisch als nördlicher Eckpfeiler der Verteidigung des Jolborns und logistisch als Wegstation der Strecke nach Vjoshaven, Kratorpolitanien und die Leomark dient, einziger Hafen des ostarischen Nordens ist und nach Ansicht der Nordmarker Bürger sowie der stationierten Streitkräfte von enormer Bedeutung ist.

Der Styrenkonflikt hat für die Region militärisch notwendige Entwicklungen gebracht, die der Stadt über einen längeren Zeitraum einen enormen Aufschwung und eine enge politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Haus Arnach beschert haben.


Lage und Klima

Am Ende eines Höhenzuges, der sich von Haukegericht und der Herzogenburg her westwärts bis hinunter in die Ufersümpfe des Jolborn erstreckt, liegt Härtwigs Hafen am unteren Paltram unmittelbar an dessen Mündung in den Jolborn. Die Stadt ist außer über einen aufwändig zu pflegenden Trampelpfad von der Herzogenburg her nur über den Fluss zu erreichen. Um Stadt und Fluss herum schließt sich im Norden und Süden bis zum Horizont das scharfblättrige Röhricht der Klingenfelder, die noch nie von jemandem ohne Rüstung durchquert worden sind.

Auf der Höhe von Härtwigs Hafen ist der Jolborn sehr breit, vier bis sechs Meilen sind es bis ans andere Ufer. Erst viele Stunden flussabwärts im Süden und einige Tage weiter nördlich wird er wieder schmaler. Das Ufer mit den mehrere Meilen ins Landesinnere reichenden Röhrichtsümpfen ist nicht zu begehen und absolut unbewohnbar.

Im Gegensatz zur oberen Nordmark in den Bergen im Osten ist das Klima am Jolborn milder. Die warmen Monde im Helios verlaufen fast wie in den südlich des Dunkelsteinmassivs gelegenen Baronien Jolberg oder Soltran, allerdings beginnt üblicherweise zum zweiten Xurl eine durchgehende, meist siebenmonatige Schlechtwetterphase, die Regen, Nebel und Dunkelheit mit sich bringt. Es ist fast immer windig, selten stürmisch, meist kommt der Wind aus dem Westen, was die Seeleute freut. Schnee fällt nur bei Nordwind, zwar manchmal reichlich, aber selten lang und meist ist er nach ein-zwei Wochen wieder verschwunden. Stattdessen aber dringt ein feiner, kalter, ausdauernder Nieselregen früher oder später durch alle Kleidungsstücke hindurch bis auf die Haut und weiter ins Gemüt, wo er die Sehnsucht nach hellen und warmen Tagen ins Unerträgliche wachsen lässt.

Der Boden der Marschlande ist durchweg unfruchtbar und auch nicht für Weidewirtschaft zu gebrauchen. Nur auf der niedrigen und schmalen, aber exponierten Hügelkette, die sich leicht aus dem Schilfmeer erhebt, ist Landwirtschaft überhaupt möglich. Die meisten der wenigen Bauern betreiben mit mäßigem Erfolg Viehzucht. Ackerbau hingegen ist mühselig und die Erträge sind bescheiden.

Geschichte

Am zukünftigen Standort des Bergfrieds wird das Land für König, Herzog und die Nordmark beansprucht

Die Geschichte von Härtwigs Hafen beginnt am Abend des 23. Tages des ersten Xurlmondes im Jahre 28 n.A.III, einem Redontag, als Ritter Roland Welheim aus Buchenfels und sein Gefährte Eodar stellvertretend für König, Herzog und die Bürger der Nordmark Anspruch auf den von ihnen entdeckten Uferstreifen erheben.

Sie stehen am Ende einer beschwerlichen und verlustreichen Reise, deren Erkenntnisse Regentin Walluma dazu veranlassen, die damals vergessene spätere Herzogenburg zu erobern und den Bau eines befestigten Postens an der Mündung des Paltram zu befehlen.

Reiseroute der Entdecker der Unteren Nordmark

Der Bau des Bergfrieds begann nach der Eroberung der Herzogenburg noch in den Heliosmonden im selben Jahr unter der Aufsicht von Fredricaja von Rankenwies, die in den ersten Jahren Kommandantin der Burg war. In der heutigen Form wurde er allerdings erst viele Jahre später vollendet.

Härtwigs Ankunft und Erste Jahre

Zur Zeit der Errichtung des Bergfrieds im späteren oberen Geviert erreichte im Xurl des Jahres 29 n.A.III auch Härtwig seine zukünftige Heimat in einem kleinen Segelboot aus unbekannter Richtung - man weiß heute nicht einmal, ob er aus dem Norden oder aus dem Süden angereist kam - er war einfach plötzlich da. Anfangs wohnte er in einem Zelt aus Leder, aber flussaufwärts entdeckte er am Paltram eine lehmige, feuchte Stelle am Ufer. Er freundete sich mit Haldo Kellbrecht an, einem der Nordmarker Holzfäller, die in Ufernähe Bäume für die Innenkonstruktion des Bergfrieds geschlagen und auf dem Fluss an die Baustelle transportiert hatten, und zusammen errichteten sie ein Werklager in der Nähe der Stelle, wo später Haukegericht gegründet wurde. Haldo holte seine neunköpfige Familie aus Leiana nach, was für ihn ein Segen war, denn er hatte große Mühe mit der dortigen Obrigkeit. Zusammen fällten sie eine beträchtliche Anzahl Bäume, errichteten Kohlemeiler, flößten ein paar Stämme zur Flußmündung, bauten eine Blockhütte für den Winter, sammelten Lehm, brannten Ziegel und errichteten in darauffolgenden zwei Jahren ein ansehnliches Ziegelhaus, die "Sackpfeife". Das Haus steht heute noch, es ist die unscheinbare rechte Hälfte der Sackpfeife. Die Ziegel sind heute nicht mehr zu sehen, Härtwig hat sie sauber verputzt. Darauf angesprochen sagt er meist, dass er eigentlich keine Ziegel mag und damals keine bessere Idee hatte.

Anfangs lebte Härtwig davon, für die wenigen Nordmarker Bürger, die den Bergfried hüteten, zu kochen und sie mit einfachsten Angeboten zu bewirten. Bald hatte sich eine Familie aus Yaldering, die ursprünglich vom Emaransee stammte und sich mit Fischerei auskannte, eine einfache Hütte und ein noch einfacheres Boot gebaut. Haldo und seine Familie richteten in der Nähe des Bergfrieds einen Bauernhof ein, wo sie etwas Vieh hielten und ein paar Äcker bewirtschafteten. Der Boden in der Region ist schlecht, für Nordmarker Verhältnisse aber exzellent. In dem kleinen, natürlichen Hafenbecken der Paltrammündung war schnell ein Anlegesteg erbaut, so dass Jolbornschiffer und Durchreisende auf dem Weg zur Herzogenburg eingeladen waren, in der Sackpfeife Rast zu machen. Härtwig fing an, teure Getränke zu importieren und anzubieten. Die nach der kurzen anfänglichen Aufregung meist gelangweilte Besatzung der Herzogenburg begann daraufhin Gefallen daran zu finden, sich an ihren freien Tagen in die Sackpfeife zu begeben, um sich dort zu betrinken. Man legte mit viel Mühe einen Trampelpfad an, über den die Herzogenburg nach einem Fußmarsch von etwa einem halben Tag zu erreichen war.

Galbart Wagenmeister, gewählter Vogt von Yaldering, berichtete im 44. Heligonischen Boten Folgendes über Härtwigs Hafen: "Wir alle hätten nicht gedacht, daß Härtwig es mit seinem Hafen wirklich schaffen würde. Aber nach der Entdeckung der neuen Burg kamen allerhand Leute in den Westen, und nun hat es doch noch geklappt. Härtwigs Hafen wächst und gedeiht und mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Häuser in der unbewehrten Siedlung. Mittlerweile macht auch manch ein Jolbornschiff dort Halt. Schade nur, daß Härtwigs Hafen sogar für die Erfahrenen unter uns leider kaum zu erreichen ist, weil er unglücklicherweise westwärts liegt und die Berge und das Kallerfeld dazwischen sind. Aber das macht nichts. Denn Härtwigs Hafen ist etwas vollkommen Neuartiges. Er liegt nämlich nahe der Mündung des Paltram in den Jolborn und dadurch machen die Flußschiffer zunehmend immer öfter Halt in Härtwigs Hafen, und auch die Patrouillen der Herzöglich-Ostarischen Marine nutzen die Gelegenheit, Vorräte aufzunehmen oder eine Pause zu machen und sich zu betrinken. Denn nicht zuletzt ist Härtwigs Hafen der letzte, den man hat, wenn man die weite und gefährliche Reise an den Ödlanden vorbei nach Vjoshaven reisen will. Auch Härtwigs Hafen ist Hag und Härtwig ist der Anführer. Er ist zwar nicht gewählt worden, aber weil ihm das Land sowieso gehört, braucht man das nicht. Die anderen nennen Härtwig manchmal auch Hagsmeister, aber nicht so oft, weil das hört Härtwig nicht so gern. Härtwig ist ziemlich bescheiden."

Aufschwung im Styrenkonflikt

Mit Aufflammen des Styrenkonflikts rückte Härtwigs Hafen innerhalb kurzer Zeit an die geographische Front des Geschehens. Richard von Arnach konnte die Heerführer Ostariens und Drachenhains überzeugen, Härtwigs Hafen trotz der aus heligonischer Sicht abgelegenen Lage nicht ungeschützt zu lassen, sondern zum Marinestützpunkt auszubauen, wofür er persönlich die Verantwortung übernahm.

Für die Kriegsvorbereitungen im Jahre 37 n.A.II wurde festgehalten: "Baron Jareck von Jolberg macht einen Kurzbesuch in Härtwigs Hafen, um sich ein Bild von den Örtlichkeiten zu verschaffen. Er beglückwünscht Härtwig und die anderen Bürger zu ihren weitsichtigen Ideen, verteilt Geschenke an die Nordmarker Kinder und lässt abends ein Fest über sich ergehen, das anläßlich seines Besuchs in der "Sackpfeife" veranstaltet wird. Am darauffolgenden Morgen gibt er den sofortigen Ausbau des Hafens zum befestigten Marinestützpunkt bekannt und betraut den Sonderbeauftragten der Marine Kapitän Erkenbold Starkarm mit der Beaufsichtigung der Bautätigkeiten und dem späteren Kommando. Der Bergfried wird bei den Bürgern der Nordmark in Auftrag gegeben, die davon so begeistert sind, dass sie versprechen, nach der Fertigstellung jeden übrigen Stein in eine Stadtmauer zu investieren (es gibt viele übrige Steine in der Nordmark). Hernach besucht Jareck die Herzogenburg und verstärkt die dortige Besatzung mit 40 Mann herzöglicher Garde."

Ingenieursberichte

Die Ertüchtigung von Härtwigs Hafen zum schwer befestigten Marinestützpunkt setzte umfassende Bautätigkeiten voraus. Richard von Arnach entsandte im Jahre 37 n.A.III 47 Angehörige des freien ehrbaren Stands der Ingenieure (man beachte die tlamanische Aussprache) nach Härtwigs Hafen, um die vielfältigen Maßnahmen zu überwachen. Die Ingenieure waren für die Bereiche Festungsbau (14), Wasserbau (8), Schiffbau (18) und Einsatztechnik (7) vorgesehen.

Nachfolgend werden die Tätigkeiten anlässlich der zehnjährigen Bautätigkeit der Arnacher Ingenieure im Einzelnen dokumentiert.

Festungsbau

Umrion Koriander-Plattenfalz, Hofingenieur in Burg Arnach und der Grenzfeste Fohrenegg

"Befestigungsanlagen, seien es Burgen, Stadtmauern oder Festungen, haben stets zwei Hauptzwecke: Eindruck und Schutz. In Kriegszeiten ist der Schutz entscheidend über Sieg und Niederlage, doch in den manchmal langen, ereignislosen Jahren des Friedens entsteht in den Augen des späteren Feindes der Eindruck, dem seine Entscheidungen zugrunde liegen werden. Diese alte, vielbewiesene Wahrheit kann nicht ernst genug genommen werden.

In den vorbereitenden Konsultationen des Hauses Arnach mit der Herzöglich-Ostarischen Marine und den Bürgern der Nordmark wurde erkannt, dass es zwei Adressaten des Eindrucks gibt, nämlich den schwer einzuschätzenden Feind Styren jenseits des Jolborn und die wohlbekannten Ödlinge, gegen die die Nordmark in vorderster Front steht. Die Einschätzung der Nordmarker Bürger ist, dass sich der Ödling auf die für ihn unmittelbar bedrohlichere und auch leichter zu erreichende Obere Nordmark konzentrieren wird, während dem Feind Styren nur der Weg über den Fluss bleibt. Ob das als undurchdringlich beschriebene Röhricht der Klingenfelder tatsächlich einen so weitreichenden Schutz bietet, wie man in der Nordmark annimmt, und hier keine weiteren Überlegungen vonnöten sind, hat uns nicht vollständig überzeugt. Weil aber auch für uns ein ingenieurstechnisches Vordringen in das Röhricht nur langsam und mit größten Anstrengungen vorstellbar ist, haben wir schweren Herzens die Priorisierung akzeptiert, die sich wie folgt darstellt:

Eine vollständige Befestigung im Sinne einer Stadtmauer ist nicht nötig, zu errichten ist lediglich eine Schutzmauer im westlichen Rund bis hinein in das Röhricht. Insbesondere die Mündung des Paltram ist schwer zu befestigen. Als geeigneter Ort für den Bau der Marinefestung war das Nordufer vorgesehen, das der Stadt gegenüber liegt und im Moment von Handwerkern genutzt wird, hauptsächlich Gerbern, Seilern und Zimmerleuten.

Nach Anreise und erster gemeinsamer Begehung herrschte große Skepsis unter den Ingenieuren, ob der Untergrund überhaupt für die gewünschten, sehr schweren Strukturen geeignet ist. Fundamente in Sand und Sumpf, die massive Wehrmauern aus Stein tragen, sind ein schwieriges Geschäft, das ist aus schon aus der Zeit der Errichtung von Burg Arnach, einer Wasserburg, bekannt. Die Lage bei ihrer Errichtung war ganz ähnlich wie in Härtwigs Hafen und sind gut dokumentiert. Erschwerend an der Situation ist der Wasserdurchfluss des Paltram, der unterschiedlich stark ist und vor allem bei der Schneeschmelze zu einem viel höheren Wasserspiegel führen kann. Zudem ist das Hafenbecken sehr tief. Die Gesamtsituaton all dieser Einzelheiten zeigte, dass wir nur in Zusammenarbeit mit den Ingenieuren für den Wasserbau in der Lage waren, die Fundamentlegung vorzubereiten. Die Maßnahmen haben sich als enorm aufwändig erwiesen. Wir mussten sehr tief und weit ins Grundwasser hinein graben, der Paltram musste zeitweise verlegt werden, und doch hatten wir am Ende die Fundamente für etwas gelegt, das gerade wegen all dieser Widrigkeiten ganz besonders eines hervorrufen wird: Eindruck.

Die Geologie der Nordmark ist komplex, die Sümpfe nehmen nur den äußersten Westen ein. Es gibt altes, kalkiges Gestein, Sandstein, Lehmvorkommen und seltenen Basalt, der sehr dunkel, ja schwarz, sehr hart und äußerst schwer zu bearbeiten ist. Dennoch ist er nach unserer Ansicht insbesondere für die Ufermauern in höchstem Maß geeignet, denn die Schwärze des Steins wird im Auge des Feindes auffällig sein, sie wird schwer und bedrohlich wirken und ihn die Unüberwindlichkeit der Mauer glauben machen. Zwar werden in großem Maße angelernte Steinmetzhelfer vonnöten sein, die die Steinbrecher unterstützen und möglichst große Mauersteine behauen, doch Helfer stehen zur Verfügung und die Alternativen sind schlecht: Aufwändig herzustellende Backsteine, poröser Sandstein oder heller Kalkstein, der eine weniger bedrohliche Anmutung im Gesamteindruck hervorbringen wird und zudem auf Witterungsbeständigkeit geprüft werden muss - nicht jeder kalkige Stein eignet sich für den Festungsbau am Wasser. Am Ende geht es auch um Beständigkeit und naturgemäß um den Zweck des Schutzes.

Bei den Schiffbauern wurden zwei Kähne in Auftrag gegeben, davon einer speziell für den Transport der großen, behauenen Basaltblocksteine vom Steinbruch am Ufer des Paltram zur Baustelle. Die am Ort ansässigen Gewerbe wurden mit unserer Unterstützung umgesiedelt, und der Bau begann.

Zunächst wurde die aufwändige Ufermauer gegen den Jolborn mit doppeltem Wehrgang (der untere überdacht, der obere frei) und einem Hafenportal (auf der Innenseite mit zusätzlichem überdachten Wehrgang und gedeckten Zugängen) errichtet, für die wir alle Kräfte bündeln und auch Unterstützung aus der Bevölkerung annehmen mussten. Über der Hafendurchfahrt wurden beide Wehrgänge als einziehbare Brücken gebaut, die mit einer aufwändigen Seilkonstruktion jeweils nach Norden (der obere) und Süden (der untere) wegbewegt werden können, wenn größere Schiffe passieren wollen. Dann wurden die Seitenmauern an den Stadtgrenzen im Norden und Süden so weit in östlicher Richtung ins Landesinnere verlängert, dass das Ende vom Jolborn aus nicht zu erspähen ist, auch nicht vom Krähennest eines großen Seglers aus. Diese Arbeit war im Süden unproblematisch, man konnte dort auch das Gelände miteinbeziehen, im flachen Norden jedoch sar sie durch die Sümpfe erschwert.

Schließlich wurde das Areal der zukünftigen Festung des Marinestützpunktes vorbereitet. Der Untergrund wurde mit Restmaterial aus den Steinbrüchen und anderer Baumaßnahmen etwas aufgeschüttet und sorgfältig verstampft, so dass später oberhalb des Grundwassers Keller und unterirdische Gänge ausgehoben werden konnten. Ein weiterer Effekt ist, dass die gepflasterte Vorfläche der Festung zum Kai des Unteren Gevierts auf der gegenüberliegenden Seite erhöht ist, so dass man von dort das Gefühl haben wird, mit dem Blick etwas nach oben zu schauen zu müssen oder, vom Kai der Festung aus, ein wenig auf die gegenüberliegende Seite herabsehen zu können. Zugegebenermaßen eine festungsbauingenieurtechnische Spielerei, aber mit wirkungsvollem Ergebnis.

Im Osten der Festung wurde eine Abschlussmauer mit massivem Tor und Hängebrücke sowie einem Turm am Hafenbecken gebaut, um gegen Angriffe zu Lande vom neu entstandenen Gerberufer her zurückschlagen oder auch Feinde im Hafen bekämpfen zu können. Der Turm wird durch einen unterirdischen Gang zu erreichen sein. Das Tor muss nach Anweisung von oberster Stelle geöffnet bleiben, denn zu den Absonderlichkeiten der Nordmark gehört das Selbstverständnis der Untertanen, die im selben Maß Zugang fordern wie einfache Soldaten. Härtwig selbst hat uns erklärt, dass die Bürger seiner Stadt sich auch tatsächlich als gründlich vorbereitete Soldaten begreifen und im Handumdrehen wohlgerüstet sind, was im Kriegsfalle als beeindruckend und überzeugend wirken und damit von Vorteil sein könnte. Einleuchtend.

Im Inneren hat der Marinestützpunkt lediglich zwei kurze, zwölf Fuß hohe Mauern mit offenem Wehrgang - eine unmittelbar am Portal entlang des Kais und, dazu versetzt, eine etwa in der Mitte zwischen den Gebäuden und dem Kai. Im Hafenbecken gibt es ansonsten keine Begrenzung zur Stadt hin. Die mauernahen Gebäude wurden etwa so hoch wie die Ufermauer erbaut, um die mit aufwändig hergestellten Basaltziegeln gedeckten Dächer ein paar Handbreit nach außen zeigen zu können und dem Feind so den Mut für Brandangriffe zu nehmen... Eindruck!

In der Konzeption bedeutsam ist, dass die Marine das Hafenbecken schnell zum Jolborn hin verlassen kann. Wasserbauliche Zusatzmaßnahmen und die Anlage des Hafens wurden entlang dieser Überlegung entworfen.

An zwei hintereinander liegenden Stellen in der Hafeneinfahrt sind kettenbasierte Einrichtungen zum Anhalten und Festsetzen eindringender feindlicher Schiffe installiert.

Die Gebäude der Festung umfassen Kasernen, Verwaltung, Zeughaus, Werkhöfe und verschiedene Übungseinrichtungen.

Die komplette Anlage wurde im Jahre 43 n.A.III fertiggestellt und im Rahmen eines Festes der Marine, den Nordmarker Bürgern und Baron Richard von Arnach übergeben, der die weitere Entwicklung der Unteren Nordmark auch zukünftig verantwortlich begleiten wird. Lang lebe Herzog Angilbert I.!"

Wasserbau

Schwester Veneria Wendeltau, Schwesternschaft der Hilariusitinnen vom Heiligen Ruf in Arnstein

"Zunächst musste in enger Zusammenarbeit mit den Ingenieuren die Fundamentlegung der Ufermauer ermöglicht werden. Am Wasser besteht der Untergrund in Härtwigs Hafen meilenweit entweder aus Sand oder aus Marschland, was alle Bautätigkeiten erheblich erschwert, gefährdet oder sogar verhindert. Nur unter den Hügeln, wie etwa im Grund unter der Südmauer, ist meist zusammenhängend felsiges Gestein zu finden.

Die Mündung ist ein idealer Standort für einen Hafen. Der spätere Tiefwasserbereich wird zu jeder Jahreszeit mindestens 12-15 Fuß tief sein, in der Mitte bis zu 20 Fuß, an den Rändern mindestens 10 Fuß. Zum Problem kann der regelmäßig sehr hohe Wasserstand bei der Schneeschmelze werden. Die Hafeneinfahrt braucht eine gewisse Mindestbreite, damit keine Überschwemmung des Unteren Viertels droht und die Strömung nicht so stark wird, dass die Einfahrt unpassierbar wird. Ein Ausweichkanal kommt nicht in Frage, weil er im Marschland schwer zu realisieren wäre und zudem das schützende Röhricht durchbrechen könnte.

Wir haben mit der äußerst wohlwollenden Unterstützung der Stadtbevölkerung für einen Sommer lang den Paltram umleiten müssen, damit die Hafenumbauung und die Fundamentlegung der Festungsbauer ermöglicht wird. Hier waren wir stark auf die Zusammenarbeit der Stadtbevölkerung angewiesen, die jedoch nahezu reibungslos zustande kam. Beide Vorhaben konnten noch im Jahre 38 n.A.III erfolgreich abgeschlossen werden. Der Wunsch zu einer dauerhaften Verlegung des Flusses konnte jedoch nicht verwirklicht werden, weil die wasserbauliche Zuverlässigkeit schon bei mäßigem Hochwasser erfahrungsgemäß nicht mehr hinreichend garantiert werden kann. Das Wasser findet in einer Topografie wie der in Härtwigs Hafen vorfindlichen stets wieder auf seinen alten Pfad zurück.

Nach Abschluss der Fundamentarbeiten wurde in einer Begehung mit den Schiffsbauingenieuren die Situation an der Werft geprüft. Härtwigs Hafen verfügt über eine einfache Bootsbaustelle, die gut für die Produktion des Eigenbedarfs an Booten und Flachbodenwasserfahrzeugen (die problemlos trockenfallen oder mit genügend Helfern auch einige Fuß ans Ufer gezogen werden können) geeignet ist. Die Arnacher Ingenieure wünschen jedoch aus operativen Gründen ein sehr großes Dock, das geflutet und abgelassen werden kann. Die qualitativen Leistungsgrenzen der Werft wären damit erheblich erweitert. Die Nordmark verfügt über unerschöpfbare Holzressourcen, die bisher nur in ungenügender Weise durch Flößerei aus der oberen Nordmark ausgebeutet werden. Dauerhafte militärische Sicherheit vorausgesetzt, wäre es naheliegend, Härtwigs Hafen mit einer nach ostarischen Standards eingerichteten Werft auszustatten. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens zeigt sich in der Situation vor Ort jedoch sehr komplex und voraussetzungsreich sowie potentiell kostenintensiv. In jedem Fall wären weitere wasserbauliche Maßnahmen für die Anlage eines vierzig Fuß breiten und mindestens 15 Fuß tiefen Kanals nötig, der das Dock über den flachen Uferbereich hinweg mit der Flußmitte verbindet.

Ein Hochdock wäre in Anbetracht der Hanglage zwar prinzipiell denkbar, würde aber das Wasser nur in begrenztem Umfang halten können, so dass für kurze Zeiträume erhebliche Pumpleistungen vonnöten wären. Das von den Schiffbauern erwogene Grubendock wäre gar eine noch schlechtere Variante, weil es im verhältnismäßig länger andauernden Betrieb als Trockendock ständig aktiv entwässert werden müsste - zwar mit weniger Pumpleistung, aber doch dauerhaft, auch über Nacht. Eine von den Schiffsbauingenieuren nicht bedachte Alternative ist das sogenannte Aufwaschdock, bei dem eine natürliche und steuerbare Wasserzufuhr je nach Bedarf von oben in das Dock hinein- oder daran vorbeigeleitet wird. Die Schiffsbauingenieure zeigten sich von dieser Idee sehr angetan, denn sie erhofften sich, dass das fließende Wasser vielleicht zusätzlich den Betrieb einer Mühle erlauben würde, die mit wasserkraftbetriebenen Sägen, Hämmern, Schleif- und gegebenenfalls Getreidemühlsteinen oder anderen Werkzeugen ausgestattet werden könnte. Ein vernünftiger Einfall, jedoch gibt es ein Hindernis: Oberhalb der geplanten Werft findet sich kein Wasserlauf. Auch von der Bevölkerung verlangte Bohrungen haben ergeben, dass das Grundwasser nicht ausreichend ist und zu tief liegt.

Eine Möglichkeit, Wasser herbeizuführen, besteht etwa 25 heligonische Meilen landeinwärts, wo sich der Flusslauf des südlichen Paltram, eines der beiden Zuflüsse des Paltram, an einer Geländestufe als Wasserfall hinunter ins Tal ergießt und wenige Meilen flussabwärts in der Nähe von Haukegericht mit dem nördlichen Paltram vereinigt. Bevölkerung und Marine waren schwer zu überzeugen, dass Bewässerungskanäle über eine so weite Strecke hinweg angelegt werden können, aber das ist auf mangelnde Erfahrung zurückzuführen, die in vielen Regionen im Süden Heligonias mit weitaus größeren Anlagen schon seit Langem gemacht wird. Eine genaue topologische Untersuchung zeigte, dass ein Abzweig knapp oberhalb des Wasserfalls möglich ist. Der Verlauf eines zukünftigen Kanals wurde daraufhin höhenmetersparend entlang des Geländeverlaufs bis vor die Stadt berechnet und konnte als umsetzbar geplant werden. Der nahezu wasserundurchlässige Untergrund im oberen Bereich erlaubt sogar ein kleines Reservoir, das laufend durchflossen wird und bei Bedarf in den Kanal abgelassen werden kann, so dass später eine kleine Fischzuchtanlage ermöglicht wird, die von Haukegericht oder der Hezogenburg betrieben werden müsste.

Der Bau der Anlage erforderte einen wesentlichen Arbeitsbeitrag aus der Bevölkerung und wurde nach einer diesbezüglichen Bürgerversammlung am Platz vor der Sackpfeife verbindlich beschlossen. Der Bau wurde für die Zeit 40-43 n.A.III geplant.

Mit der Unterstützung der Bürger der Nordmark, einiger Leibeigener aus Arnach und zahlreicher Lohnarbeiter aus anderen Teilen Heligonias wurde der Kanal schließlich angelegt. Das hügelige Gelände erforderte eine Vielzahl kleinerer Baumaßnahmen und verzögerte die Fertigstellung erheblich, so dass erst im vierten Sommer die Hügel über der Werft erreicht wurden (zusätzlicher Verzug entstand durch die Anlage einiger von der Bevölkerung gewünschter Viehtränken, die bei Trockenheit im Sommer über kleine, normalerweise verschlossene Abläufe befüllt werden können und eine intensivierte Weidewirtschaft in den Hügeln hinter der Stadt erlauben).

Am Ende zeigte sich leider, dass die Wasserschüttung für die vorgesehenen Zwecke nur knapp ausreicht, was nach Angaben der Werftingenieure für den professionellen Schiffbau nachteilig ist. Andererseits stellte sich heraus, dass die Bevölkerung das Wasser des südlichen Paltramzuflusses dem überwiegend aus dem nördlichen Arm bewässerten Paltram vorzog (das Paltramwasser wurde vorsichtshalber von der Schwesternschaft der Hilariusitinnen vom Heiligen Ruf in Arnstein untersucht, es weist keine Anzeichen von Giftigkeit auf, wenngleich es leicht salzig schmeckt, was zweifellos an den kuriosen Salzquellen liegen muss, die am Oberlauf des Flusses in Malderpot zutage treten. Salz ist jedoch, außer in hohen Dosen, nicht giftig). Wir hatten eine Idee, mit der beide Probleme gelöst wurden.

Der Werftzufluss wurde um eine Zusatzanlage erweitert: Am Hügel oberhalb der Werft wurden drei kleine und zwei große Teiche großzügig ausgehoben und mit Lehm aus einer Grube flussaufwärts am Paltramufer abgedichtet (die Lehmschicht muss dick genug sein und bringt einen erheblichen Volumenverlust mit sich). Die Teiche füllen sich nun nacheinander und erlauben ein schnelles Fluten des Aufwaschdocks, das aus einem tiefen und einem flachen Teil besteht. Der vordere, tiefe Teil kann mit dem Tor des Docks zum Fluss hin geöffnet werden. Beliebig große Schiffe können nun auf der Wasserlinie des Paltram hineingezogen werden. Wird das Tor geschlossen, läuft das Dock voll, das Schiff wird in den hinteren Teil gezogen und das Wasser kann abgelassen werden, so dass das Schiff langsam trockenfällt und sich in das vorbereitete Trockendock legt.

Das Dock kann das Wasser nicht dauerhaft halten, ist aber hinreichend dicht, um den problemlosen Betrieb zu gewährleisten. Umgekehrt kann bei geöffnetem Tor der Paltram mit dem Wasser aller Reservoirs geflutet werden. Der Wasserspiegel des Hafenbeckens hebt sich dann minimal und kann Militärschiffen im Verteidigungsfall ein beschleunigtes Auslaufen ermöglichen, wobei auf eine vorherige Positionierung und Sicherheitsabstände unbedingt zu achten ist (Obacht, bei reinen Segelschiffen kann kurzfristig die Steuerfähigkeit beeinträchtigt sein!). Mit Unterstützung der lokalen Handwerker konnte von den Schiffsbauingenieuren auf eigene Initiative auch das sogenannte Maschinenhaus errichtet werden, eine Wassermühle mit Säge, Hammerwerk, Schleif- und Mühlsteinen). Die Baumaßnahmen an der Werft konnten 44 n.A.III abgeschlossen werden.

Schon im ersten Sommer haben sich die Teiche zur Betrübnis der Schiffsbauingenieure als beliebter Kinderspielplatz erwiesen. Wir haben daraufhin alle Gewerke dazu belehrt, dass vor dem Betrieb des Aufwaschdocks alle Kinder die Teiche zu verlassen haben und die Verantwortung dafür bei den Betreibern liegt. Entsprechende Schilder sind unnötig, weil ihre Beachtung den Kindern der Nordmark mangels Schriftkenntnis nicht zugemutet werden kann, es sei denn, der Schwesternschaft der Hilariusitinnen vom Heiligen Ruf in Arnstein würde die Aufgabe des Schulbetriebs in Härtwigs Hafen übertragen werden.

Dank der fünf Reservoirteiche benötigt die Werft nur einen sehr kleinen Teil des Kanalwassers. Für den Rest wurde etwas oberhalb der Anlagen ein Abzweig geschaffen und der Kanal bis ins obere Geviert verlängert, wo das Wasser nach dem Vorbild der Arnsteiner Brunnenstraße in einem pflasterbaulich erhöhtem Frischwasserlauf in der Mitte der Straße durch die Stadt hinunter bis in den Hafen geführt wird. Genau wie in Arnstein ist die tätliche Verunreinigung des Frischwasserkanals selbstverständlich streng verboten und wird hart bestraft.

Mit Beendigung des Brunnenstraßen-Vorhabens wurde die Arbeit der Wasserbauingenieure abgeschlossen. Es wurde eine Abschlussversammlung mit anschließender ceridischer Messe (auf Wunsch der Bürger von Härtwigs Hafen von mir gehalten) und eine überschwängliche Einweihungsfeier abgehalten, wo die Bürger einleitend noch über die Einzelheiten der gemeinsamen Pflicht des Bachabschlags informiert wurden, den sie jährlich am letzten Tag des Wonnemonds durchzuführen verbindlich vereinbarten."

Schiffsbau

Lorwik Kugelbrett, Schiffsingenieur der Herzöglich-Ostarischen Marine

"Ich sage es frei heraus: Dass es in Arnach an Gewässern lediglich ein paar Bäche, einen widernatürlich fließenden kleinen Fluss und einen schön gelegenen See gibt, den man in den sonnigeren Monden zur Not auch schwimmend überqueren kann, ist kein Geheimnis. Wir konnten unser Glück also kaum fassen, die Kunst des Schiffsbaus endlich einmal praxisnah, unabhängig und auf uns allein gestellt ausüben zu dürfen.

In Härtwigs Hafen haben wir schon eine operable Bootsbaustelle vorgefunden. Sie wurde von allen Bürgern, die sich ein Ruderboot oder auch ein Fischerboot bauen wollten, einfach benutzt. Soweit wir das sagen können, war die Anlage sehr passend gelegen, flussaufwärts etwas am Rande der Stadt, am oberen Ende des natürlichen Hafenbeckens der Paltrammündung, das Ufer nicht zu steil und nicht zu flach, viel Platz, einfaches, aber brauchbares Werkzeug.

Die Bürger der Nordmark sind patriotisch bis zur Unvernunft. Sie haben uns drei Fischerboote geschenkt, einfach so. Die Boote hatten sogar Namen, sie hießen Hauke, Pippin und Ragnar. Unser erster Auftrag war, sie zu sogenannten bewaffneten Fischreifahrzeugen umzubauen. Nun ja, wir haben versucht, sie etwas wendiger zu machen, die Besegelung geändert, verbesserte Steuerung, zusätzliche Ruderpaare, ein paar Spielereien, um so etwas wie Wehrhaftigkeit herzustellen. Die Namen haben wir belassen. Hauke, Pippin und Ragnar waren anscheinend berühmte Nordmarker Räuberhauptmänner, aber vermutlich sind sie alle tot. Nehmen wir an.

Anfangs haben wir hauptsächlich mit der sogenannten Flachbodenbauweise experimentiert. Wir wollten einen flexibel einsetzbaren Bootstyp mit wenig Tiefgang konzipieren, der sich gut für den Paltram und die nähere Umgebung des Hafens eignet, auch in den Uferregionen. Ziel war es, die Untere Nordmark schnell in die Lage zu versetzen, das Transportpotential des Paltram voll ausnutzen zu können, später dann stand die Entwicklung schneller, wendiger Flusskampfschiffe an, mit denen die Marine rasch in die Flussläufe am jenseitigen Ufer hinein segeln, rudern oder staken kann. Wir entwarfen und bauten die Maurice von Arnach, ein überraschend gelungenes und vielseitig einsetzbares Experimentierschiff, das trotz seiner Größe bei genügend hohem Wasserstand bis nach Haukegericht kommt.

Sogleich machten wir uns an die nächsten Vorhaben: Zwei Transportkähne, einer in schwerer Bauweise speziell für den Transport von Bruchsteinen vom Basaltsteinbruch nach Härtwigs Hafen und ein leichterer, der mit weniger gewichtiger Ladung bei Niedrigwasser bis Haukegericht fahren und dabei nicht auf Grund laufen sollte. Dabei fiel uns etwas auf. Die Bootsbaustelle würde leider niemals ausreichend sein, wenn wir in Zukunft größere Schiffe bauen wollten. Wir mussten eine richtige Werft errichten, wie man sie in Ankur oder in anderen wichtigen Hafenstädten hat. Heute, wo ich diese Zeilen schreibe, ist es mir ein wenig unangenehm das zuzugeben, aber wir kannten damals nicht einmal die Technik des Stapellaufs, und deswegen haben wir Schwester Veneria Wendeltau und ihre Wasserfachleute gefragt, ob sie uns nicht ein Dock bauen können, das man fluten, mit dem Schiff befahren und wieder trockenlegen kann. Es schien recht kompliziert zu sein, aber nach einigen Jahren hatten wir unser Dock. Im Nachhinein hat sich übrigens herausgestellt, dass wir so eine Einrichtung ohnehin brauchen, und die wasserbaulichen Verbesserungen, die sich aus dem Vorhaben entwickelt haben, sind eine ingenieurstechnische Meisterleistung und dienen als Errungenschaft nicht nur uns, sondern der ganzen Stadt. Gut, dass wir gefragt haben.

Man baute für uns ein sogenanntes Aufwaschdock. Man kann mit dem Schiff, egal wie groß es ist, hineinfahren, das Schff trockenlegen, wobei es sich sanft in einen vorbereiteten Rahmen setzt. Dann kann man daran herumbauen, das Dock wieder fluten und mit dem Schiff hinausfahren, und alles ohne eine einzige Pumpe. Natürlich funktioniert das alles auch hervorragend mit Schiffen, die neu gebaut werden, nur dass das Dock dann eben für eine Weile belegt ist.

Das Aufwaschdock war erst nach einigen Jahren fertig. Einstweilen ersannen wir den Typ des sogenannten Wachflosses, das sehr schnell zusammengebaut und vielseitig einsetzbar ist sowie die Fredricaja von Rankenwies, ein leichtes und schnelles Fracht- und Kurierschiff in Flachbodenbauweise zum Verkehr auf dem Paltram. Mit diesem Schiff haben wir es geschafft, unser erstes großes Forschungsvorhaben, nämlich die Konstruktion um den flachen Kiel herum zur Meisterschaft zu bringen und letzte, wichtige Elemente ergänzt und weiterentwickelt wie etwa die Seitenschwerter, Stakengänge, ein kleiner Besanmast oder generell Besegelungen, die die Wendigkeit und Steuerbarkeit verbessern. Das Schiff hat einen minimalen Tiefgang und kann zur Not von einem Teil der Mannschaft verlassen und im äußersten Notfall sogar angeschoben werden. Fällt es trocken, liegt es in unproblematischer Seitenlage fast gerade.

Unser nächstes Projekt war die etwas in die Jahre gekommene Heliodora von Oggnitz, eine frühere Darborkogge, die in Betis erworben und von uns renoviert sowie für die Zwecke der Nordmark ertüchtigt werden sollte. Vor allem sollte sie aber auch zwei Eskortschiffe erhalten, Limria und Rubriëch, die vollständig in Härtwigs Hafen gebaut und unsere ersten hochseetauglichen Schiffe waren."

In den ersten Jahren wurde die Werft nicht nur durch den Bau des Docks modernisiert. Wir haben den Abbundplatz verlegt und eine Reihe von Werkhütten für unterschiedliche Zwecke errichtet, alles wurde sehr großzügig dimensioniert. Mit gewissen Einschränkungen durch die begrenzte Kapazität des Docks kann an mehreren Schiffen gleichzeitig gebaut werden. Mit einem Kran können schwerere Bauteile in das Dock oder heraus gehoben werden, auch muss die Kiellegung nicht im Dock erfolgen, man kann den begonnen Rumpf auch später erst im Dock auflegen (solange er nicht zu schwer für den Kran ist). Am Frischwasserkanal, der nicht der Befüllung des Docks dient, wurde im Zuge der Anlage der Teiche das sogenannte Maschinenhaus errichtet, eine kleine Wassermühle, in der über ein Holzgetriebe und Transmissionen vier verschiedene Werkzeuge betrieben werden können (leider nur einzeln), nämlich eine Säge, ein Hammerwerk, verschiede Schleif- und Mühlsteine. Diese äußerst komplexe Form der Kraftübertragung musste in den ersten Jahren stark überarbeitet und weiterentwickelt werden, leistet jedoch mittlerweile gute Dienste. Alles in allem sind wir sehr zufrieden mit den wasserbaulichen Anlagen, die man nicht besser hätte planen können. Das einzige Ärgernis sind die vielen Kinder, die die Teiche schnell als Spielplatz für sich entdeckt haben.

Die beiden letzten Projekte waren der exakte Nachbau eines Schwesterschiffes der Svanhild von Arnach, eines Kriegsschiffes der Herzog-Uriel-Klasse. Das Vorhaben war unsere erste Auftragsarbeit, das Schiff war vom Dorf Leiana in der Nordmark bestellt worden und sollte später dem Flottenstandort geschenkt werden. Wir haben uns zwar gewundert, wie reich man in einem so kleinen Dorf werden kann. Schiffe der Herzog-Uriel-Klasse sind nicht einfach zu bauen und dementsprechend teuer. Andererseits lag darin eine einmalige Gelegenheit, ein großes Schiff selbst zu bauen und wir machten uns hocherfreut an die Arbeit.

Als das Schiff fertig war, kam eigens eine kleine Delegation aus Leiana, um uns zum Bau zu beglückwünschen und das Schiff zu taufen. Als sie erfuhren, dass es keinen Stapellauf geben wird, waren sie ein wenig betrübt, aber schließlich konnten sie das Schiff beim Auslaufen aus dem Dock genauso schön taufen und es wird seither "Rodevergk" genannt. Weiß der Schinder, was das wieder für ein Räuberhauptmann ist.

Schnell haben wir mitbekommen, dass Richard von Arnach zwar stolz war, dass seine Ingenieure ein so großes Schiff zuwege gebracht haben, aber er wollte keinesfalls, dass die Svanhild von Arnach ein Schwesterschiff namens Rodevergk erhält. Er war sehr erbost und insistierte an allen denkbaren Stellen, bis er die Erlaubnis bekam, uns mit der Entwicklung einer neuen Schiffsklasse zu beauftragen. Das haben wir uns natürlich geehrt gefühlt und natürlich haben wir uns gefreut - die Größe der Herausvorderung war uns aber auch klar. Im Rahmen einer amtlich verordneten beruflichen Pflichtweiterbildungsmaßnahme reisten wir nach Ankur, wo man uns alles über die zweihundertjährige Tradition der (über Leiana und Brassach-Norrland, übrigens. Man freute sich in Leiana sehr über unseren Besuch und erkundigte sich, ob man uns vielleicht gelegentlich um einen Gefallen bitten dürfte, was wir natürlich guten Gewissens bejahten... was sollte wohl ein Gefallen sein, den man als Schiffsbauingenieur einem kleinen Dorf in den Bergen erweisen könnte?).

Im Jahre 48 schließlich verließ sie das Dock: Die neue Svanhild von Arnach, ein Schiff der nach standardisierten Plänen konstruierten sogenannten , in Auftrag gegeben und bezahlt von Richard von Arnach (man munkelte, er hätte einen wesentlichen Teil seiner Staatskasse dafür geplündert). Wir alle waren unglaublich stolz, nach all den Mühen eine Werft zu haben, die der Herzöglich-Ostarischen Marine den Holzreichtum der Nordmark und das Anwendungswissen Arnachs zur Verfügung stellen kann. Die Schiffstaufe wurde zum größten Fest seit der Fertigstellung der Festungsanlagen - auch, weil sie mit dem Tag zusammenfiel, wo sich die Entdeckung der Paltrammündung, an der Härtwigs Hafen erbaut ist, zum zwanzigsten Mal jährte.

Die alte Svanhild von Arnach wurde später außer Dienst genommen, modernisiert und soll 49 n.A.III als Ruglaf wieder in Härtwigs Hafen in Dienst genommen werden."

Politik, Bevölkerung und Alltag

Von allen, die in den Wäldern anderenorts auf die Jagd gehen, ohne von edlem Stand zu sein, nimmt man an, dass sie beabsichtigen, sich der Wilderei schuldig zu machen. In den Wäldern der Nordmark allerdings wird man annehmen, dass sie entweder Hunger haben oder ein paar Groschen verdienen wollen. Tatsächlich wird, wer es in Härtwigs Hafen zu Reichtum und Ansehen gebracht hat, von anderen für sich jagen lassen und stattdessen lieber ein kleines Gemüsegärtchen mit einem Apfelbäumchen anlegen, denn hin und wieder eine Kartoffel, Zwiebel, Kohl oder einen Apfel zu haben, das ist wahrer Reichtum. Feldfrüchte des Südens, wie Getreide, Gemüse oder Salat, sind in der Nordmark ein rares und teures Luxusgut geworden, für das es sich lohnt, auf den kleinen Feldern auf dem Hügel hinter der Stadt ein wenig den Rücken krumm zu machen. Brot wird fast immer aus dem teuren, auf dem Jolborn aufwendig importierten Getreide des Südens gebacken und nur zu besonderen Gelegenheiten gegessen. Im Alltag stehen Fleisch und Fisch auf der Speisekarte.

In der oberen Nordmark wäre dafür das kalte Klima verantwortlich, das auf den gerodeten Flächen nur Weidewirtschaft zulässt. In der Unteren Nordmark liegt es dagegen am Boden, der nur an wenigen Stellen fruchtbar ist. Zwischen den Häusern oder auf weniger günstig gelegenen Flächen werden auch Hühner, Kühe und ein paar Schafe und Ziegen gehalten. Eier, Milch und Käse sind beliebt in Härtwigs Hafen. Doch ist letztlich alles nur eine kleine, zierende Beilage für Fleisch und Fisch.

In Härtwigs Hafen ist, wie fast überall im Norden, niemand einheimisch. Die ersten Siedler kamen aus der oberen Nordmark, verstärkt durch einige wenige Angehörige des zur Eroberung der Herzogenburg aufgestellten Heerbanns, die unter bestimmten Voraussetzungen als Anerkennung für ihre Treue die Nordmarker Bürgerrechte erhalten konnten. Im starken Zuzug, den die schnell wachsende Stadt schon kurze Zeit später erlebte, machten Siedler aus fast allen anderen Teilen Heligonias, auch aus dem fernen Norden, den größten Teil aus. Meist kamen sie als Bauarbeiter oder Bedienstete, die beim Bau von Härtwigs Hafen dringend gebraucht wurden. In den ersten Jahren konnten sie sich leicht um die Bürgerrechte bewerben, mittlerweile aber werden die Bedingungen schwieriger.

Wie in der oberen Nordmark gibt es bürgerliche Rechte, Pflichten und Freiheiten, die anderenorts unbekannt sind. Allerdings ist die Untere Nordmark durch die herzöglichen Marineangehörigen am Marinestützpunkt Härtwigs Hafen und in der Herzogenburg viel stärker kontrolliert und aufgrund der strategischen und politischen Lage gehalten, sich kompromissbereiter zu geben.

Stadtgliederung

Härtwigs Hafen gliedert sich in das Untere Geviert, das Obere Geviert, das Festungsviertel und die Werft mit dem gegenüberliegenden Gerberufer. Vom Wasser aus finden sich am nördlichen Ufer der Militärhafen und im Anschluss das Gerberufer, am südlichen Ufer der Reisekai, der Handelshafen, der Fischerhafen und weiter flussaufwärts die Werft. Oberhalb beginnt unmittelbar die Wildnis, wo das scharfblättrige Röhricht der Klingenfelder wuchert und der Paltram nur noch mit Flachbodenbooten zu befahren ist. In erreichbarer Nähe liegen die Steinbrüche, die Lehmgruben, diverse Holzfällerlager und Köhlereien sowie schließlich Haukegericht. Oberhalb von Haukegericht ist der Paltram nicht schiffbar.

Unteres Geviert

Hier, im ältesten Viertel der Stadt, wo einst die ersten Fischer, Bauern, Jäger und Handwerker ihr Glück versuchten, schlägt das Herz des umtriebigen Hafenstädchens. Nur ein Teil des heutigen Publikums ist einheimisch - Marineangehörige, Handelsreisende, Salz-, Fell- und Lederlieferanten sowie Besucher aus der Oberen Nordmark prägen das Bild.

Wer, wie ein Großteil der Gäste, an Bord eines Schiffes eintrifft, wird dies im Reise- und Handelshafen tun, gleich am ersten Kai auf der Südseite des Hafens, wo die Sackpfeife, das Handelskontor und das Lagerhaus das Bild prägen. Dieser Teil des Hafenkais, der heute unmittelbar an der Schildmauer zum Jolborn hin beginnt und deutlich an seiner helleren Farbe zu erkennen ist, war in den ersten Jahren der einzige Hafen der Stadt. Der Fischerhafen dahinter war erst nach ein paar Jahren dazugekommen und der Marinehafen gegenüber sogar erst etwa 15 Jahre später. Heute ist der Reise- und Handelshafen, im Gegensatz zum Marinehafen, mit einem Außenpier abgeschlossen, so dass mehr Anliegeplätze zur Verfügung stehen. Ankommende Schiffe müssen dadurch erst ein kleines Stück gegen die Strömung des Paltram hineinfahren und dann in einem komplizierten Manöver in den inneren Hafen einlaufen. Der Marinehafen gegenüber hat keinen Pier, so dass die Schiffe bei einem Angriff schnell den Hafen verlassen und auf dem Jolborn zur Verfügung stehen können.

Es gibt zwischen dem Kai und der unteren Häuserzeile einen breiten, gepflasterten Platz, der auch als Markt und für Versammlungen genutzt wird. Er zieht sich ein gutes Stück nach Osten bis zum Fischerhafen. Am Ende der Häuserzeile steht die kleine Ambrosia-Kapelle, deren Bauform der im Vjoshavner Stil errichteten Kirche in Yaldering stark nachempfunden ist. Bei der Kapelle schließt die sehenswerte Brunnenstraße den vorderen Teil des Unteren Viertels ab. Im etwas einfacher gehaltenen Fischerhafen wird nicht nur täglich der Fang der Jolbornfischer eingebracht, hier werden Fisch und Wild aus dem Landesinneren auch gesalzen und haltbar gemacht, so dass sie verkauft werden können.

Die breite, mit einem Frischwasserkanal ausgestattete Brunnenstraße schließlich führt entlang einiger weniger Geschäfte und repräsentativer Gebäude in zwei langen Kurven hinauf in das Obere Geviert.

Viele der ersten Hütten im Unteren Geviert mussten größeren und städtischeren Gebäuden weichen, auch die Befestigungsanlagen nehmen viel Platz ein. Das untere Geviert ist schnell gewachsen, und die Behausungen wurden immer größer und aufwändiger. Flussaufwärts, auf halbem Weg zur Herzogenburg, war man in Ufernähe auf Basalt gestoßen, ein in Heligonia seltenes Gestein vulkanischen Ursprungs, das hart und schwer zu bearbeiten, aber auch sehr beständig ist. Viele Gebäude und auch alle Befestigungsanlagen wurden aus dem unverwüstlichen Gestein erbaut, das heute insbesondere zu Regenzeiten, wenn das Gestein noch schwärzer wirkt, den sehr düsteren Eindruck von Härtwigs Hafen prägt.

Im Hafen zwischen dem unteren Geviert und der Festung verkehrt von frühmorgens bis in die späten Abendstunden hinein auf Zuruf eine Fähre, die von jeweils drei Seekadetten pro Boot betrieben wird. Die Überfahrt kostet bei leerem Boot drei Kreuzer pro Fahrgast und nur zwei Kreuzer, wenn es mindestens zwei Passagiere gibt. Wer einen Kreuzer zusätzlich bezahlt, erhält zur Unterhaltung ein winziges Gläschen Sumpfkräuterschnaps. Der Fährdienst ist durchaus beliebt bei den Seekadetten.

Oberes Geviert

Der Bergfried im oberen Geviert ist das älteste steinerne Bauwerk in Härtwigs Hafen, er wurde auf einer etwa einhundert Fuß hohen Kuppe erbaut, die den flachen Hügel, der sich bis zum Jolborn zieht, abschließt. Obwohl sich der Hügel nicht weit über das Röhricht erhebt, steht er für viele Meilen sichtbar aus den Ufersümpfen heraus und reicht knapp über die Uferlinie hinaus bis zum Jolborn, der in Härtwigs Hafen etwa drei bis fünf Meilen breit ist. Wegen der guten Aussicht und weil der Hügel sich aus dem Röhricht erhebt, ist das Obere Geviert seit jeher der Sitz der Mauerwachen und der Fahnengänger (die für die Informationsweitergabe über Distanz mit Meldefahnen eingesetzt werden). Der Bergfried ist nach dem Vorbild des Jolberger Zollturms erbaut worden. Bei klarem Wetter überblickt man aus den oberen Stockwerken einen über hundert Meilen langen Abschnitt des Jolborn und einen entsprechend langen Küstenabschnitt am gegenüberliegenden Ufer. Auch der Paltram, die Herzogenburg, der Feuerberg, das Ödland- und das Dunkelsteinmassiv sind gut zu erkennen. Das Ödland selbst entzieht sich der Beobachtung, es liegt stets im Dunst verborgen.

Vom Bergfried ausgehend ist das Obere Viertel immer weiter die Hügelkette entlang gewachsen. Haldo Kellbrechts Bauernhof, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bergfried, gibt es immer noch, allerdings hat Haldo den Hof erweitert und schöner gebaut als seine erste Hütte, die mittlerweile sein privates Gästehaus ist. Er bewirtschaftet die Hänge im Süden, wo er Kartoffeln und Gran anbaut (eine Getreidesorte, die anspruchslos aber sehr robust ist, jedoch nur mäßige Erträge bringt) sowie Hühner und Kühe hält. Bis heute ist sein Hof der Größte und wohlhabenste in Härtwigs Hafen.

Gegenüber von Haldos Hof, ebenfalls auf der Kuppe des Abschlusshügels, steht der Neubau der "Kirche des Engels über dem Berg", eine Stiftung der Bürger von Arnstein und der Schwesternschaft der Hilariusitinnen vom Heiligen Ruf in Arnstein. Zusammen rahmen die drei Gebäude einen langgezogenen, dreieckigen gepflasterten Platz mit einer kleinen Linde in der Mitte ein, den Lireksplatz. Er soll an den heldenhaften Tod des Entdeckers Lirek Hufenschmid erinnern. Lirek starb bei der Expedition, die zur Entdeckung der unteren Nordmark führte.

Hinter der Kirche finden sich nacheinander die Schule, das Hospitium, die Klausur, das Refektorium und der Pfleghof des kleinen Konvents der Hilariusitinnen vom Heiligen Ruf in Arnstein. Auch die Hilariusitinnen halten ein paar Hühner, ihr Hauptinteresse gilt aber dem Garten- und Gemüsebau, den ihre Laienschwestern mit großem Erfolg betreiben, was man von Arnacherinnen auch nicht anders erwarten kann. Wie in ihrem Mutterhaus in Arnstein machen sie sich sehr an der Kirchenmusik verdient, und auch in Härtwigs Hafen können sich Mädchen, für die niemand sorgt, für die Aufnahme in Rustalfs Kinderheim entscheiden. Sie werden im Hospitium aufgenommen und haben einmal im Jahr die Gelegenheit, die Reise nach Arnach anzutreten.

Unterhalb des Pfleghofs beginnt die Brunnenstraße, die nach Arnacher Vorbild in zwei langgezogenen Kurven hinunter zum Hafen führt und in der Mitte einen leicht erhöhten Frischwasserkanal führt, eine echte wasserbauingenieurstechnische Errungenschaft. Das erste Haus der Straße ist der imposante Hof der über die Stadt hinaus bekannten und geschätzen Bürgerin Tante Märtha. Gemüse ist Prestige, und vermutlich hat sie deswegen einen ansehnlichen Kräuter- und Gemüsegarten, den sie aber nie selbst pflegt, weil sie jeden Tag Besuch hat, von Bürgern der Stadt und Auswärtigen. Außer ein paar Hühnern betreibt sie weiter keine Landwirtschaft mehr, dafür ist sie zu alt und zu beschäftigt, sagt sie. Schon immer.

Festungsviertel

Vom Kai des gegenüberliegenden Unteren Gevierts sieht "die Festung", wie man den Marinestützpunkt für gewöhnlich nennt, recht offen aus. Zwar wirken die Gebäude wuchtig und der gegenüberliegende Platz erhöht und man wird das Gefühl nicht los, zur Marine aufblicken zu müssen. Irgendjemand scheint auch immer am Patrouillieren oder Exerzieren zu sein, aber letztlich ist die ganze Stadt eine Festung und im Fall eines größeren Angriffs werden die Marineangehörigen ihren Stützpunkt ohnehin nur zusammen mit den Bürgern der Nordmark oder gar nicht verteidigen können. Die sehr schmale nutzbare Fläche am Jolborn lässt eine wirkliche Trennung nicht zu, und die Bürger der Nordmark würden es auch nicht tun. Sie bestehen darauf, Zutritt zu allen Bereichen zu haben, die auch den Mannschaften der Seesoldaten zugänglich sind.

Großen Wert legte die Ostarische Marine darauf, den direktesten Zugang zum Jolborn zu haben. Der Marinehafen liegt nahe an der Strömungsrinne des Paltram, so dass auslaufende Schiffe im Fall eines Angriffs schnell den Hafen verlassen können. Die Anlage ist großzügig geplant, so dass sie auch für größere Verbände problemlos Platz bieten kann.

Zwischen Kai und den Gebäuden der Festung wurde ein großer Exerzierplatz belassen, der etwa 600 Fuß lang und im Westen über 100 Fuß breit ist. Die Gebäude drängen sich im hinteren Teil zwischen dem Platz und der Stadtmauer. Die Meisten sind so angelegt, dass sie notfalls auch einzeln verteidigt werden können, außerdem gibt es eine Reihe von Kellern und Tunneln, die die wichtigsten Orte des Marinestützpunkts miteinander verbinden. Im Westen wacht ein massives, "Burg" genanntes Gebäude über den Platz und die Hafeneinfahrt, es beherbergt das Zeughaus, die Soldkasse und die Amtsstube der wachhabenden Offiziere. Ungefähr der Mitte erhebt sich das repräsentative Gebäude der Kommandantur, von der aus man einen schönen Blick über den Exerzierplatz, alle Häfen und die beiden gegenüberliegenden Stadtteile

Der freie ehrbare Stand der Arnacher Ingenieure besitzt ein eigenes Gebäude im östlichen Festungsviertel. Seit viele der anfänglich verfügten Baumaßnahmen abgeschlossen sind, ist es dort etwas ruhiger geworden, aber trotzdem wohnen und arbeiten immer noch um die 30 Ingenieure ständig in Härtwigs Hafen, mit nicht immer ganz transparenten Aufgaben. Marineingenieure sind gerne gesehene Gäste und erhalten Kost und Logie sowie die Gelegenheit zum in Ingenieurskreisen stets bedeutsamen fachlichen Austausch sowie zur Dokumentation ihrer Experimente und Erkenntnisse. Es wird von offizieller Seite weder geleugnet, dass die Ingenieure in Härtwigs Hafen den Vollzugriff auf eine in der Stadt liegende Abschrift des "Mechanischen Schwans" haben, noch dass ein weiterer Band in Arbeit ist.

Im Hafen zwischen dem unteren Geviert und der Festung verkehrt von frühmorgens bis in die späten Abendstunden hinein auf Zuruf eine Fähre, die von jeweils drei Seekadetten pro Boot betrieben wird. Die Überfahrt kostet bei leerem Boot drei Kreuzer pro Fahrgast und nur zwei Kreuzer, wenn es mindestens zwei Passagiere gibt. Wer einen Kreuzer zusätzlich bezahlt, erhält zur Unterhaltung ein winziges Gläschen Sumpfkräuterschnaps. Der Fährdienst ist durchaus beliebt bei den Seekadetten.

Werft und Gerberufer

Am südlichen Ufer schließt sich flussaufwärts an den Fischerhafen des Untere Gevierts die Werft an. Das großzügig angelegte Gelände, das früher einmal eine einfache Bootsbaustelle war, schließt mittlerweile das Werftufer, einen großen Abbundplatz, Werk- und Wohnhütten, hangaufwärts das "Maschinenhaus" (eine Wassermühle mit angeschlossener Säge, Hammerwerk, Schleifsteinen und anderen Werkzeugen) sowie ein einfallsreich angelegtes Aufwaschdock ein, der ganze Stolz der Arnacher Schiffsbauingenieure. Auch größte Schiffe können hier nach neuesten Plänen gefertigt werden. Um die Werft herum haben sich auch andere Gewerke angesiedelt, so dass ein kleines Handwerksviertel entstanden ist.

Auf der gegenüberliegenden Seite am Nordufer, jenseits der Mauern des Festungsviertels, haben die Gerber ihr geruchsintensives Handwerk angesiedelt, um Leder und die kostbaren Pelze aus der oberen Nordmark für den Verkauf aufzubereiten. Insbesondere das nur in der Nordmark zu beschaffende Elchsleder erzielt bis heute Höchstpreise. Das ursprünglich näher am Jolborn gelegene Areal wurde flussaufwärts verlegt, um Platz für das Festungsviertel zu schaffen, so dass auch die Gerber etwas zusammenrücken mussten, zumal sie sich ihr Ufer mit zwei Reepschlägern teilen müssen, die hinter den Gerbern an der Mauer ihre Seilerbahnen angelegt haben, die erst mit 600 Fuß Länge ostarischen Standard erreichen.

Die Handwerker betreiben eine eigene Fähre, die deutlich weniger kostet als die Verbindung zwischen Unterem Geviert und Festung. Manche Bürger nehmen gerne den kleinen Umweg in Kauf.

Recht und Ordnung

Wache in einer Stadt zu sein, die ausschließlich von wehrhaften und waffenpflichtigen Bürgern bewohnt wird, ist kein leichtes Geschäft. Daher ist man schon früh auf den Gedanken gekommen, als Stadtwachen erfahrene, kampferprobte Veteranen aus den Teemoranien- und Ödlandkriegen heranzuziehen, die gleichzeitig auch die in der Nordmark obligatorischen wehrkundlichen Übungen durchzuführen verstehen, was sie vielerlei Hinsicht überlegen auftreten lässt. Sie werden großzügiger bezahlt als anderswo, sind allesamt Offiziere und in der Stadtwache zwischen der Kaufhalle und der Ambrosia-Kapelle zu finden.

Kleinere Verfehlungen reguliert die Stadtwache an Ort und Stelle, schwerwiegende Verstöße bringen die Übergabe an den Meierhof mit sich, wo die drei einzigen wirklichen Beamtenpersönlichkeiten von gehobenem Ostarischem Schlag ihre wichtigen und stets dringenden Amtsgeschäfte ausüben:

Stadtmeier Ortus Bramsewitz, der bei schweren Verstößen oder Verbrechen aufgrund der isolierten Lage der Stadt mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet ist, zudem die vierzigköpfige Stadtwache und die Besatzung des Bergfrieds befehligt und darüber hinaus die wehrkundlichen Übungen zu verantworten hat.

Richterin Gilrindis Hartheu, zuständig für Verkehr, Handel, Marktrecht, Handwerk einschließlich Gilden, Bau- und Eigentumsrecht sowie für Streitigkeiten der Bürger untereinander. Gilrindis stehen vier Büttel (obacht, nur sie werden tatsächlich auch so genannt) sowie ein zweiköpfiges Sekretariat zur Seite, das aber regelmäßig vom Stadtmeier und dem Sendwalter mitbenutzt wird.

Sendwalter Honoriel Remmelquist, der als Vertreter der Nordmark eintritt und zudem für die Angelegenheiten aller Unfreien zuständig ist, seien es Leibeigene aus anderen Baronien oder Anwärter auf das Bürgerrecht der Nordmark. Er befehligt auch die Besatzung des Bergfrieds, um den es seit dem Bau des Marinestützpunkts zwar etwas still geworden sein mag - gleichwohl ist er noch immer mit einer Restbesetzung von zwölf Mauerwachen, fünf Fahnengängern und drei Türmern besetzt, die Tag und Nacht Feinde am Horizont und Feuer in der Stadt zu entdecken versuchen. Um die Mauerwachen auch in Friedenszeiten zumindest ein klein wenig im Sinne der Ostarischen Bürokratie zum Wohle der Stadt einsetzen zu können, haben sie widerwillig Fortbildungen mit Praxisübungen in den Bereichen Brandschutz und Brandbekämpfung, Berichtswesen und Stadtschreiberei, Vorbeugung von Ordnungswidrigkeiten, leitfadengestützte Ratten- und Unkrautbekämpfung in Theorie und Praxis, Bürokratieberatung und behördliche Rechnungslegung, kleiner Übungsanleiterschein für die tägliche Hygiene des Herzöglich-Ostarischen Seesoldaten im Felde, Praxisfragen des Erzabbaus (auch als "das große Los" bekannt, denn Erz ist in den Sümpfen nicht zu finden), Dokumentationsstandards der Liegenschafts- und Nachlassverwaltung, allgemeine Pädagogik des Obstbaumschnitts, Prüfkriterien des HOAfS & Sa, angewandte Meinungsforschung und Informationserzeugung, kleine Organisationskunde der Kolonialstandortsverwaltung, neue Methoden der Wasserstandsmessung und Wetterbeobachtung, Wegweiser der ogedischen Gottheiten und Schutzpatrone, standardisierte Förderung des Fischereiwesens (Fachschaft Jolborn und Jolbornnebenflüsse) über sich ergehen lassen müssen.

Sicherheit und Wehrstatus

Für den Fall, dass Härtwigs Hafen angegriffen wird, haben sich - wie überall in der Nordmark - alle Bürgerinnen und Bürger auf ihre Posten zu begeben. Die meisten sind auf und an den Mauern eingeteilt, aber auch an zahlreichen anderen Stellen der Stadt. Das Festungsviertel wird von der Marine besetzt, die Schildmauer und der rückwärtige Stadtausgang gemeinsam, die Südmauer ausschließlich von dern Bürgern der Nordmark. Erfolgt der Angriff über das Wasser, haben die befehlshabenden Offiziere der Marine das Kommando, erfolgt er aus dem Hinterland, kann es sich nur um einen Angriff der Ödlandbarbaren handeln und das Kommando werden Stadtmeier, Sendwalter und Richterin übernehmen.

Schiffsbestand

In Härtwigs Hafen sind, geordnet nach dem Zeitpunkt des Erwerbs, die folgenden Schiffe stationiert:

Nordschwalbe (Geschenk der Herzöglich-Ostarischen Marine 29 n.A.III)
Profil: Schnelles Post- und Kurierschiff

Einsatz: Segelschiff, für den Betrieb auf dem Jolborn konzipiert, auf dem Paltram ungeeignet, hochseetauglich.

Ruglaf (erworben 37 n.A.III aus Ankur)
Profil: Ehemals Svanhild von Arnach, Flaggschiff des Marinestützpunkts bis 48 n.A.III, Herzog-Uriel-Klasse.

Einsatz: Segelschiff, auf dem Paltram ungeeignet, hochseetauglich.

Bertrand und Elaine (erworben 37 n.A.III aus Ankur)
Profil: Ruderkampfschiffe, eines im Dienst, eines als Schul- und Trainingsschiff abgestellt.

Einsatz: Ruderkampfschiffe, werden auf Paltram bis Haukegericht und Jolborn in Hafennähe eingesetzt, seltener auch als Eskorte.

Hauke, Pippin und Ragnar (Geschenk der Stadtbevölkerung 37 n.A.III)
Bewaffnete Fischereifahrzeuge, deren Äußeres anlassbezogen schnell angepasst werden kann.

Einsatz: Segelschiffe für den Einsatz auf dem Jolborn, auf dem Paltram ungeeignet, nicht hochseetauglich.

Yngli und Nella (erworben 38 n.A.III aus Veitsburg)
Profil: Ruderkampfschiffe, eines im Dienst, eines als Schul- und Trainingsschiff abgestellt.

Einsatz: Ruderkampfschiffe, werden auf Paltram bis Haukegericht und Jolborn in Hafennähe eingesetzt, seltener auch als Eskorte.

Maurice von Arnach (fertiggestellt 38 n.A.III)
Profil: Experimentierschiff der Arnacher Schiffsingenieure, arnachischer Prototyp der Flachbodenbauweise.

Einsatz: Segel und Ruder, seltener stakenbetrieben. Kann bei Hochwasser auf dem Paltram bis Haukegericht betrieben werden, bei Niedrigwasser bis zum Steinbruch. Betrieb auf dem Jolborn nur in Hafennähe, nicht hochseetauglich.

Der Steinekalveram (fertiggestellt 39 n.A.III)
Profil: schwerer Flusskahn in Flachbodenbauweise zum Transport von Bruchsteinen oder Holz.

Einsatz: Verkehrt aussschließlich stakenbetrieben auf dem Paltram zwischen Steinbruch und Härtwigs Hafen, mit Teilladung auch nach Haukegericht. Nicht Jolborntauglich, nicht hochseetauglich.

Der Baumflavius (fertiggestellt 39 n.A.III)
Profil: Schwerer Flusskahn in Flachbodenbauweise. Zum Transport von Holz, schweren Gütern, Ausrüstung oder (begrenzt) Bruchsteinen konzipiert. Etwas leichter und schneller als der Steinekalveram.

Einsatz: Verkehrt ausschließlich stakenbetrieben auf dem Paltram, ist etwas leichter und schneller als der Steinekalveram, kann auch Flöße ziehen oder Personen transportieren. Nicht Jolborntauglich, nicht hochseetauglich.

Fredricaja von Rankenwies (fertiggestellt 41 n.A.III)
Profil: Leichtes und schnelles Fracht- und Kurierschiff in Flachbodenbauweise zum Verkehr zwischen Härtwigs Hafen und Haukegericht.

Einsatz: Segel, Ruder und Staken, verkehrt hauptsächlich auf dem Paltram, hafennah auch auf dem Jolborn. Nicht hochseetauglich.

Wachfloss (werden seit 43 n.A.III laufend nach Bedarf gebaut)
Profil: etwa 30 X 20 Fuß große, in wenigen Stunden hergestellte, koppelbare Flöße mit Anker, regulär mit 3 Zweier- und einem Dreierkanu (die Kanus können mit rückwärtigem Pfeilschutz zur sicheren Flucht betrieben werden), optional mit Kontrollhäuschen zur Abfertigung fremder Schiffe auf dem Jolborn, Palisade, Feldgeschütz und rasch wirkender Selbstverbrennungsanlage.

Einsatz: Nur in Hafennähe, kann mit Staken betrieben oder geschleppt werden oder treiben. Nicht für den Paltram geeignet. Nicht hochseetauglich.

Heliodora von Oggnitz (erworben 43 n.A.III aus Betis)
Profil: Ehemalige Darborkogge, mit moderater Bewaffnung aufgerüstet und für den Flussbetrieb auf dem Jolborn umgebaut. Kann von Begleitbooten geschleppt werden. Wird von Härtwig und Kommandantkapitän Erkenbold Starkarm hauptsächlich für den Handel mit gewinnbringenden oder kriegswichtigen Gütern sowie zum Transport von Truppen oder Ausrüstung genutzt.

Einsatz: Kleiner Vormast (Schratsegel), Großmast (Rahsegel), kleiner Besanmast (Gaffelsegel). Für den Betrieb auf dem Jolborn ertüchtigt. Wird meist von zwei Eskortschiffen begleitet, die die Heliodora auch schleppen können. Nicht für den Paltram geeignet. Hochseetauglich.

Limria und Rubriëch (fertiggestellt 44 n.A.III)
Profil: Schwer bewaffnete Eskortschiffe der Heliodora von Oggnitz

Einsatz: Segel und Ruder, nicht für den Paltram geeignet. Erste hochseetaugliche Schiffe aus Härtwigs Hafen.

Rodevergk (fertiggestellt 45 n.A.III) Profil: Baugleiches Schwesterschiff der Svanhild von Arnach. Herzog-Uriel-Klasse. Erste Auftragsarbeit (Bestellung aus Leiana, nach Fertigstellung Übergabe an den Marinestützpunkt).

Einsatz: Segelschiff, auf dem Paltram ungeeignet, hochseetauglich.

Svanhild von Arnach (fertiggestellt 48 n.A.III zum 20jährigen Jubiläum der Stadt) Profil: Prototyp der neuen Schiffsklasse, in Auftrag gegeben von Richard von Arnach, der nicht wollte, dass ein mit der ersten Svanhild von Arnach baugleiches Schiff mit dem Namen "Rodevergk" betrieben wird und unverzüglich erbost bei allen erdenklichen Stellen insistierte, so dass stattdessen ein neues, modernes Kriegsschiff den Namen seiner Vorfahrin tragen wird.

Einsatz: Segelschiff, auf dem Paltram ungeeignet, hochseetauglich.